Friedensprozess und neue Verhaftung

Ralf Streck 20.04.2006 15:45 Themen: Weltweit
Heute hat der baskische Regierungschef Juan José Ibarretxe Vertreter der Partei Batasuna (Einheit) empfangen. Damit beendete er seine Gesprächsrunde, die er nach der dauerhaften Waffenruhe der ETA am 24. März begonnen hatte, um mit allen Parteien über die Einleitung des Friedensprozesses zu sprechen. Derweil gibt es eine neue Verhaftung. Die Verhaftung des Jugendlichen klingt reichlich merkwürdig.
Nur die rechtsradikale spanische Volkspartei (PP) hatte sich geweigert, sich auch nur mit Ibarretxe zu treffen. Sie verurteilte das Treffen mit Batasuna scharf, weil die Partei seit März 2003 verboten ist, könne sie kein Friedensvermittler sein.

Welche Bedeutung Ibarretxe dem Gespräch mit Arnaldo Otegi, Juan Joxe Petrikorena und Pernando Barrena im Regierungssitz in Gasteiz beimaß, konnte aus seiner Dauer abgeleitet werden. Fast drei Stunden hatte Ibarretxe mit keiner anderen Partei gesprochen. Das Treffen fand erst jetzt statt, weil Otegi und Petrikorena im März durch den Nationalen Gerichtshof in Madrid inhaftiert wurden, weil sie zu einem Streik aufgerufen hatten und kamen erst kürzlich auf Kaution frei.

Batasuna ließ sich nun vermitteln, was Ibarretxe mit dem spanischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero Anfang des Monats besprochen hat. Erst am Dienstag hatte sich der Sprecher von Ibarretxes Baskisch-Nationalistischer Partei (PNV) im Madrider Parlament mit Zapatero im Rahmen von dessen Gesprächsrunde getroffen. Gegenüber Josu Erkoreka bekräftigte der Ministerpräsident die bedeutende Rolle der PNV für einem Friedensprozess. So versucht der Sozialist (PSOE) die große baskische Partei einzubinden und Batasuna die Vormachtstellung zu nehmen, die den Prozess anstieß und vorantreibt.

Das Treffen mit Ibarretxe nutzte Batasuna, um die sofortige Einberufung von Allparteiengesprächen zu fordern, um eine dauerhafte Lösung des Konflikts auszuhandeln. Otegi erklärte, man habe „offen, ehrlich und tiefgreifend“ miteinander gesprochen. „Es gibt keine Ausreden mehr“, sagte Otegi auf der Pressekonferenz nach dem Treffen. „Alle Bedingungen sind nun erfüllt“, fügte er im Bezug darauf an, dass Zapatero am Dienstag erklärt hatte, die Waffenruhe der ETA sei umfassen und vollständig.

Ibarretxe und Zapatero wollen Zeit gewinnen und erst nach der Sommerpause damit beginnen. Batasunas vorrangiges Ziel der Gespräche ist: „Eine solide Basis zu schaffen, wo die Methodik, die Prinzipien und die gegenseitigen Pflichten für eine Konfliktlösung festgelegt werden“, sagte Otegi. Am Ende müsse es eine „demokratische Überprüfung“ der Ergebnisse durch die Bevölkerung im Baskenland geben. Er kritisierte die repressiven Maßnahmen des Polizei- und Justizapparats, die dem Friedensprozess schadeten.

In der Nacht auf Mittwoch wurde ein Jugendlicher verhaftet, der angeblich Geld für die ETA gesammelt habe. Ibón Meñika [1] wurde im Verfahren gegen die Jugendorganisationen wegen Mitgliedschaft in einer illegitimen Bande zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Ein Zusammenhang zur ETA konnte nicht bewiesen werden, über die die Jungendorganisation überhaupt illegalisiert wurden, weshalb das Urteil ohnehin kaum haltbar ist. [2] Dass der jetzt für die ETA über Bons Geld sammelt und dazu Unterlagen im Auto und zu Hause aufbewahren soll, klingt genauso merkwürdig, wie die Begründung es habe sich um eine Routinekontrolle der Guardia Civil gehandelt. Viel wahrscheinlicher ist, dass es sich um Bons handelt, über die der gerade laufende Massenprozess finanziert wird. Angeblich seien das ja alles Mitglieder der ETA. [3]

[1] Haftverschonung unerklärlich (01.03.2005)
 http://de.indymedia.org/2005/03/108228.shtml
[2] Baskische Jugendliche sind keine Terroristen (22.06.2005)
 http://de.indymedia.org/2005/06/121223.shtml
[3] Massenprozess erneut vertagt (15.02.2006)
 http://de.indymedia.org/2006/02/139071.shtml

© Ralf Streck, Donostia den 19.04.2006
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Ergänzungen

Update

Ralf 21.04.2006 - 10:15
Einer der Jugendlichen, die solche Geschichten wie den Topaeguna (siehe  http://de.indymedia.org/2006/04/144425.shtml) veranstalten, wurde Anfang der Woche verhaftet. Es ist ein schlechtes Zeichen, dass er heute nicht wie geplant vor dem Nationalen Gerichtshof nach vier Tagen Kontaktsperre erscheint und sie verlängert wurde. Man muss um den Zustand von Ibon fürchten, denn die Kontaktsperre dient oft zur Folter, wird sie verlängert, geht es der Person meist sehr schlecht und man lässt sie sich etwas erholen, bevor man sie vor den Richter stelle.

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