Hessenweiter Aktionstag für Bleiberecht

hfr 30.11.2005 15:22
Am 8.und 9. Dezember trifft sich in Karlsruhe die nächste Innenministerkonferenz, auf der auch über eine Bleiberchtsregelung für langjährig geduldete Flüchtlnge verhandelt wird.
Am kommenden Wochenende (3.12.) findet aus diesem Grund ein hessenweiter Aktionstag für Bleiberecht statt, um das Thema noch einmal in die Öffentlichkeit zu bringen. In zehn hessischen Städten wird es Aktionen, Kundgebungen und Demonstrationen geben.
In Deutschland leben etwa 200.000 Menschen, die lediglich „geduldet“ sind, allein in Hessen sind es über 15.000. Die Duldung ist der unsicherste Aufenthaltsstatus, sie bedeutet nur, dass die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt ist. Dennoch leben die meisten der Geduldeten schon seit vielen Jahren hier, oft handelt es sich um Familien mit Kindern, die hier geboren und aufgewachsen sind. Sie haben sich hier integriert und haben hier ihre Freunde, oft sprechen sie besser deutsch als die Sprache des Landes, das sie zum Teil nur vom Hörensagen kennen, und das doch nach Ansicht der Behörden ihr Heimatland ist. Obwohl sie Teil dieser Gesellschaft sind, werden ihnen grundlegende Rechte vorenthalten und sie müssen ständig mit der Angst leben, abgeschoben zu werden. Diese Menschen brauchen endlich eine gesicherte Perspektive in Deutschland, das längst ihre Heimat geworden ist.

Als im letzten Jahr das Zuwanderungsgesetz beschlossen wurde, sollten damit auch die Kettenduldungen abgeschafft werden. Als Kettenduldungen wird die Praxis bezeichnet, den Betroffenen eine Duldung nach der nächsten auszustellen, ohne Aussicht auf einen gesicherten Aufenthalt. Ein dreiviertel Jahr später zeigt sich, dass dieses Versprechen in keinster Weise gehalten worden ist – die Regelungen zur Beendigung der Kettenduldungen, insbesondere der §25.5 des Aufenthaltsgesetzes, laufen ins Leere, da sie restriktiv ausgelegt werden. Dies liegt in Hessen v.a. an einem Erlass des Innenministeriums, der eine solche restriktive Interpretation vorschreibt. Die Zahl derer, die dadurch in Hessen eine Aufenthaltserlaubnis bekommen haben, lässt sich an einer Hand abzählen.

Die Situation der Geduldeten hat sich im Gegenteil sogar eher verschlechtert: Vielen von ihnen ist die Arbeitserlaubnis entzogen worden, große Gruppen von langjährig Geduldeten wie z.B. die Minderheitenangehörigen aus dem Kosovo sind akut von Abschiebung bedroht. Anderen Flüchtlingen wie denjenigen aus dem Irak wird der Asylstatus aberkannt und sie werden in die Duldung gedrängt, um sie auf Vorrat „abschiebungsreif“ zu machen.

Seit Jahren schon fordern Flüchtlingsinitiativen eine großzügige Bleiberechtsregelung, damit der unwürdige Schwebezustand, in dem sich die Menschen seit langem befinden, endlich beendet wird. Auch viele andere Initiativen wie der StadtschülerInnenrat Frankfurt oder das Grips-Theater aus Berlin setzen sich mit vielfältigen Aktionen für ihre MitschülerInnen und FreundInnen ein. Jetzt sind die Politikerinnen und Politiker am Zug, denn sie haben die Möglichkeiten, den Geduldeten eine Perspektive zu geben.

Auf den letzten Innenministerkonferenzen stand eine Bleiberechtsregelung jedes Mal auf der Tagesordnung, doch scheiterten alle diese Vorstöße am Widerstand der CDU-geführten Bundesländer. Auch Hessens Innenminister Volker Bouffier gehörte in der Vergangenheit immer zu denjenigen, die sich einer solchen Regelung verweigerten. Dies muss sich bei der nächsten IMK, die am 8./9. Dezember in Karlsruhe stattfindet, ändern!

