Mexiko: warum erklaert die EZLN "Roten Alarm"

anro 21.06.2005 17:28 Themen: Globalisierung Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Die EZLN, bekannt vom ersten Indigenen Aufstand gegen das Nordamerikanische Freihandelsabkommen 'NAFTA' mit dessen Inkrafttreten am 1.1.1994, und bekannt auch von dem ersten Intergalaktischen Treffen in Chiapas 1996, der Keimzelle von Peoples' Global Action, hat am Sonntag den 19. Juni 2005 einen "generellen roten alarm" erklaert.
In diesem Zusammenhang muss ich den *Plan Puebla-Panama* in Erinnerung rufen. Dieser Plan gilt offiziell als ein wirtschaftliches Entwicklungsprojekt fuer Mittelamerika, konkret fuer die Region zwischen 'Puebla', eine Mexikanische Provinz suedlich der Hauptstadt, und dem Staat Panama.

In Wirklichkeit aber handelt es sich um ein Ausbeutungsprojekt sondergleichen. Die gesamte Region ist ueberreich an natuerlichen Ressourcen:

1.Wasser:
Gigantische Staudammprojekte sind geplant bzw. bereits in Bau bzw. bereits fertiggestellt

2. Rohstoffe ('hydrocarburos' - sprich erdoel und -gas):
zur Erschliessung der Oel- und Gasvorkommen wird das zur Zeit noch unzusammenhaengende Pipeline-Netz ausgebaut, so dass es in Zukunft durchgehende Pipelines von Bolivien/ Peru/ Kolumbien/ Ecuador/ Venezuela bis nach Texas geben soll

3. Biodiversitaet:
Die Region gwehoert zu jenen mit der hoechsten Biodiversitaet weltweit. Agro- und Pharmakonzerne haben ein grosses Interesse daran, diese auszubeuten und insbesondere fuer Zwecke der Gentechnologie und der Medizin zu verwenden.

4. Internationaler Transport:
Da der Panama-Kanal fuer den Welthandel laengst zu einem Engpass geworden ist, sind weitere Kanaele (als wasserstrasse und/oder als Highway) in Planung.

Um all diese "wunderschoenen" "Entwicklungsprojekte" durchsetzen zu koennen, steht allerdings eines im Weg: die ansaessige Bevoelkerung, insbesondere die "Ureinwohner", sprich die Indigenas.

Das es bei Staudammprojekten zu Vertreibungen aus fruchtbaren Talgruenden in unfruchtbare Bergregionen kommt liegt auf der Hand, aber auch in den sogenanntan "Naturreservaten", die in zunehmendem Masse zum "Erhalt" der Biodiversitaet eingerichtet werden, haben sie nichts verloren.

Die Wunschvorstellung der Plaeneschmiede ist, dass diese ja Arbeit finden Koennen in den Umschlagplaetzen, die an den Kuesten, wo die Wasser- bzw."trockenkanaele" Enden,im entstehen sind.

Diese Umschlagplaetze werden aber zugleich sogenannte Sonderwirtschaftszonen sein, in denen nationale Bestimmungen, z.b.zum Arbeits-oder Umweltschutz aufgehoben sein werden. Anders formuliert handelt es sich um nichts anderes als um moderne Sklavenkolonien.

Solche Vertreibungen, einhergehend mit der Zerstoerung der Doerfer, finden bereits statt, v.a.in Mexiko. Offensichtlich steht wieder eine neue Vertreibungswelle bevor, Grund genug fuer die EZLN "Roten Alarm" auszuloesen...

anro


mehr Information:
 http://chiapas.indymedia.org/
 http://mexico.indymedia.org/

Plan Puebla-Panama:
 http://www.nadir.org/nadir/initiativ/agp/free/colombia/puebla/

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CCRI-CG EZLN Red Alert: Communiqué from the Clandestine Revolutionary Indigenous Committee
CCRI-CG/EZLN Fecha: 11:09pm Lunes 20 Junio 2005
 http://chiapas.indymedia.org/display.php3?article_id=113783

Communiqué from the Clandestine Revolutionary Indigenous Committee - General Command of the Zapatista Army of National Liberation.

Mexico.

June 19, 2005

To the People of Mexico:
To the Peoples of the World:

Brothers and Sisters:

As of today, the Zapatista Army of National Liberation has declared, throughout all rebel territory, a

GENERAL RED ALERT

Based on this, we are informing you:

First - That at this time the closure is being carried out of the Caracoles and the Good Government Offices which are located in the zapatista communities of Oventik, La Realidad, Morelia and Roberto Barrios, as well as all the headquarters of the authorities of the different Rebel Zapatista Autonomous Municipalities.

Second - That also being carried out is the evacuation of the members of the different Good Government Juntas and the autonomous authorities, in order to place them in shelter. Now, and for an indefinite time period, they will be carrying out their work in a clandestine and nomadic manner. Both the projects as well as the autonomous government will continue functioning, although under different circumstances than they have been up until now.

