Interview zur Nazidemo in Mannheim

DeltaPress 05.07.2006 00:55 Themen: Antifa
"Nazis sind kritikresistent, die lernen einfach nichts."

Interview von Delta Press für indymedia mit einer Aktivistin des AK Antifa Mannheim zum geplanten Naziaufmarsch am 15. Juli in Mannheim, Gegenaktionen und der landesweiten Demo gegen Repression in Stuttgart.
DeltaPress: Am 15.Juli haben Nazis aus dem Umfeld des Aktionsbüro Rhein-Neckar eine Demonstration in der Mannheimer Neckarstadt angemeldet. Kannst du kurz etwas dazu sagen?

Die Demo wurde von Rene Rodriguez Teufer aus Viernheim angemeldet, neben Matthias Hermann und Christian Hehl, einem der zentralen Führungskader des AB Rhein-Neckar. Das AB Rhein-Neckar ist ein Bündis der lokalen Nazikameradschaften in der Rhein-Neckar Region. Federführend sind dabei die Kameradschaft Bergstrasse, die Kameradschaft Kurpfalz, sowie die NPD Strukturen um Christian Hehl. Das AB kann auf einen festen Kern von ca. 70 AktivistInnen in der Region bauen. Bekannt geworden ist das AB vor allem durch den Hack ihres internen Forums. Internetaktivisten hatten das Forum in Winter 2005 gehackt. Dadurch wurden die Strukturen der lokalen Naziszene der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die Demoroute der Nazis verläuft durch die Neckarstadt zwischen Neuem und Alten Messplatz Am Jugendzentrum ist eine Zwischenkundgebung geplant. Zur Zeit prüft die Stadt, inwieweit die Demo überhaupt genehmigungsfähig ist oder sogar ganz verboten wird. Am selben Tag ist neben der Arena of Pop, zu der zwischen 50.000 und 100.000 Menschen erwartet werden, noch das interkulturelle Fest in der Neckarstadt West mit einer antirassistischen Demonstration. Dieses Fest findet am alten Messplatz statt, wo die Nazis eine ihrer Zwischenkundgebungen abhalten wollen.

DeltaPress: Warum wollen die Nazis an diesem Tag in der Neckarstadt aufmarschieren?

Dafür gibt es zwei Gründe.
Zum einen ist den Nazis das Jugendzentrum in Selbstverwaltung schon lange ein Dorn im Auge. Die Prinzipien und Werte, die dort gelebt und gelernt werden, wie Basisdemokratie, Solidarität, der antirassistische, antisexistische und antifaschistische Grundkonsens, stehen der menschenverachtenden Ideologie der Nazis diametral entgegen. Natürlich hassen die Nazis das JUZ auch für die politische Arbeit die hier gemacht wird und für die Gruppen die sich hier treffen können, sei es der AK Antifa oder das Bündnis Courage. Wer sich für Gleichberechtigung und Antirassismus stark macht, hat natürlich mit dem Hass der Nazis zu rechnen. In seiner 33jährigen Geschichte gab es schon zahlreiche Übergriffe auf das JUZ. Seien es versuchte Überfälle, Brandstiftung oder Nazigraffiti. Dass sich die Nazis auf's JUZ einschießen ist somit nichts neues.

Zum Anderen findet am 15 Juli eine landesweite Antirepressionsdemonstration in Stuttgart statt. Diese wurde durch das AABW (Antifaschistische Aktionsbündnis Baden Württemberg) initiert. Dort wird am 15. Juli der zunehmende sicherheitsstaatliche Ausbau des Ausbeutungs und Akumulationsregimes kritisiert werden.
In einer landesweiten Vernetzung von antfaschistischen Gruppen sehen die Nazis, natürlich zu Recht, eine Bedrohung für ihr menschenverachendendes Handeln.
Die Demonstration in Mannheim wurde, wie auch eine Demonstration in Friedrichshafen nur mit dem Grund angemeldet, die antifaschistische Mobilisierung nach Stuttgart zu spalten und so die Demonstration zu einem Mißerfolg werden zu lassen.

Diese Idee ist nicht neu. Bereits im vergangen Jahr hatte der Möchtegern Hitlerjunge Lars Käppler versucht mit Demonstrationsanmeldungen die AABW Demo gegen sein Haus in Rosenberg bei Schwäbisch Hall zu schwächen. Auch in Mannheim wurde für diesen Tag eine Kundgebung der NPD angemeldet.

Wir haben natürlich im Vorfeld der Mobilisierung zur Antirepressionsdemonstration nach Stuttgart mit solch einer Strategie gerechnet. Die lokalen Nazistruktruren vom AB Rhein-Neckar machen in der Regel immer alles nach, was ihr Gröfaz Käppler so anleiert. Zumal sich die Nazistrukturen in Süddeutschland sowieso gerade in einer hyperaktiven Phase befinden und allerorten irgenwelche Kleinstdemos und Kundgebungen durchführen.

DeltaPress: Wie bewertet ihr diese Strategie?

Nazis sind kritikresistent, die lernen einfach nichts. Sonst hätten sie bereits nach dem gescheiteterten Spaltungsversuch in Hohenberg gemerkt, dass AntifaschistInnen nicht auf so ein plumpes Vorgehen reinfallen. Die Demo in Hohenberg war mit 1500 TeilnehmerInnen eine der größten seit Jahren in Baden Württemberg. In Mannheim war der NPD Stand ein voller Reinfall, weil er von 200 BürgerInnen belagert wurde. Sogar in der BILD Zeitung hat man sich danach über die Nazis lustig gemacht.

