kiel: "ALTE MEIEREI DURCHSETZEN!" AuftaktAktion

susanne schröder 04.05.2005 14:30 Themen: Freiräume
die saison in kiel ist eröffnet: auftaktaktion"sofademo"
das politische kulturzentrum und wohnprojekt alte meierei ist erneut bedroht, und zwar existenziell. im langwierigen konflikt zwischen meierei und stadtverwaltung/-regierung, kündigte jetzt das ordnungsamt an, ab dem 12.05.05 die bisher geduldeten veranstaltungen und konzerte polizeilich zu unterbinden. in diesem zusammenhang droht uns die kündigung des nutzungsvertrages und somit folgend eine RÄUMUNGsklage.
dagegen demonstrierten rund 70 menschen am 28.04.05 relativ spontan in kiels innenstadt.
Für die alte meierei und für linksalternative, selbstverwaltete projekte überall, nahmen wir uns donnerstagnachmittag in der fussgängerInnenzone raum und gestalteten diesen nach eigenem belieben. bei strahlender sonne, kaffee und kuchen, guter laune und musik verteilten wir flugblätter, hängten transparente auf und genossen auf teppichen, sofas und sesseln
das gute wetter. über dreieinhalb stunden machten wir auf uns und unsere forderungen aufmerksam und stiessen sogar zum teil auf possitive resonanz.
kurz nach beginn kamen die ersten zwei bullen, die sich auch gleich das flugblatt durchgelasen haben. nach "disskusionen" mit ihnen wegen rechtlicher grundlage und anzweiflungen der spontanität dieser aktion und nach anschliessener spontaner anmeldung durch einen genossen, hielten sich die bullen im hintergrund und schauten uns beim sonnenbaden, kuchen essen, tee oder kaffee trinken und öffentlichkeit schaffen, zu.

NEWS und konzert-TERMINE unter : altemeierei.de
MEIEREIVOLLVERSAMMLUNG : 05.05.05, 17:00 uhr, alte meierei
"SOFADEMO" die 2. : 10.05.05, 15:00 uhr, venetaplatz
Überregionale MEIEREIDEMO! : 04.06.05, 13:00 uhr, asmus-bremer-platz
tag M:spontandemo : samstag , 12:00 uhr, asmus-bremer-platz,
nach erstem eventuellem Polizeieinsatz gegen die Alte Meierei

weitere Aktionen sind in Planung

flugblatt zur aktion:

alte meierei durchsetzen !

Die füsse hochlegen, einfach ein wenig rumhängen, es sich gemütlich
machen....
eigentlich sind die zeiten nicht so, als das gerade wir uns müssiggang
leisten könnten.
trotzdem könnte es sinn machen, gegen effizientswahn und
turbo-kapitalismus, flexibilität bis zur kompletten selbstaufgabe und
der hoffnung, bis zum lebensende schuften zu können, ein bollwerk zu
errichten aus sofas und kuchen, symbole der gemütlichkeit und des
abschaltens.
natürlich ist das leben auf dem sofa kein besseres, und eine perspektive
liegt auch nicht darin, aber: in der ellenbogengesellschaft um ein
bisschen wohlstand und sicherheit zu strampeln führt auch nicht ins
glück... so wollen wir nicht leben!

wir brauchen unsere gemeinsamen nieschen und wir wissen darum zu kämpfen.
und in diesen kämpfen liegt unsere hoffnung: zueinander finden,
gemeinsame wünsche artikulieren und sich darum kümmern.
im falle der meierei geht´s erstmal nur um unsere konzerte und das gute
wohnen. nichts was nicht auch anders möglich wäre.
aber die meierei ist unser haus. wenns gut läuft entwickeln wir hier
unsere ideen zur überwindung dieser menschenverachtenden gesellschaft,
sind eine keimzelle sich ausbreitender alternativen weltweit und ein
betätigungsfeld für viele, die es jetzt schon besser machen wollen...
die alte meierei ist in kiel der letzte rest selbstorganisierter und
antikapitalistischer gegenkultur.
nun will die obrigkeit auch diesen letzten freiraum aus dem stadtbild
beseitigen.