Third - That basic community health services will continue functioning in the different Caracoles. Civilians will be in charge of these services, and the CCRI-CG of the EZLN is distancing them from any of our future actions, and we are demanding that they be treated as civilians and with respect for their life, liberty and goods by government forces.

Fourth - That there has been a call-up of all members of our EZLN who have been engaged in social work in the zapatista communities and those of our regular troops who have been in their barracks. In a similar fashion, all broadcasts by Radio Insurgente, "The Voice of Those Without Voice", in FM and in short wave, have been suspended for an indefinite period of time.

Fifth - That, simultaneous with the publication of this communiqué, national and international civil societies who are working in peace camps and in community projects are being urged to leave rebel territory. Or, if they decide freely of their own volition, they remain on their own and at their own risk, gathered in the caracoles. In the case of minors, their departure is obligatory.

Sixth - That the EZLN announces the closing of the Zapatista Information Centre (CIZ), not without first thanking the civil societies who have participated in it, from the time of its creation until today. The CCRI-CG of the EZLN formally releases these persons from any responsibility for the future actions of the EZLN.

Seventh - That the EZLN releases from responsibility for any of our future actions all persons and civil, political, cultural, citizens and non-governmental organizations, solidarity committees and support groups who have been close to us since 1994. We thank all of those who have, sincerely and honestly, throughout these almost 12 years, supported the civil and peaceful struggle of the zapatista indigenous for the constitutional recognition of indigenous rights and culture.

Democracy!
Liberty!
Justice!

From the Mountains of the Mexican Southeast.
By the Clandestine Revolutionary Indigenous Committee - General Command of the Zapatista Army of National Liberation.

Subcomandante Insurgente Marcos

Mexico, in the sixth month of the year 2005.
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Ergänzungen

sogar NTV berichtet

fight ! 21.06.2005 - 19:21
 http://www.n-tv.de/546705.html
...hat aber auch keine Gründe. Der PPP(s.o.) ist grundsätzlich ein wichtiger Background aber was genau geschehen ist dass der rote Alarm ausgelöst wurde bleibt unklar.
Mainstream news in Mexiko sprechen von einer "Marcos-typischen Show"(auch dass es ein Intervenieren in den Wahlprozess sei wird dort angenommen); andere Medien weisen auf die "militärische Schwäche der Guerilla" hin und überall in dieser Informationskategorie ist von Entwarnung zu lesen.
Auf linken Websites hingegen werden erste Kommentare zu einer Massenmobilisation veröffentlicht.
Die Spannung steigt, hoffen wir das Beste, nämlich das die Hoffnung nicht stirbt, da wo sie vor 11 Jahren neugeboren wurde.
JedeR kann dazu beitragen...



Die Gruende bleiben vage

anro 21.06.2005 - 21:05
Beim Versuch, Hintergruende fuer die Erklaerung von EZLN zu finden, bin ich bei Indy Brasil fuendig geworden, aber es bleibt vage.

Ein Artikel berichtet ueber die Raeumung zweier Camps (ich frage mich, was fuer camps?) in Chiapas durch das mexikanische Militaer

pt:  http://www.midiaindependente.org/pt/blue/2005/06/320616.shtml
es:  http://www.chiapas.indymedia.org/display.php3?article_id=113762

auf folgender seite versuche ich, beitraege zu sammeln:
 http://www.nadir.org/nadir/initiativ/agp/free/mexico/2005/
waere dankbar fuer weitere tips!
anro

5.: "Drogen"

anro 21.06.2005 - 22:14
Wie in einer Anmerkung zum Hauptartikel "Chiapas: Zapatista lösen 'Roten Alarm' aus" richtig gesagt, geht es natuerlich auch um Drogen. Innerhalb der grossen Biodiversitaet gibt es natuerlich auch alles Moegliche, das zur Drogenherstellung geeignet ist, v.a. Koka.

"Plan Colombia", "Plan Puebla-Panamá", ALCA (FTAA) und so weiter sind eng miteinander verknuepft.

Zwar firmiert insbesondere der 'Plan Colombia' als Drogenbekaempfungsmassnahme, doch werden keine ernsthaften Unternehmungen in Angriff genommen, die Drogenmafia zu bekaempfen. Vielmehr werden milliarden von Dollars in die Aufruestung des Kolumbianischen Militaers gepumpt, und die "Fumigaciones" sind nichts anderes als ein ABC-Krieg gegen die Bevoelkerung, es werden Chemiewaffen "erprobt" die weit jenseits der Genfer Konvention Liegen.

Mag sein dass dadurch viele Koka-Felder zerstoert werden, aber auf jeden Fall auch alle andere Flora und Fauna, sprich, die Lebensgrundlagen der Landbevoelkerung.

Es gibt gezielte (Luft- und Boden-)Angriffe auch auf Doerfer von Cocabauern, also gegen das letzte Glied in der Kette.

Dass es in Afghanistan als auch im Kosovo evtl. auch um Drogen ging (Beide Laender sind bis Heute Hauptanbauregionen bzw. Umschlagplaetze) sei mal "verschwoerungstheoretisch" nur so dahingestellt...

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