Wahl 05: Kein Alkohol ist auch keine Lösung
Als "Die Linkspartei" treten sie nun zur vorgezogenen Bundestagswahl an, PDS und WASG. Mit Gregor Gysi und dem einstigen SPD-Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine an der Spitze. Darf dieses Projekt als links gelten? Können Sozialisten, Libertäre, Linke – oder wie immer sie sich nennen mögen, dieses Parteienbündnis wählen?
„Wenn Wahlen etwas verändern würden, wären Wahlen verboten.“ So haben wir es seit Jahrzehnten von Anarchisten und anderen Linken hören dürfen. Gleichzeitig haben diese Linken aber sehr wohl laut – und berechtigt – protestiert, wenn Nazis in Parlamente eingezogen sind, zuletzt die NPD in den Landtag Sachsens. Würden Wahlen und ihre Ergebnisse nichts verändern, hätten sich die Wahlverweigerer von links getrost zurücklehnen und das ganze „scheißbürgerliche Spektakel“ lächelnd beobachten können – mit oder ohne Nazis auf den Parlamentssesseln. Dass der Protest auch und gerade gegen parlamentarische Vertretungen des Rechtsextremismus stets sehr groß war, spricht dafür, dass links außen sehr wohl so ziemlich alle begriffen haben, dass Wahlen doch etwas verändern.
Diese Veränderung besteht aber nicht, wie uns Generationen von Sozial- und Gemeinschaftskundelehrer/innen einreden wollten, in einer wirklichen demokratisch organisierten Politikänderung. Vielmehr bleibt natürlich richtig, dass die ökonomisch Mächtigen auch die politisch Entscheidenden sind. Dennoch sind Wahlen nicht einfach nur Lug und Trug. Es entspringt der auch der bürgerlichen Demokratie innewohnenden Dialektik, dass Wahlen einerseits Ausdruck der Hegemonie bürgerlich-kapitalistischer Politikvorstellungen sind und zur Legitimierung der sich nicht grundsätzlich ändernden Herrschaftsverhältnisse abgehalten werden; andererseits zeigen sich in ihnen sehr wohl Veränderungen im ideologischen Bereich, die durch den Wahlerfolg oppositioneller Kräfte auch günstig beeinfluss werden können. So war insbesondere der Einzug der Grünen in die Parlamente ursprünglich der Ausdruck eines Bewusstseinswandels in breiten Bevölkerungsschichten. Dass die Gefahr der Kanalisierung von Protest und Widerstand in rein parlamentarische und damit ungefährliche Bahnen stets besteht, sei nicht geleugnet und wird durch das Beispiel der Grünen und zuvor der SPD eindeutig belegt. Nur geht es derzeit erst einmal darum, einen wirklich bemerkbaren sozialen Protest (wieder) herzustellen!
Wenn und solange PDS und WASG in der Öffentlichkeit als links, als sozialistisch wahrgenommen werden, sollten wir sie mit unserem schwächsten politischen Mittel – mit unserer Wahlstimme – unterstützen. Mit dem bekannten „kleineren Übel“, das laut Meinung der Jusos seit Jahrzehnten die SPD sei, hat dies nichts zu tun. Denn taktisch wählen bedeutet: die Wirkung, nicht das Programm wählen. Wer allerdings nur eine Partei mit der reinen und übergeschichtlichen Wahrheit wählen kann, der ist, dies sei zugegeben, mit diesem Vorschlag schlecht bedient und sollte es bei der MLPD etc. probieren. Oder eben nicht wählen.
PDS und WASG zu wählen heißt allerdings keinesfalls, in Die Linkspartei einzutreten! Dies ist aus taktischen Erwägungen nicht notwendig und aus politischen auch nicht vermittelbar.