DeltaPress: Was ist denn nun am 15 Juli angesagt?

Nie war es leichter die Nazis zu schlagen! Einfach eine Busfahrkarte für den Mannheimer Bus kaufen, oder eben selbst zur Demo nach Stuttgart fahren. Unabhängig von dem, was in Mannheim passiert, ist eine starke Demonstration der eigentliche Sieg für uns AntifaschistInnen an diesem Tag.
Die Nazis nehmen sich selbst anscheinend wirklich so wichtig, dass sie glauben wir würden unsere eigenen politischen Inhalte für sie hintenanstellen. Ganz klar, der AK Antifa Mannheim mobilisiert weiter nach Stuttgart und ruft alle AntifaschistInnen und GenossInenn dazu auf, sich an der landesweiten Antirepressionsdemonstration zu beteiligen.

In Mannheim existieren genug andere Gruppierungen, die an diesem Tag den Widerstand gegen die Nazis auf die Strasse tragen werden. Das Bündis gegen Rechts in Mannheim hat bereits angekündigt auch diese Nazidemo blockieren zu wollen. Auch gibt es gerade in der Neckarstadt genug Menschen, seien es Linke oder MigrantInnen, die absolut keinen Bock auf Nazis haben und das diesen auch gehörig nahe bringen werden. Und natürlich werden sich auch zahlreiche Jugendliche, die im JUZ aktiv sind (wenn sie nicht mit nach Stuttgart fahren), an den Widerstandsaktionen beteiligen.

Insgesamt geht es aber auch darum, Nazistrukturen nicht nur dann zu bekämpfen wenn sie sich mal wieder im Bullenspalier durch irgenwelche Städte eskortieren lassen, sondern alle Versuche der Nazis, sich dauerhaft festzusetzen und akzeptierter Teil der Gesellschaft zu werden zu sabotieren. Diesen langfristigen Ansatz werden wir weiter verfolgen.

DeltaPress: Was ist den in Mannheim jetzt schon konkret geplant?

Wie gesagt, es findet das interkultuelle Fest mit Demonstration in der Mannheimer Neckarstadt statt. Wir rufen alle Menschen, die keinen Bock auf Nazis haben, dazu auf, sich daran zu beteiligen. Außerdem werden vorraussichtlich verschiedene antifaschistische Kundgebungen angemeldet werden. Das JUZ ruft ebenfalls zur Teilnahme auf. Da das ganze sehr kurzfristig ist, lohnt es sich, immer wieder einschläge Homepages wie  http://de.indymedia.org oder  http://akantifa-mannheim.de zu checken, dort werden aktuelle Neugigkeiten schnellstens gepostet.
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Ergänzungen

Friedrichshafen zählt!

niemand 05.07.2006 - 01:55
Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass durch die Verantwortlichen der Mobilisierung zu der Demo in Stuttgart die Demo gegen die Nazis in Friedrichshafen untermalen möchten.

"wie auch eine Demonstration in Friedrichshafen nur mit dem Grund angemeldet, die antifaschistische Mobilisierung nach Stuttgart zu spalten und so die Demonstration zu einem Mißerfolg werden zu lassen."

Woher will die Person dies wissen? Und warum wird von den Personen, die nach FN mobilisieren immer parallel die Demo in Stuttgart (selbst dick auf der Mobilisierungsseite) beworben und die Verantwortlichen von Stuttgart weisen garnicht darauf hin.

Die Demo in Friedrichshafen ist SICHER NICHT nur eine pseudo-Demo um Stuttgart zu spalten. Viel eher haben die Faschos dieses Datum genutzt um "sicher" in FN marschieren zu können und nicht auf solch eine radikale und starke sowie gelungene Gegenwehr im Oktober des letzten Jahres zu treffen (was dieses Jahr dennoch nicht anders sein wird). Wenn man sich alleine das breite Mobilisierungsbündnis, in dem die NPD, sowie die JN und einige "ANs" drin sind und die Aktionen, die es im Vorfeld von den Fascho-Nasen gab, sowie die hier weit verstreuten Propaganda-Materiallien besichtigt kommt bei mir doch der Verdacht auf, dass die Vollidioten es in Friedrichshafen ernst meinen.

Nein, ich will nicht gegen die Demo in Stuttgart wettern, ich finde sie sogar wichtig und wäre auch dort, gäbe es die Ereignisse hier nicht, aber ich finde einfach, dass jedem die Möglichkeit gewährleistet werden sollte, sich für das zu entscheiden, was Ihm wichtig ist. Und deswegen fände ich es auch wichtig und richtig, wenn die Mobilisierungsseite nach Stuttgart auch über FN und die geplanten Aktionen informiert oder zumindest zu einer Informationsquelle verlinkt.

So, und ich werde meiner Priorität am 15. Juli nachkommen, dem bekämpfen des Faschismus insbesondere in einer Gegend, in der die AN's großkotzig ankünden, No-Go Areas zu etablieren.

Zum Aufruf und Infoseite nach FN:
 http://www.nazis-versenken.de.tk/

mannheim

autonomer antifaschist 10.07.2006 - 12:02
kommt alle nach mannheim.
Soweit wie ich es von einem kumpel mitgekriegt habe,sollen da bis zu 500 Nazis hinkommen.
Wir werden uns aktiv an den protesten gegen die nazis beteiligen.

Antifa immer und überall.

www.antifa-rheingau.de.vu

Gewalt ist ein Mittel zum Zweck,was wir auch gegen die nazis einsetzen können.

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