Eine Bleiberechtsregelung, die diesen Namen auch verdient, muss sich an den Menschen und ihren Schicksalen orientieren. Es müssen möglichst viele Menschen von einer solchen Regelung profitieren können. Das bedeutet auch, dass der Bezug von Sozialleistungen kein Ausschlussgrund sein darf, da viele der Geduldeten entweder nicht arbeiten können oder dürfen.

Aus diesem Grund rufen wir zu einem hessenweiten Aktionstag für Bleiberecht am Samstag, dem 3. Dezember auf. In vielen hessischen Städten werden Aktionen und Veranstaltungen stattfinden, um das Thema kurz vor der IMK noch einmal in die Öffentlichkeit zu bringen. Wir wollen damit ganz konkret an Volker Bouffier appellieren, endlich einer Bleiberechtsregelung zuzustimmen und sich bei seinen Innenministerkollegen für eine solche Regelung einzusetzen.

Wir fordern:

Eine großzügige Bleiberechtsregelung für die 200.000 Geduldeten in Deutschland
Die Regelungen zur Abschaffung der Kettenduldungen müssen zum Vorteil der Betroffenen angewandt werden
Der Status der Duldung muss insgesamt abgeschafft werden und durch sichere Aufenthaltstitel ersetzt werden
Wer lange hier lebt, muss bleiben dürfen!

Aktionen in Hessen:

Alsfeld: Aktionen in der Fußgängerzone, mittags
Frankfurt: Kundgebung, 14 Uhr Hauptwache/Zeil
Gießen: Aktionen in der Fußgängerzone, mittags
Hanau: Demonstration, 11 Uhr Altstätter Markt
Kassel: Demonstration, 11 Uhr Hauptbahnhof
Korbach: Kundgebung 11 Uhr Fußgängerzone
Marburg: Kundgebung, 16 Uhr Steinweg
Wetzlar: Lichterkette, 2.12. 17 Uhr, Bahnhofstraße bis Dom
Wiesbaden: Kundgebung 12:30 Uhr Mauritiusplatz
Witzenhausen: Veranstaltung und Film, 2.12. 19:30, Weltladen



Link zum Aufrufflugblatt:
 http://www.fr-hessen.de/aktuelles/Aufruf_Aktionstag.doc

Link zum Demoaufruf 8.12. in Karlsruhe:
 http://www.akasyl-bw.de/seiten/demoimk.htm

Kampagne Hier geblieben!:
 http://hier.geblieben.net

Hintergrundinfos zur Bleiberechtskampagne:
 http://www.proasyl.de/lit/broschuere2.pdf
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Ergänzungen

Demo in Karlsruhe

antifa 30.11.2005 - 16:08
Gleiche Rechte für alle
Bleiberecht für Flüchtlinge
Abschiebungen stoppen

Aufruf zur Demonstration anlässlich der Innenministerkonferenz in Karlsruhe am 8. Dezember 16 Uhr Platz der Grundrechte

Am 8. und 9. Dezember 2005 treffen sich die Innenminister des Bundes und der Länder zu ihrer halbjährlich stattfindenden Sitzung in Karlsruhe. Baden-Württemberg hat in diesem Jahr unter Innenminister Rech den Vorsitz.

Restriktive Flüchtlingspolitik
In den vergangenen Jahren ist die Innenministerkonferenz vor allem durch restriktive Beschlüsse zur Flüchtlingspolitik hervorgetreten. Dabei hätte sie die Möglichkeit, Flüchtlingen aus Krisenregionen per Beschluss eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen und schon lange hier lebenden Flüchtlingen, die von Monat zu Monat, von Jahr zu Jahr nur geduldet werden durch eine großzügige Bleiberechtsregelung den Aufenthalt in Deutschland zu gewähren.
Stattdessen werden Flüchtlinge aus Krisengebieten zwangsweise zurückgeführt. Anderen wird massenhaft, um Ausreisedruck zu erzeugen, durch Widerrufsverfahren der Flüchtlingsschutz entzogen.



