Durchgestrichenes Hakenkreuz strafbar

Krank 10.11.2005 11:13 Themen: Antifa
08.11.2005


Formal tabuisiert


DurchgestrichenesHakenkreuz strafbar
Beim diesjährigen Maisingen demonstrierte ein Student gegen singende Burschenschaftler. Weil laut Polizei aus seiner Richtung Knallkörper flogen, kontrollierten die Beamten ihn und weitere Demonstranten. Sie fanden an seinem Rucksack ein Button in Größe eines Zwei-Euro-Stücks. Es zeigt ein durchgestrichenes Hakenkreuz, ähnelt einem Halteverbotsschild.

Für den 21-Jährigen (er studiert Geschichte und Politik, ist nicht vorbestraft) ein eindeutiges Symbol: „Ich wollte mich damit gegen Nationalsozialismus, Antisemitismus und Rechtsradikalismus aussprechen.“ Doch für die Staatsanwaltschaft ist es ein „verfassungswidriges Kennzeichen“. Dem Studenten flatterte ein Strafbefehl über 200 Euro ins Haus. „Ich habe das im ersten Moment für einen Scherz gehalten.“ Er legte Widerspruch ein, gestern kam es nun zur Verhandlung vor dem Tübinger Amtsgericht. „Den Pin habe ich seit Jahren getragen. Man kann die hier auch kaufen.“

„Ob es strafbar ist, einen solchen Button in der Öffentlichkeit zu tragen, darüber kann man geteilter Meinung sein“, räumte Oberstaatsanwalt Michael Pfohl ein. Wie auch über den Polizeieinsatz: Die habe mit zehn Mann kontrolliert: „Unangemessen und überzogen“, wetterte Verteidiger Burkhard Gaedke.

„Es geht nicht um den Polizeieinsatz“, verwahrte sich der Oberstaatsanwalt. „Wir werden häufiger mit solchen Kennzeichen konfrontiert.“ Deshalb wolle seine Behörde klären, ob solche Demonstrationen strafbar sind. „Es geht um eine formale Tabuisierung“ – der Gesetzgeber habe den Paragrafen 68 a bewusst sehr weit gefasst: „Das Kreuz soll aus dem Verkehr gezogen werden.“

Wer soll das verstehen? „Es geht nicht um Otto Normalverbraucher, sondern um den japanischen Touristen, der nach Tübingen kommt“ – mit diesem Argument löste Pfohl Heiterkeit aus. Weil die Motive der Tat „nicht unehrenhaft“ seien, plädierte er indes auf „Verwarnung mit Strafvorbehalt“. Ähnlich der Bewährung bei Freiheitsstrafen muss der Delinquent die Strafe nur bezahlen, wenn er sich in der Bewährungszeit noch etwas zu schulden kommen lässt.

Sein Mandant habe sich nicht strafbar gemacht, meinte Verteidiger Gaedke. Das Gesetz wolle doch die Wiederbelebung des Nationalsozialismus und seiner Organisationen verhindern. Ähnlich sehen es wohl einige Landeskriminalämter. Angeblich teilen sie im Internet mit, Nazigegner dürften NS-Symbole wie Hakenkreuze über einem Papierkorb durchaus verwenden. Gaedke sprach vom Recht auf freie Meinungsäußerung, von polizeilicher Willkür, und beantragte Freispruch.

Doch Richterin Christiane Barth folgte der Staatsanwaltschaft: 150 Euro „unter Vorbehalt“, als Auflage muss der Student 50 Euro an den Förderverein Buchenwald bezahlen. „Auch zum Widerstand gegen Rechtsradikalismus sollen keine NS-Zeichen verwendet werden“, begründete die Richterin. „Es soll verhindert werden, dass diese Symbole wieder in den politischen Alltag einziehen.“ Der Student will nun Rechtsmittel einlegen. Matthias Reichert

INFO Richterin: Christiane Barth; Oberstaatsanwalt: Michael Pfohl; Verteidiger: Burkhard Gaedke.
 http://www.tagblatt.de/?artikel_id=986537
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Ergänzungen

Rechtsbeugung

? 10.11.2005 - 11:26
Kann es sein, daß hier Recht gebeugt wurde? Es ist ja nichts ungewöhnliches, Richter zu haben, die mit Rechtsextremen sympathisieren. Vielleicht sollte man sich mal andere Urteile der Richterin sehen. Ich würde auf jeden Fall in Berufung gehen und damit auf höhere Ebene.

ich glaube eher an die Unschuld eine Hure...

