Tausende verlieren ihr Leben vor den Kanaren

Ralf Streck 22.03.2006 16:00 Themen: Antirassismus Repression Weltweit
Die Zahl der Schwarzafrikaner, die auf dem Weg von Mauretanien auf die spanischen Kanarischen Inseln ihr Leben verloren haben, ist viel größer als bisher erklärt. Gestern (heute) ist bekannt geworden, dass die spanische Guardia Civil schon im letzten Dezember dazu einen Bericht verfasst hat. Schon damals ging die Militäreinheit davon aus, dass in 45 Tagen bis zu 1.700 Menschen ertrunken sind, als sie versuchten auf die Kanaren zu gelangen.
Der Bericht hatte den aussagekräftigen Namen: „Massives Sterben von Einwandern“. Der Autor José Manuel García Varela erklärte darin: „In den letzten 45 Tagen haben sich zwischen 2.000 und 2.500 Menschen in kleine Boote eingeschifft, um auf die Inseln zu kommen, von denen nur 800 oder 900 angekommen sind, was bedeutet, dass zwischen 1.200 und 1.700 im Atlantik ertrunken sind“, schreibt der Vize-Operationsdirektor deutlich.

Letzte Woche hatte die spanische Regierung eingeräumt, einige Hundert Menschen seien ertrunken, doch der Rote Halbmond bezweifelte sofort die Zahlen.  http://de.indymedia.org//2006/03/141386.shtml Die Daten der Guardia Civil stützen nun die Daten der Hilfsorganisation, weshalb von Tausenden Toten im letzten halben Jahr gesprochen werden muss. Die Zahl kann wegen der großen Strecke von 1000 Kilometer nur geschätzt werden, viele Tote werden nicht entdeckt.

Die Regierung gibt schwach zurück, sie habe die Mitteilung der Guardia Civil nie erhalten. So versucht sie ihre Untätigkeit vor der „humanen Katastrophe“ zu erklären, wie das Internationale Rote Kreuz sie bezeichnet. Der Sprecher der regierenden Sozialisten (PSOE) im Parlament erklärte, er sei „überzeugt“, dass „sich der Bericht nicht in den Händen der Regierung befindet“. Sehr überzeugend klang Alfredo Pérez Rubalcaba nicht.  http://www.europapress.es/europa2003/noticia.aspx?cod=20060321104720&tabID=1&ch=66

Erst nachdem kürzlich 45 Tote geborgen wurden, begann Madrid zu handeln.  http://de.indymedia.org//2006/03/140972.shtml Nun hat sie 35 Ingenieure des Verteidigungsministeriums nach Mauretanien geschickt, um eine Lager aufzubauen und dem Land Patrouillenboote zur Verfügung gestellt. In das Lager sollen Schwarzafrikaner per Schnellabschiebung deportiert werden. Dies hatte die Vizeministerpräsidentin María Teresa Fernández de la Vega am Samstag angekündigt. Nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen sind die illegal, weil sie das Recht auf eine Einzelfallprüfung aussetzen.

Damit wird ein neuer Schritt zum Aufbau von Lagern in Afrika gemacht, die von der EU finanziert werden. Begründet wird wieder humanitär: Die Abgeschobenen sollen würdige Bedingungen erhalten und nicht schlicht in der Wüste abgesetzt werden, heißt es. Das hatte im vergangenen Jahr Marokko auf Druck Spaniens gemacht, um den Ansturm von Einwandern auf die Exklaven Ceuta und Mellila abzuwehren. Damals noch hatte sich Madrid voll hinter Rabat gestellt und die Kritik von Menschenrechtsorganisationen an dieser Praxis abgewiesen. Erneut hat Marokko diese Woche Schwarzafrikaner im verminten Niemandsland der Westsahara ausgesetzt. Mauretanien hat sich geweigert die 81 Senegalesen aufzunehmen. Wegen dem Verfolgungsdruck in Marokko sind die Menschen auf Mauretanien ausgewichen, was die humane Katastrophe erst generiert hat.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 22.03.2006
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Ergänzungen

Europa, du Geier

... 22.03.2006 - 18:53
passt auch zum geplanten EU-Einsatz im Kongo:
 http://de.indymedia.org/2006/03/141867.shtml
gefunden in Arecife, Kanarische Inseln, Afrika, Februar 06
Die Schrift rechts vollständig: "cual es el precio de tu "bienestar".
= "was ist der Preis Deines Wohlbefindens"
und ist an "uns" auf europäischer Seite hinter den Zäune, Meerengen und Mauern gerichtet.

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wieso tut denn niemand was — jesusnailed

jesusnailed — anarchist

? — jesusnailed