Zynische Beschlusslage
So wurde zuletzt auf der Innenministerkonferenz im Juni 2005 in Stuttgart die Rückführung der Minderheiten aus dem Kosovo sowie die Rückführung von Flüchtlingen nach Afghanistan beschlossen. Dies vor dem Hintergrund der nach wie vor prekären Sicherheitslage in diesen Ländern. Die aus der Presseerklärung der Innenminister zitierte Bemerkung, „Befürworter einer Bleiberechtsregelung sollten bedenken, dass diese die ethnischen Vertreibungen im Kosovo zementieren würden und so das Völkerrecht unterliefen“ kann angesichts der Situation für Minderheiten im Kosovo nur als zynisch bezeichnet werden. Nach wie vor fliehen Minderheitenangehörige vor Übergriffen.

Rückkehrdruck auch für irakische Flüchtlinge
Bereits jetzt wird Druck auf Flüchtlinge aus dem Irak ausgeübt, indem ihnen reihenweise per Widerruf der Flüchtlingsschutz entzogen wird. Diese Flüchtlinge erhalten dann oft nur noch eine Duldung und verlieren dadurch meist auch ihre Arbeitserlaubnis. Somit können sie, sollten sich die Innenminister einmal zu einer Bleiberechtsregelung durchringen, den dann gestellten Anforderungen oft nicht mehr genügen.

Bleiberecht für Geduldete!
Bundesweit leben ca. 200 000 Flüchtlinge nur mit dem unsicheren Status einer Duldung. Ungefähr 150 000 von ihnen schon länger als 5 Jahre, viele sogar bereits seit 8 oder 10 Jahren und länger. Statt vor dem Hintergrund massiv sinkender Flüchtlingszahlen diesen Flüchtlingen endlich einen sicheren Aufenthalt zu geben, werden bundesweit und sogar europaweit Sammelabschiebungen durchgeführt. Auch bei Nacht, im Frachtbereich unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgewickelt, werden selbst kranke und traumatisierte Flüchtlinge auf diese Weise in unsichere Herkunftsländer verbracht.

Zuflucht in Europa wird verhindert
Fast täglich gibt es neue Meldungen von zurückgewiesenen Flüchtlingen an den Außengrenzen der Europäischen Union, neue Meldungen von Toten auf dem Weg in die „Zuflucht Europa“. Alleine in den Jahren 1993 bis 2005 wurden 6.336 Todesfälle dokumentiert, die in direktem Zusammenhang mit der europäischen Abschottungspolitik stehen. Die Dunkelziffer dürfte noch erheblich höher sein, da viele derer, die beim Versuch sterben, über das Mittelmeer zu gelangen, nie gefunden werden. Die massive Abwehrpolitik der Europäischen Union ist maßgeblich vom deutschen Bundesinnenminister mitbestimmt. Vor einem Jahr versuchte der damalige Innenminister Schily, Auffanglager für Flüchtlinge in Nordafrika, vor den Toren der EU durchzusetzen. Mittlerweile brechen die Mittelmeerländer Italien, Griechenland und Spanien offen internationales Recht, indem sie Flüchtlinge, ohne ein Asylgesuch zu prüfen, vor den Toren der EU wieder absetzen. Länder wie Marokko machen dann die „Drecksarbeit“ für die EU, sie setzen Flüchtlinge mitten in der Wüste aus oder internieren sie in Militärzentren, zu denen Nichtregierungsorganisationen und Journalisten der Zutritt verwehrt wird.

Ein Aufschrei ist nötig
Was hier passiert ist ungeheuerlich, eigentlich müsste ein Aufschrei durch die Bevölkerung gehen. Anstatt die Ursachen von Flucht und Vertreibung zu bekämpfen werden Flüchtlinge bekämpft. Solange keine reellen Anstrengungen unternommen werden, den Widerspruch zwischen arm und reich, zwischen Demokratie und Diktatur zu bekämpfen, solange mit den Diktatoren Geschäfte gemacht werden, solange wird es Menschen geben, die aus Angst vor Verfolgung und Vertreibung fliehen müssen.