Jud(A)z 10.11.2005 - 13:43
... Als an die Gerechtigkeit der deutschen Justiz

Nix-gut.de ein Mailorder hatten auch ne Hausdurchsuchung wegen "Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" und haben alle Artikel wo durchgestrichene Hackenkreuze draufwaren beschlagnahmt.  http://razzia.nix-gut.de/

Der Mailorder hat seinen Sitz in Baden Württemberg, mich würde interessieren ob das eine Landes oder Bundesweite Kampange ist.
Auf alle Fälle ist das ne Sauerrei!!!

Paragraph...

r.z. 10.11.2005 - 13:51
Zitat:
Die Verwendung von unter §§86, 86a StGB fallenden Kennzeichen ist dann nicht strafbar, wenn der unbefangene Betrachter in der Art der Darstellung eine Ablehnung der NS-Ideologie erkennen kann.

Satirische Darstellungen werden von Art.5 Abs. 3 S. 1 GG (Kunstfreiheit) auch dann geschützt, wenn ihr Gegenstand Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation ist.

zur "Rechtsbeugung"

will keiner wissen 10.11.2005 - 14:23
Wegen Rechtsbeugung (§339) wurde nach Darstellung eines Profs von mir noch kein Richter verurteilt. Ob das in Ordnung geht, kann jede/r selbst beurteilen. Unabhängig davon kann ich das -bei aller Unverständnis für das Urteil- hier aber nicht erkennen. Die Amtsrichterin ist in ihrer Gesetzesinterpretation nur an das Grundgesetz gebunden. Und das Gesetz spricht nur vom Verwenden eines Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation. Eine Ausschlußklausel gibt's nicht, ergibt sich wohl "nur" aus einer "teleologischen" Sichtweise, der Frage nach dem Zweck des Verbots, den allerdings hat die Frau Richterin ja durchaus interpretiert, nur nicht gerade einsichtig.

sag mal spinne ich

pbadonis 10.11.2005 - 14:25
Da muss man soetwas lesen und im selben Augenblick fahren in Oranienburg bei Berlin(ein Stadtteil Oranienburgs erlangte traurige Berühmtheit) Mitglieder eines VW-Clubs mit der Aufschrift "die Heizer von Sachsenhausen" rum.Ist ja kein Hakenkreuz.Ist ergo erlaubt?Ich war kurz davor es anzuzeigen.No cooperation with police or gouverment.

Spruchrichterprivileg

xx 10.11.2005 - 15:42
mag sein, dass das urteil falsch war und aufgeoben werden muesste. aber richter sind eigentlich nie wegen rechtsbeugung dran, weil fuer sie das grundgesetzliche spruchrichterprivileg gilt: sie muessen vorsaetzlich (mit wissen und wollen) das recht beugen. eine falsche auslegung reicht da nicht.

eine frage an r.z.: woher hast du die infos. aus einem juristischen kommentar?

@paragraph

Sepp 10.11.2005 - 15:58
Eine ähnliche Formulierung läßt sich auch in einer Broschüre des Bundesverfassungsschutzes vom 21.07.2004 finden: "Zu beachten ist, dass eine Verwendung von NS-Kennzeichen bei einer gegen das Aufleben des Natiolasozialismus gerichteten Demonstration oder in ähnlichen Fällen, keine Verwendung im Sinne dieser Bestimmung findet..." ( http://www.verfassungsschutz.de/de/publikationen/rechtsextremismus/broschuere_2_0408_Kennzeichen_Symbole/ ;Zugriff am 10.11.05)

die zeiten ändern sich

werweiß 10.11.2005 - 16:17
vor jahren wurde gegen mich in tübingen ein ermittlungsverfahren eingeleitet, weil ich eine austellung über neonazis angemeldet hatte. in dieser ausstellung kam natürlich auch ein hakenkreuz vor, da neonazis mit ebendemselben fotografiert worden waren.
damals wurde das verfahren aber ruckzuck wiedereingestellt, allerdings war ich vorbestraft wegen linker aktionen und damit die sachlage auch dem staatsanwalt persönlich klar.