durch plakate und flugblätter in der stadt, artikel in zeitungen und
internet, aktionen und demos auf der strasse und durch den besuch von
konzerten, dem cafe oder infoveranstaltungen ist die alte meierei
wahrzunehmen. gerade jetzt ist es um so wichtiger, dass die meierei
wahrgenommen wird und vielfältige unterstützung von vielen erhält,
denn ihre existenz ist massivst bedroht durch die stadtregierung und
ihren handlangern. bedrohung seitens der stadt ist nicht neu, sondern
erstreckt sich schon über jahre mit unterschiedlicher intensität hinweg.
aktuell steht das ganze meiereiprojekt auf dem spiel. dieses definiert
sich neben dem wohnprojekt massgeblich durch den öffentlichen Raum.
der öffentliche raum umfasst eine recht grosse konzerthalle, ein cafe,
bandproberäume... . in diesen wird subkultur und linksalternative
politik betrieben. die alte meierei, die schon seit über 20 jahren
besteht, ist in kiel der letzte öffentliche raum seiner art, nachdem
kiels besezte häuser geräumt wurden und dessen ausweichprojekte von
denen die meierei, das letzte verbliebene ist, ebenfalls plattgemacht
wurden. plattgemacht werden, soll auch die meierei, wie alles was sich
ausser-ordentlich, widerständig und systemkritisch organisiert.
hauptpfeiler der meierei sind kollektive selbstverwaltung und
unkommerzialität. das beinhaltet den anspruch gleichberechtigt und
antihierarchisch miteinander umzugehen und daraufaufbauend strukturen
entstehen zu lassen.

zentrale struktur in dem sinne ist das
nutzerInnen-plenum der alten meierei. in diesem wird nicht nur der
öffentliche raum zusammen verwaltet(finanzierung, instandsetzung,
umbauten...),sondern auch der kampf gegen den angriff auf die meierei
organisiert.
unkommerziältät in der alten meierei sieht in der praxis so aus, das
jegliche veranstaltung , wie z.B konzerte, sich entgegen kapitalistischer
verwertungslogik bewegen und auf eigenverantwortung und selbstbestimmung
basieren. konkreter: kein mensch bereichert sich finanziell an den
veranstaltungen.
es gibt keine finanzielle entlohnung für die menschen
die sich in dem projekt einbringen. die eintrittspreise decken die
unkosten und werden möglichst niedrig gehalten, so das kultur für alle
bezahlbar ist. wir sehen kultur nicht als eine ware, welche konsumiert
wird, sondern als einen lebendigen prozess in dem mensch sich einbringen
kann. menschen denen der gesellschaftliche reichtum vorenthalten wird,
und die nur mit wenig oder garkein geld haushalten müssen, werden in der
meierei nicht ausgeschlossen oder ausgegrenzt, wie in konvenzionellen
veranstaltungsorten, wo mensch kein zutritt findet oder rausgeschmissen
wird, nach gesellschaftlicher ideologie: wer nicht arbeitet, soll auch nicht
essen, wer kein geld hat soll auch nicht kultur erleben. unabhängig von
mainstream und leitkultur ermöglicht die meierei nach eigenen bedürfnissen und
eigenen intressen gestaltungsraum.
konzertgruppen und jedermensch, die/der nicht entgegen der
meiereigrundsätze wirkt, kann selbstbestimmt und selbstorganisiert
die meierei mit leben füllen.

das politisches intresse der obrigkeit, nämlich absicherung und ausbau ihrer
macht und authoritätund die aufrechterhaltung ihres lebensfeindlichen und
-zerstörerischen systems, wird mit gewalt durchgesetzt. diffamierende hetze,
folgende kriminalisierung und repression, räumungen und zerstörung sind ihre
mittel gegen projekte, wie z.b. die alte meierei vorzugehen.
seit je her hat ihre praxis kontinuität, sowohl geschichtlich, als auch in der
gegenwart,wurden rechtsfreieräume, wie kiels oberbürgermeisterin unsere
hausprojekte und wagenplätze betitelt, beseitigt (in kiel zuletzt der
wagenplatz timmerberg). projekte mit emanzipatorischen ansätzen, die sich den
kampf gegen unterdrückische verhältnisse und herrschaftsanspruch auf die
fahnen
schreiben, gilt unsere solidarität und verbundenheit. wie z.b. den geräumten
hamburger wagenplätzen, bambule und wendebecken, dem bedrohten wagenplatz
hennriette und den bedrohten projekten, soziales zentrum norderstedt, polit-
und kulturzentrum wally in lübeck und yorckstr 59 in berlin... .
nicht nur in deutschland, sondern europa- und weltweit müssen sich projekte
und
soziale bewegungen gegen solche bzw. ähnliche zustände wehren und durchsetzen.

unsere antwort heisst widerstand
unsere waffe solidarität.

aber: Wir lassen uns die Meierei nicht nehmen!

Verarschung und Heuchelei seitens der Stadt Kiel nehmen im Konflikt um
die Alte Meierei weiter ihren Lauf. Auf Runden Tischen und Verhandlungen
erzielte Übereinkünfte werden nicht eingehalten, gemachte Zusagen werden
gebrochen - die Ratsversammlung weigert sich, irgendeine Entscheidung zu
fällen und erteilt damit indirekt dem Ordnungsamt den Auftrag,
polizeistaatlich gegen das unkommerzielle und selbstverwaltete Zentrum
vorzugehen. Das Durchführen von Veranstaltungen ist bereits
ordnungsamtlich untersagt und es ist eine Frage der Zeit, wann die
ersten Polizeiwannen vor der Meierei auffahren werden.
Mit einem Brief vom Ordnungsamt verließ die Stadt Kiel im März den
abgesprochenen Weg, eine gemeinsame Lösung für den Fortbestand der Alten
Meierei zu finden. In dem Schreiben wird der Antrag auf die Erteilung
einer gaststättenrechtlichen Konzession abgelehnt. Veranstaltungen sind
seitdem untersagt. Begründet wird die Entscheidung unter Anderem damit,
dass die erforderlichen Brandschutzmaßnahmen nicht umgesetzt worden seien.