Daher fordern wir:

Gleiche Rechte für alle
Bleiberecht für alle Flüchtlinge
Stoppt die unmenschliche Abschiebepolitik
Eine Flüchtlingspolitik, die Fluchtursachen, nicht aber Flüchtlinge bekämpft.
Wir fordern die Innenminister auf, eine Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Flüchtlinge zu beschließen


DEMONSTRATION und KUNDGEBUNG
8. Dezember 2005 Treffpunkt 16:00 Uhr zur Auftaktkundgebung
in Karlsruhe - Platz der Grundrechte
(Am Durchgang zwischen Marktplatz und Schloss)
Beginn der Demonstration 17:00 Uhr

Damit wir angesichts der Dunkelheit zu dieser Tages- und Jahreszeit gut wahrgenommen werden können, schlagen wir vor, dass die TeilnehmerInnen Taschenlampen und thematisch passende Transparente mitbringen.

Unterstützer:
Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V., Freundeskreis Asyl Karlsruhe e.V., Freunde für Fremde e.V. Karlsruhe, AKI Arbeitskreis Internationalismus Karlsruhe, Sozialistische Linke Karlsruhe, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., lifeline – Vormundschaftsverein im Flüchtlingsrat S-H, Neue Nachbarn – Förderverein Flüchtlingshilfe Norderstedt e.V., Niedersächsischer Flüchtlingsrat, GRIPS-Theater Berlin, Flüchtlingsrat Berlin, PRO ASYL, Hessischer Flüchtlingsrat, Gesellschaft für bedrohte Völker Karlsruhe, A.T.L.M.C. (Togo), Internationale Föderation irakischer Flüchtlinge, Internationale Föderation iranischer Flüchtlinge, Frauengruppe LiLiFe Karlsruhe, UFC (Togo), EQUAL-Entwicklungspartnerschaft "Land in Sicht!" - Berufliche Qualifizierung für Flüchtlinge in Schleswig-Holstein, WIB Wetzlarer Initiative für Bleiberecht, Jugendnetz Wetzlar, JOG (Jugend ohne Grenzen), BBZ Berlin, Aktionsbündnis gegen Abschiebung Rhein Main, Aktion Partnerschaft Dritte Welt e.V. Karlsruhe, Menschenrechtszentrum Karlsruhe e.V., EQUAL-Entwicklungspartnerschaft "Fluchtort Hamburg", AG Kirchliche Flüchtlingsarbeit Hamburg, AG Dritte Welt Stuttgart, Flüchtlingsrat Hamburg, Kirchengemeinde Quickborn-Hasloh, Bündnis Bleiberecht Schleswig-Holstein, Verein der Ashkali Kosovos, Migrationsbeauftragter des Kirchenkreises Niendorf Hamburg, Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern e.V., AG Kirchliche Flüchtlingsarbeit Hamburg e.V., Flüchtlingsrat Brandenburg e.V., Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V., Flüchtlingsrat Bayern e.V., Internationales Frauenzentrum Heidelberg, Anatolische Föderation, Verein zur Unterstützung traumatisierter Migranten Karlsruhe, Attac (AG Migration und Globalisierung), pax christi Erzdiözese Freiburg, Asylarbeitskreis Heidelberg e.V., Ökumenische BAG Asyl in der Kirche e.V., Kulturkreis Kurdistan Karlsruhe, Freundeskreis Asyl Aalen, Attac Deutschland, Bundesfachverband Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Petition: Aufenthaltserlaubnis für "Illegale"

Ismail K. 30.11.2005 - 17:19
Eine Petition (beim Bundestag) mit ähnlicher Zielrichtung wie der "Hessenweiter Aktionstag für Bleiberecht" sucht noch Unterzeichner:

"Mit der Petition wird gefordert, den in Deutschland ohne gesicherten Aufenthaltsstatus lebenden Menschen, hauptsächlich also den so genannten "Illegalen", eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis auszusprechen. Durch diesen Weg in die Legalität soll den oft versteckt lebenden Ausländerinnen und Ausländern ein Leben in Würde ermöglicht werden, welches ihnen durch die gegenwärtige Gesetzeslage erschwert bis unmöglich gemacht wird."
 http://itc.napier.ac.uk/e-Petition/bundestag/view_petition.asp?PetitionID=28


Weitere Informationen über die Petiotion & die Situation von "Illegalen":
 http://germany.indymedia.org/2005/11/133871.shtml