die tübinger luft schein auf dauer doch nicht so gesund zu sein, wenn man diese entwicklung sieht.

durchgestrichenes Hakenkreuz

Dieter 10.11.2005 - 16:59


In nahezu jedem Verfassungsschutzbericht steht, daß ein solches durchgestrichenes Symbol nicht strafbar ist. Es gibt auch Urteile vonBGH und BVerfG, aus denen sich eindeutig ergibt, daß solche Symbole nicht strafbar sind.
Der Betroffene sollte die Instanzen deshalb voll ausschöpfen.
Gegen den Richter und den Staatsanwalt sollte Strafanzeige wegen Rechsbeugung bzw. Verfolgung Unschuldiger gestellt werden.
Das kann im übrigen jeder tun, weil hier öffentliches Interesse gegeben ist.

jaja die justiz

Gutz 10.11.2005 - 17:59
Es kommt auch darauf an, wer mit dem Hakenkreuz wirbt:
In Würzburg hängen zur zeit überall Plakate für eine Auststellung im Gericht mit dem Thema "Justiz im Nationalsozialismus".
Jetzt gebt euch mal das Plakat dazu...

 http://www.justiz.bayern.de/olgn/veranst/jun2/ausst3.gif

darf das Gericht das, und was sollen sich touristen denken die nicht wissen um was es geht? Selbst ich bin erstmal zusammengezuckt als ich es das erste mal sah

wow

erstaunter 10.11.2005 - 20:18
- nächste instanz
- eventuell ein besserer anwalt
- und den prozess vielleicht auch mal mit einer bürgerrechtsorganisation / roten hilfe durchführen, d.h. öffentlichkeitsarbeit zu dieser nazischeiße machen
- und schon aus prinzip das urteil nicht anerkennen :)

@ Dieter

Iustinian 11.11.2005 - 18:58
So, so, "eindeutige" Urteile des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichtes gibt es zu dieser Frage also...

Und welche???

Es ist enorm schwierig, wenn nicht gar unmöglich, eine rechtliche Argumentation, welche sich ohne Angabe von Fundstellen einzig und allein auf ANGEBLICHE Judikatur der obersten deutschen Gerichte stützt, anders als als unbrauchbar zu bewerten.

Zur Hilfe( da du wahrscheinlich nicht weißt was eine Fundstelle ist oder wie sie aussieht ):

Die Fundstelle einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes gestaltet sich folgendermaßen:

BVerfGE xx,xx (xx)

Die Fundstelle einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Strafsachen
gestaltet sich folgendermaßen:

BGHSt xx,xx (xx)

Die xx sind durch Zahlen zu ersetzen, wobei die erste Zahl den Band bezeichnet und die zweite die Seite auf welcher die zitierte Entscheidung beginnt. Die Zahlen in der Klammer ( welche auch weggelassen werden kann ) bezeichnen diejenige Seite, auf welcher der Teil der Entscheidung beginnt, auf welchen man sich berufen möchte.


Aber vielleicht weißt du das ja auch und lieferst die entsprechenden Fundstellen nach, damit auch anderen die Gelegenheit eröffnet wird, in den Genuß deiner "eindeutigen" Erkenntnisse zu kommen.

Alternativ dazu könntest du natürlich auch zugeben, dass du diese Entscheidungen, aus denen deine Rechtsauffassung so "eindeutig" hervorgeht, schlicht und einfach frei erfunden hast, um dich wichtig zu machen.

Ach ja, nur um Missverständnissen vorzubeugen:
Der Autor dieses Beitrags ist kein Burschenschaftler und hegt auch keinerlei Sympathien für diesen Personenkreis...