Ratsam ist also eine Wahl der PDS/WASG ohne jede Illusion. Denn klar ist: Wenn kein außerparlamentarischer Druck entfaltet werden kann, schwindet auch jede positive parlamentarische Initiative. Eine als Linkspartei wahrgenommene Gruppierung im Bundesparlament könnte sich aber positiv auf eine außerparlamentarische Entwicklung auswirken, solange die Gefahr einer Regierungsbeteiligung nicht besteht. Diese positive Einflussnahme ist ganz klassisch zu sehen: als Sprachrohr durch Anfragen und Anträge, beim Beschaffen von finanziellen Mittel für Seminare und Konferenzen, als Anmelderin von Kundgebungen und Demonstrationen etc.; und indem eine öffentlich als links wahrgenommene parlamentarische Gruppierung dazu beiträgt, sozialistische Ideen wieder als möglich und diskutierbar in den öffentlichen Diskurs zu bringen.
Denn "Die Linkspartei" und außerparlamentarische linke Kräfte haben solange gemeinsame Interessen, wie die Partei nicht an die „Schalthebel der Macht“ darf; sobald sie ins Konzert der Etablierten aufgenommen wird, dürften die Gemeinsamkeiten vorbei sein. Bei der PDS gibt es zumindest Kräfte, die einem Mitsingen kritisch gegenüber stehen, wenngleich die Regierungsbeteiligung der Ost-Sozialisten z.B. in Berlin mehr als ernüchternd ist. Bei der WASG, die nicht viel mehr ist als die SPD von vor 15 Jahre, dürfte das schnell und reibungslos gehen. Wie gesagt: Stimmabgabe ist taktisch zu sehen, illusionslos, nur auf die eine konkrete Wahl bezogen. Beim nächsten Mal gelten eventuell neue Überlegungen. In Berlin z.B. wäre die PDS-Wahl nicht anzuraten.
Den linken Nichtwählern in ihrer teils satirisch angenehmen, teils zynisch abgehobenen Pseudo-Spassguerilla-Pose sei eine Textzeile der Toten Hosen zugerufen: „Kein Alkohol ist auch keine Lösung“; dies gilt auch für das Wählen.
Zum Weiterlesen:
www.w-asg.de
www.pds-online.de
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,361719,00.html
Diese Veränderung besteht aber nicht, wie uns Generationen von Sozial- und Gemeinschaftskundelehrer/innen einreden wollten, in einer wirklichen demokratisch organisierten Politikänderung. Vielmehr bleibt natürlich richtig, dass die ökonomisch Mächtigen auch die politisch Entscheidenden sind. Dennoch sind Wahlen nicht einfach nur Lug und Trug. Es entspringt der auch der bürgerlichen Demokratie innewohnenden Dialektik, dass Wahlen einerseits Ausdruck der Hegemonie bürgerlich-kapitalistischer Politikvorstellungen sind und zur Legitimierung der sich nicht grundsätzlich ändernden Herrschaftsverhältnisse abgehalten werden; andererseits zeigen sich in ihnen sehr wohl Veränderungen im ideologischen Bereich, die durch den Wahlerfolg oppositioneller Kräfte auch günstig beeinfluss werden können. So war insbesondere der Einzug der Grünen in die Parlamente ursprünglich der Ausdruck eines Bewusstseinswandels in breiten Bevölkerungsschichten. Dass die Gefahr der Kanalisierung von Protest und Widerstand in rein parlamentarische und damit ungefährliche Bahnen stets besteht, sei nicht geleugnet und wird durch das Beispiel der Grünen und zuvor der SPD eindeutig belegt. Nur geht es derzeit erst einmal darum, einen wirklich bemerkbaren sozialen Protest (wieder) herzustellen!
