Vorgehen gegen baskischen Zeitungsdirektor

Ralf Streck 13.07.2006 09:32 Themen: Medien Repression Weltweit
Erneut ist die spanische Justiz gegen einen baskischen Zeitungsdirektor vorgegangen. Doch der am Dienstag im Seebad Donostia-San Sebastián verhaftete Pablo Muñoz passt so gar nicht ins typische Anschuldigungsbild passt. Erneut lautet die Anschuldigung, Muñoz habe die baskische Untergrundorganisation ETA unterstützt. Er soll zu dem Netz gehören, welche für die ETA die Revolutionssteuer eintreibt. Neben dem Journalisten der neuen Zeitungen Diario de Noticias de Navarra und Noticias de Guipúzcoa, die politisch eher zu den regierenden spanischen Sozialisten (PSOE) tendieren, traf es in der Hafenstadt Zumaia auch Jesús Iruretagoiena. Der Ex-Gefangene und Ex-Exilant entspricht mehr dem typischen Anschuldigungsbild. Der 66jährige, der in Asturien geboren wurde, ist allerdings gestern ohne Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt worden und hat lediglich Meldeauflagen erhalten.
Beiden wirft Ermittlungsrichter Baltasar Garzón vor, die "Revolutionssteuer" der ETA eingetrieben zu haben. Die Vorwürfe sollen auf den kürzlich verhafteten Journalisten Jean Pierre Harocarene zurückgehen. Der soll Muñoz angeblich mit Zahlungen eines Unternehmers an die ETA in Verbindung gebracht haben. Die Aussagen habe er in der berüchtigten Kontaktsperre gemacht. Über das Anti-Terror Gesetz verhaftet, befand er sich tagelang an einem unbekannten Ort, ohne Kontakt zur Familie und seines Anwalts. Oft wird danach Folter angezeigt und sogar die UNO fordert die Abschaffung der Kontaktsperre von Spanien.

Muñoz hatte nach Bekannt werden der Anschuldigungen letzte Woche erklärt: "Ich habe niemals an der Vermittlung einer Erpressung teilgenommen". Er hält es für "unmoralisch und nicht zu rechtfertigen, an eine terroristische Organisation Geld zu zahlen, ihr dabei zu helfen oder derlei Zahlungen zu decken". Den Unternehmer kenne er nicht. Die Journalisten der Zeitungen haben sich hinter ihren Chef gestellt und das das Vorgehen in einer Erklärung als "Angriff auf den Rechtsstaat" bezeichnet. Muñoz habe stets die "freie Presse", sowie alle "Freiheiten und Menschenrechte" verteidigt.

Die Direktoren der wichtigesten baskischen Kommunikationsmedien haben eine gemeinsame Erklärung verfasst und die Verhaftung verurteilt, die sofortige Freiheit von Muñoz und den Stopp der Angriffe auf baskische Medien gefordert.

Garzón setzt nach seiner kürzlichen Rückkehr an den Nationalen Gerichtshof damit das Verfahren seines Vertreters fort. Der hatte alles versucht, um den Friedensprozess zu torpedieren. Zuletzt hatte Fernando Grande - Marlaska vor seinem Abtreten 18 Menschen verhaftet und einen Führer der großen Baskisch-Nationalistischen Partei (PNV) angeschuldigt, in das "Netz der Erpressung" verstrickt zu sein. Sechs von ihnen sind längst wieder auf freiem Fuß.

Zu erinnern bleibt, dass der Richter des Sondergerichts schon vor acht Jahren die Zeitung Egin "vorläufig" schloss, deren Chefredakteur Muñoz einst war. Bisher konnte kein Gericht die behaupteten Verbindungen zur ETA feststellen. Das gilt auch für die Zeitung Egunkaria, vor drei Jahren "vorläufig" geschlossen. Deren Journalisten hatten zum Teil Folter angezeigt. Vor den laufenden Friedensgesprächen der spanischen Regierung mit der ETA und der 2003 verbotenen Partei Batasuna (Einheit), um den seit Jahrzehnten schwelenden bewaffneten Konflikt definitiv beizulegen, wiegt das Vorgehen besonders schwer.

Überblick Baskenlandartikel:
http://de.indymedia.org/2005/06/119234.shtml


© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 13.07.2006
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Revolutionssteuer — zizou

@ zizou — ...

Soweit — Paul