Berlin - Antira-PiratInnen in Aktion

freya fluten 10.07.2006 23:59 Themen: Antirassismus
Bericht zu der Kurzdemonstration und Kundgebung der antirassistischen PiratInnen in Berlin gegen das Chipkartensystem, die Betreiberfirma Sodexho und die Ladenkette EXTRA.
Der Berliner Bezirk Spandau zahlt nach wie vor Flüchtlingen ihre Hilfe zum Lebensunterhalt in Form von Chipkarten der Firma SODEXHO aus. Für die Flüchtlinge hat das viele Nachteile, so können sie in ganz Berlin nur in z.Z. 16 Läden einkaufen gehen. Mehrere davon gehören der MINIMAL-Kette an, andere zu EXTRA, so auch der EXTRA in der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg. Das heißt also, das diese Läden von der rassistischen Diskriminierung von Flüchtlingen profitieren – wenn keine Läden mehr die SODEXHO-Karten akzeptieren, so kann Spandau an dieser rassistischen Maßnahme nicht mehr festhalten.

Die Zahl der Läden, die Karten akzeptieren, hat sich in den letzten Jahren von etwa 80 auf, wie gesagt, 16 reduziert. Und diese paar Läden ziehen den Unmut der antirassistischen PiratInnen auf sich und werden jetzt verstärkt besucht!

Klar zum entern!

Den Auftakt machte der EXTRA in der Schönhauser Allee. Am 08. Juli trafen sich etwa 70 PiratInnen am Rosa-Luxemburg-Platz, zum Teil in original PiratInnenklamotten mit Augenklappe, Enterhaken und Papagei auf der Schulter, ja, selbst ein antirassistischer Hai wurde gesichtet. Die Viktualienbrüder und –schwestern versammelten sich um ihre beiden Schiffe, die MINI und die EX, sowie den Lauti, und zogen in einer kurzen aber lauten Demo bis vor den EXTRA. Doch leider, leider hatte die Gegenseite wohl unsere furchterregenden schwarzen Flaggen gesehen und Verstärkung gerufen: Die Flotte des Innensenators in den bekannt hässlichen, grün-eierschalfarbenen war zahlreich zugegen. Sie umlagerten den Supermarkt und ließen uns nicht entern. Das hieß aber auch, dass der Extra etwa eine Stunde nahezu kompletten Verdienstausfall hatte, den die offenbar unterbeschäftigten PolizistInnen machten eine Art Gesichtskontrolle und ließen niemanden, der/die auch nur annähernd so aussah, als hätte er/sie etwas mit uns zu tun, in den EXTRA – so erlebten auch zahlreiche NormalbürgerInnen mal, wie das ist, wenn man nicht da einkaufen gehen darf, wo man will, und das ist als Anschauungsunterricht bei einer antirassistischen Aktion doch gar nicht schlecht. So kam es auch zu vielen Gesprächen mit interessierten PassantInnen, wohl auch wegen unseres freibeuterischen Aussehens.

Und zwei besonders interessierte Zuhörer fanden wir: Anwesend waren auch der Berlin-Chef der EXTRA-Kette – dieser hatte auch die merkwürdige Öffnungspolitik zu verantworten – und sein Pressesprecher. Beide behaupteten, sie hätten noch nie etwas von dem Problem rassistischer Diskriminierung durch Chipkarten gehört und zeigten sich überrascht, aber unseren Argumenten zugänglich. Dazu ist zu sagen, dass die Initiative gegen das Chipkartensystem in den letzen Jahren schon etwa fünfmal antirassistische Einkäufe in besagtem EXTRA durchgeführt hat, teilweise mit mehreren hundert TeilnehmerInnen, dass mehrfach Briefe sowohl an die Filiale als auch an den Konzern geschrieben wurden, und dass schließlich gerade in den letzten Wochen auch mehrfach angerufen wurde. Insofern ist das Nichtwissen dieser beiden Herren nicht sehr glaubwürdig. Aber der Berlin-Chef meinte, er wolle „das Problem jetzt lösen“; was ja sehr schön klingt, und der Pressesprecher bat um weitere Informationen, die wir ihm natürlich zukommen lassen werden.

Wir ziehen also ein gemischtes Fazit dieses kleinen Segeltörns: Es war natürlich skandalös, dass wir wegen unserer Augenklappen diskriminiert wurden und nicht in den Laden durften; vor allem schade auch für die TeilzeitpiratInnen, die sich uns angeschlossen hatten. Aber falls beim nächsten Mal wieder mehr Leute dabei sind, können wir vielleicht noch etwas piratiger auftreten und dann wird’s auch noch lustiger.
Auf der anderen Seite: wenn ein paar Totenköpfe und Pappsäbel tatsächlich den EXTRA zum Ausstieg aus diesem diskriminierenden System bewegt haben sollten – da haben wir doch noch einiges mehr drauf! Und dann wären es jetzt nur noch 15 Läden!

Also, achtet auf Ankündigungen, wann und wo die antirassistischen PiratInnen das nächster Mal zuschlagen und seit dabei, wenn es wieder heißt:

Rassismus bekämpfen!
Spandau und SODEXHO versenken!
Klar zum Entern!
Ahoi!
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nur so — lokalanästhesie

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Piraten! *Harrr* — Blackbeard