Wenn und solange PDS und WASG in der Öffentlichkeit als links, als sozialistisch wahrgenommen werden, sollten wir sie mit unserem schwächsten politischen Mittel – mit unserer Wahlstimme – unterstützen. Mit dem bekannten „kleineren Übel“, das laut Meinung der Jusos seit Jahrzehnten die SPD sei, hat dies nichts zu tun. Denn taktisch wählen bedeutet: die Wirkung, nicht das Programm wählen. Wer allerdings nur eine Partei mit der reinen und übergeschichtlichen Wahrheit wählen kann, der ist, dies sei zugegeben, mit diesem Vorschlag schlecht bedient und sollte es bei der MLPD etc. probieren. Oder eben nicht wählen.
PDS und WASG zu wählen heißt allerdings keinesfalls, in Die Linkspartei einzutreten! Dies ist aus taktischen Erwägungen nicht notwendig und aus politischen auch nicht vermittelbar.
Ratsam ist also eine Wahl der PDS/WASG ohne jede Illusion. Denn klar ist: Wenn kein außerparlamentarischer Druck entfaltet werden kann, schwindet auch jede positive parlamentarische Initiative. Eine als Linkspartei wahrgenommene Gruppierung im Bundesparlament könnte sich aber positiv auf eine außerparlamentarische Entwicklung auswirken, solange die Gefahr einer Regierungsbeteiligung nicht besteht. Diese positive Einflussnahme ist ganz klassisch zu sehen: als Sprachrohr durch Anfragen und Anträge, beim Beschaffen von finanziellen Mittel für Seminare und Konferenzen, als Anmelderin von Kundgebungen und Demonstrationen etc.; und indem eine öffentlich als links wahrgenommene parlamentarische Gruppierung dazu beiträgt, sozialistische Ideen wieder als möglich und diskutierbar in den öffentlichen Diskurs zu bringen.
Denn "Die Linkspartei" und außerparlamentarische linke Kräfte haben solange gemeinsame Interessen, wie die Partei nicht an die „Schalthebel der Macht“ darf; sobald sie ins Konzert der Etablierten aufgenommen wird, dürften die Gemeinsamkeiten vorbei sein. Bei der PDS gibt es zumindest Kräfte, die einem Mitsingen kritisch gegenüber stehen, wenngleich die Regierungsbeteiligung der Ost-Sozialisten z.B. in Berlin mehr als ernüchternd ist. Bei der WASG, die nicht viel mehr ist als die SPD von vor 15 Jahre, dürfte das schnell und reibungslos gehen. Wie gesagt: Stimmabgabe ist taktisch zu sehen, illusionslos, nur auf die eine konkrete Wahl bezogen. Beim nächsten Mal gelten eventuell neue Überlegungen. In Berlin z.B. wäre die PDS-Wahl nicht anzuraten.
Den linken Nichtwählern in ihrer teils satirisch angenehmen, teils zynisch abgehobenen Pseudo-Spassguerilla-Pose sei eine Textzeile der Toten Hosen zugerufen: „Kein Alkohol ist auch keine Lösung“; dies gilt auch für das Wählen.
Zum Weiterlesen:
www.w-asg.de
www.pds-online.de
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,361719,00.html
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Ergänzungen
und nu?
Scheiße, wa?
Es gibt nur eine Wahl...
VS lässt die NPD die PDS/Wasg unterwandern
PS: übigens wurden die Brandenburger NPD-Strukturen nach Anwesiungen von Jörg Schönbohm erst aufgebaut ( http://www.inforiot.de/thema/vs.php)
Antwort zu: und nu?
Daher ist auch nicht von einer Unterwanderung im Auftrag des Verfassungsschutzes auszugehen. Die Unterwanderung wird einfach garnicht stattfinden, wohl aber der Medienhype.
Wenn nicht wählen etwas verändern würde...
ach ja, und
@Martin Bayer: Dein wort in Karls Ohr. Aber Oskars "Fremdarbeiter" und die Standortnationalismen vieler Alt-PDSler zeigen, daß die Überlegung zumindest Händchen und Füßchen hat; '31 in Berlin ging das ja auch ganz prima.
Und angesichts des Titels...
"Kein Alkohol ist auch keine Lösung"
darum VORWÄRTS mit der APPD/PARTEI!
