Sozialisten bündeln mit katal. Konservativen

Ralf Streck 24.01.2006 10:13 Themen: Weltweit
Die Republikanische Linke Kataloniens (ERC) ist gegen das erzielte „Generalabkommen“ für ein neues Autonomiestatut. Das hatte auf einem Geheimtreffen der spanische Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero mit den konservativen katalanischen Nationalisten der CiU ausgehandelt. Zapatero bootet damit die Linksnationalisten aus den Verhandlungen um das neue Autonomiestatut aus. Die ERC hat das heutige Treffen mit Zapatero auf unbestimmte Zeit vertagt und zeigt ihm so die gelbe Karte. Macht Zapatero keine Zugeständnisse mehr, denn er hat mit der CiU heftig abgespeckt, ist die katalanische Linksregierung in Gefahr und Zapatero verliert seinen wichtigsten Bündnispartner in Madrid und muss sich den Rechten in die Arme werfen.
Ein neues Autonomiestatut für Katalonien steht und kann im spanischen Parlament verabschiedet werden. Auf einem Geheimtreffen hatte sich der Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero mit den konservativen Nationalisten der CiU geeinigt und so wurde die Republikanische Linke Kataloniens (ERC) ausgebootet. Die hatte im Regierungsbündnis mit den Sozialisten (PSOE) die Neugestaltung der Beziehungen zwischen Spanien und Katalonien angeführt. Den Ursprungstext hatte das katalanische Parlament mit einer 90 % verabschiedet.

Hinter dem Rücken der ERC hat Zapatero nun mit der CiU deutlich abgespeckt. Die Katalanen wollten eigentlich künftig die Steuern selbst eintreiben. So sollte klar werden, wie stark ökonomisch wichtige Region den Zentralstaat finanziert. Im Dialog sollte, nach baskischem Modell, die Summe festgelegt werden, die dann an Madrid geht. Doch die CiU, die 25 Jahre Katalonien regierte und dabei nie auf ein neues Statut gedrängt hat, ließ sich nun mit 50 % der Mehrwertsteuer abspeisen, bisher sind es schon 33 %. Doch gerade sie hatte im letzten Jahr auf die volle Steuerhoheit gepocht. Sie hat sich, wohl im Hinblick auf ihre Forderungen in Aussischt stellen lassen in fünf Jahren eventuell eine eigene Steuerbehörde zu erhalten. Gerade die CiU hatte in den Verhandlungen die volle Steuersouveränität gefordert.

Doch auch am zweiten Punkt, der als "unverhandelbar" galt, ist die CiU eingeknickt. Statt Katalonien im 1. Artikel des Statuts das historische Recht als „Nation“ zurückzugeben, spricht der neue Text nun unverbindlich in der Präambel von „Nationalität“. Der ERC-Chef Josep Lluis Carod-Rovira erklärte darauf: „Wir sind nicht bereit, Ja zu einem neuen Statut zu sagen, dass sich weit von dem entfernt, was das katalanische Parlament verabschiedet hat“. Der CiU und der PSOE warf er „Untreue“ vor. Zapateros hatte einst versprochen, ein von den Katalanen beschlossenes Statut anzunehmen.

Die ERC will jetzt noch deutliche Verbesserungen aushandeln. Das Treffen mit Zapatero für heute hat sie wegen dessen Vorgehen zunächst unbefristet vertagt, um Zapatero die gelbe Karte zu zeigen. Es wird nach dem Ausscheren der CiU aus der gemeinsamen Front für sie aber nun schwer, von der PSOE noch Zugeständnisse zu bekommen. Zapatero steht unter großem Druck der Parteirechten und der starken oppositionellen PP, die gegen jede Ausweitung der Autonomie kämpft. Die katalanischen Sozialisten werden sich ohnehin mit dem zufrieden geben, was die Parteizentrale nun beschlossen hat und auch die kleine Initiative für Katalonien/Grüne (IC/V) ist weitgehend zufrieden.

Doch für Katalonien dürfte dieser Text das Ende der ersten Linkskoalition seit Tod des Diktators 1975 sein. Der Wahlsieg nahm den Wechsel in Madrid voraus und stand dafür Modell. Bisher behaupet die ERC noch, bis zum Ende der Legislaturperiode mit den Sozialisten und der IC/V weiter zu regieren. Doch wenn es keine Änderungen mehr gibt, hätte diese Regierung keinen Bestand mehr und die ERC müßte auch versuchen, die Ablehnung gegen dieses Statut an den Wahlurnen deutlich zu machen.

Ohne Änderungen steht so auch in Madrid ein Rechtsruck an. Hier war die ERC schon deutlich. Sie werde mit dem Statut Zapatero nicht weiter unterstützen. Dessen Minderheitsregierung müßte sich dann der Rechten in die Arme werfen. Die schwache Regierung von Zapateros wäre so noch instabiler und ist ohnehin ständig den Angriffen der starken ultrarechten Volkspartei (PP) ausgesetzt ist, die sich gegen jede Veränderung stemmt.

Dieses neue Statut, wobei es angesichts des neuen Textes besser ist, von einer Reform des alten Statuts zu sprechen, wäre ein Teilsieg der PP, die so eine Staatsreform weitgehend blockiert hätte. Zapateros wäre auf jeden Fall für viele Katalanen und darüber hinaus unglaubwürdig. Bisher hat der es ja nicht einmal geschafft, sein Versprechen einzuhalten und den Katalanen die von der Franco-Diktatur geraubten Dokumente zurückzugeben.
 http://de.indymedia.org/2006/01/137108.shtml

Auswirkungen dürfte das auch auf den Konflikt im Baskenland haben.  http://de.indymedia.org/2006/01/136309.shtml Bisher haben die Nachfolger der Franco-Diktatur ja auch dort deutliche Schritte verhindert.  http://de.indymedia.org/2006/01/137102.shtml Wendet sich Zapatero nach Rechts, dann sieht es schlecht für einen Friedensprozess aus. Auch für die Opfer der Franco-Diktatur wird sich dann wohl keine großartigen Veränderungen ihrer Situation ergeben.  http://de.indymedia.org/2006/01/136998.shtml

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 24.01.2006
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