Durchgestrichenes Hakenkreuz nicht strafbar

Andreas 13.11.2005 - 18:17
Ich habe eine Broschüre des Landes Rheinland-Pfalz als PDF vorliegen, in der es heißt, dass Motive, die ein Hakenkreuz beinhalten, aber gegen Nazis gerichtet sind (als Beispiel wird hier das in den Mülleimer geworfene Hakenkreuz angeführt) nicht strafbar sein sollen.

Ich denke, dass diese Broschüre für den Betroffenen sicherlich interessant sein dürfte. Und auch für seinen Anwalt – ich hoffe doch, dass er in die nächste Instanz gehen wird!

Die Broschüre heißt "Recht gegen Extremisten" und wurde herausgegeben vom Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz (Ernst-Ludwig-Straße 3, 55116 Mainz).

Ich versuche mal, die Broschüre als PDF hier einzufügen. Wenn's nicht klappt, kann sie ja beim Ministerium angefordert werden.

Viele Grüße,


Andreas

Kampf gegen Symbole

Guido Guerrillero 22.11.2005 - 22:55
Wenn die europäischen Regierungen und die EU-kommission meinen man könne den Rechtsextremismus bekämpfen in dem man ihre Symbole verbannt, die die Nazis erst noch einer anderen kultur geklaut haben, dann irren sie sich gewaltig.
Einem Hinduisten einem Buddisten für die, die Swastika (Hakenkreuz) ein Symbol des Glücks ist und vielfach auf ihrern Gräbern vorkommt zu verbieten,
ist völliger Unsinn. Der Rechtsextremismus kann nur wieder Aufflammen durch das Fehlverhalten der Politiker und Behörden. Auch ein verbot der NPD wäre
kontraproduktiv. Das würde deren Mitglieder dazu bewegen in den Untergrund zu gehen, und somit wären sie noch schlechter kontrollierbar, und es würde sie zu Märtyrern machen.

jung von matt benutzt es auch

elliot pank 24.11.2005 - 20:39
"Oliver Voss, Kreativdirektor bei der zuständigen Werbeagentur Jung von Matt und Texter des Slogans, erklärte, seine Arbeit stehe für das genaue Gegenteil nazistischer Ideologie. "Unser Spot ist Multikulti vom Feinsten", sagte er zu SPIEGEL ONLINE, "wir haben sogar durchgestrichene Hakenkreuze verwendet, um unsere Position klar zu machen.""
aus einem artikel über die "du bist deutschland" kampagne.
 http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,386544,00.html

Lesen bringt auch einem Gericht Vorteile

japanischer Tourist 06.12.2005 - 09:43
Die Entscheidung der württembergischen ProvinzrichterInnen ist hochgradig unjuristisch.
Verkehrsschilder sind überall nach internationaler Vereinbarung gestaltet und unterscheiden sich nur in unwesentlichen Kleinigkeiten.
Das dreieckige Schild "Vorsicht Bauarbeiten" z.B. zeigt in einigen Staaten einen Bauarbeiter vor einem Kieshaufen, in anderen Staaten sind dort zwei Kieshaufen abgebildet.
Oder das Schild "Achtung Steinschlag" zeigt in einigen Staaten nur herunterfallende Steinbrocken, in anderen Staaten zusätzlich noch Steinbrocken, die auf der Straße liegen.

Wer sich über Bücher wie "Reise-Know-How/ Tokio, Kyoto, Yokohama" (S. 36) oder "Polyglott-APA-Guide/ Japan" (Farbfoto auf S. 178) informiert oder bei der JAF (eine Art japanischer ADAC) die Broschüre "rules of roads" (über die Regeln des japanischen Straßenverkehrs) bestellt, der weiß, dass japanische TouristInnen selbstverständlich auch das durchgestrichene Hakenkreuz zweifelsfrei verstehen. Selbst die Verwendung des Swastikas als positiv bestztes Zeichen in weiten Teilen Asiens ändert nichts daran. Denn der Unterschied ist allen Menschen sofort klar, weil in religiösen Abbildungen das Swastika nicht alleine steht. Das Swastika im Hinduismus z.B. hat nicht den gleichen Stellenwert wie das Kreuz im Christentum.
Der Kontext erschließt sich jedem Menschen sofort und ist logisch zwingend gegeben.

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