Gegen Lafaontaine
PDS-Chef Bisky Lafontaine verteidigt Lafontaine dennoch in der Berliner Zeitung v. 02.07.05: "Einen Mann wie Lafontaine in Richtung Fremdenfeindlichkeit oder gar Rechtsextremismus drücken zu wollen, halte ich für Dreckschleuderei. Das geht völlig an seinem Leben vorbei."
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/politik/462572.html
Aus Sicht einer Flüchtlingsorganisation stellt sich die Frage, ob eine WASG bzw. PDS mit solchen Demagogen noch wählbar ist.
++++++
Oskar Lafontaine trat bereits in den 80er Jahren in seiner Rolle als OB der Stadt Saarbrücken - lange vor Inkraftreten des AsylbLG - konsequent für Sachleistungen und große Sammellager für Asylbewerber ein.
Als Ministerpräsident des Saarlandes war er seit 1989 der erste, der die Abschaffung des Asylgrundrechtes forderte, noch vor Bundeskanzler Kohl, der diese Forderung erst ein Jahr später äußerte. Er trieb die Asyldebatte in der Öffentlichkeit und innerhalb der SPD konsequent voran. Bereits 1990 wurde ihm dafür vom Flüchtlingsrat Berlin das "Steinerne Herz" verliehen.
1992 - anlässlich der von der Polizei geduldeten rassistischen Pogrome gegen asylsuchende Roma und vietnamesische Vertragarbeiter in der PDS-Hochburg Rostock-Lichtenhagen - kippte dann die Position innerhalb der SPD. Der Asylkompromiss und die 1993 erfolgten Einschränkungen des Asylgrundrechts sind maßgebliche Verdienste von Oskar Lafontaine.
2004 unterstützt Lafontaine die Schily-Vorschläge zur Einrichtung von Asyllagern in Nordafrika. Vgl. dazu den Bericht von Ulla Jelpke in der Jungen Welt v. 05.08.04
http://www.jungewelt.de/2004/08-05/011.php
Ebenfalls 2004 http://www.welt.de/data/2004/05/18/279496.html und erneut in der TAZ letzter Woche http://www.taz.de/pt/2005/06/28/a0146.nf/text relativierte er im Zusammenhang mit dem Fall Daschner das Folterverbot. Zudem beklagt er, amgesprochen auf seine "Fremdarbeiter" Rede, dass "das Problem der Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte nicht geregelt" sei.
Lafontaine geht auch im Ausländer-Kapitel in seinem jüngsten Buch ("Politik für alle") in die Vollen, gewollt und unmissverständlich im Rahmen seiner Kritik an der Globalisierung. Zuwanderer hätten keine besonders guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt, seien oft von sozialen Leistungen abhängig, und nach der Bilanz eines Bundesministeriums seien "Isolation, Drogenkonsum, Aggression sowie eine mangelnde Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft" die Folgen. Er beklagt das Nichtgelingen der Integration.
zitiert nach FR v. 02.07.05,
http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/nachrichten/?cnt=6
95190
Siehe auch Junge World vom 22.06.05 Oskar für alle - Ob rechts, ob links, Oskar Lafontaine hat für jeden etwas im Angebot. Er fordert weniger Zuwanderung, weniger Finanzkapital und mehr Staat.
http://www.jungle-world.com/seiten/2005/25/5729.php
"...Auch seine Ideen vom Sozialstaat dürften wenig damit zu tun haben, was sich so manches Mitglied der PDS oder der Wasg erträumt. Ende der achtziger Jahre trat er für Wochenendarbeit und für eine »Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich« ein, eine Forderung, die er in der vorigen Woche im Interview mit der Süddeutschen Zeitung wiederholte. ... »Eine angebotene Arbeit muss angenommen werden. Sonst wird die Sozialhilfe gekürzt«, drohte er im Juli 1998 in Bild."
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Nur eine Partei — Erwin Scholz