Im Februar letzten Jahres entschieden wir uns aufgrund der angedrohten
Schließung der Alten Meierei, der Forderung der Stadt Kiel nachzugeben
und eine Konzession zu beantragen. Vor einigen Monaten dann hatten wir
uns in Verhandlungen mit dem Ordnungsamt und der Immobilienwirtschaft
auf ein Umsetzungs- und Finanzierungskonzept bezüglich der für eine
Konzession erforderlichen Arbeiten geeinigt. Dazu kam es auch, weil die
Stadt wegen entsprechender Passagen im Nutzungsvertrag verpflichtet ist,
sich an der Finanzierung solcher Baumaßnahmen zu beteiligen. Das
Ergebnis der Verhandlungen mit dem Vermieter war, dass die Stadt 60.000
der geschätzten 75.000 Euro Umbaukosten übernimmt und der Rest in
Eigenarbeit von den NutzerInnen der Alten Meierei erledigt wird. Der
weitere Verlauf sollte so aussehen, dass dieses Konzept durch
Bauausschusssitzung und Ratsversammlung wandern sollte, um die
entsprechenden finanziellen Mittel genehmigt zu bekommen. So weit ist es
jedoch bis heute nicht gekommen. Eine um die andere Bauausschusssitzung
verging, ohne dass irgendetwas bezüglich dieses Antrags entschieden
worden wäre. Das nun der Konzessionsantrag abgelehnt wurde, ohne das
auch nur ein Teil der Absprachen von Seiten der Stadt eingehalten worden
wäre, ist eine Verarschung, die nach der monatelangen Verschleppung des
Themas seitens der Stadt allerdings nicht völlig überraschend kommt.
Nach unserer Einschätzung wird die Ratsversammlung die Gelder trotz der
geringen Höhe nicht bewilligen - nicht wegen des Geldes sondern aus
politischen Gründen. Diese Einschätzung bestätigten am 18. April auf
einem neuerlichen Treffen mit Ämtervertretern sowohl das Ordnungsamt als
auch die Immobilienwirtschaft. Beide sind der Ansicht, das die
„Politik“ nicht wegen der Geldsumme sondern aus politischen Gründen eine
Finanzierung der Baumaßnahmen ablehnen werde.
Zur „Rettung“ der Alten Meierei brachte die Immobilienwirtschaft auf
besagtem Treffen einen sogenannten „Kompromissvorschlag“: Es bestünde
noch Hoffnung für den Weiterbestand der Alten Meierei, wenn wir auf die
kulturelle Nutzung verzichteten und uns ausschließlich auf's Wohnen
zurückziehen würden. Dieser Vorschlag ist natürlich alles andere als ein
Kompromissangebot, wenn wir die Geschichte des Konfliktes seit den
Auseinandersetzungen um den Schallschutz betrachten: Immer wurde uns
erzählt, niemand wolle die Alte Meierei weghaben, es ginge
ausschließlich um zuerst den Lärm, dann um die Sicherheit und um
ordnungs- und konzessionsrechtliche Pflichten - oder wie es die Grünen
formulierten: „Habt ihr denn wirklich etwas gegen saubere Klos?“....

Besagter „Kompromissvorschlag“ - Umwandlung der Meierei in ein reines
Wohnprojekt - wurde von uns natürlich abgelehnt, da wir die Meierei als
kulturelles und politisches Zentrum erhalten wollen.

Wir hatten als NutzerInnen-Plenum trotz vieler Widersprüche und mit
vielen Bauchschmerzen den Forderungen der Stadt nach einem
Konzessionsantrag nachgeben. Genutzt hat es nichts. Mittlerweile ist
offensichtlich, was viele von Anfang an dachten: Jetzt, wo alle
Forderungen der Verwaltung von uns erfüllt wurden und die
Ratsversammlung am Zug ist, passiert nichts. Die PolitikerInnen weigern
sich, eine Entscheidung zu fällen und schieben den Ball durch ihr
Nichtstun wieder auf die ordnungsamtliche Ebene zurück: Kulturelle
Veranstaltungen sind mittlerweile verboten und es ist nur noch eine
Frage der Zeit, wann das Ordnungsamt uns die ersten Polizeitruppen auf
den Hals schickt, um unsere Veranstaltungen mit Gewalt zu beenden.

Die aktuelle Entwicklung, die unweigerlich zur Schließung der Alten
Meierei führen würde, ist nur durch starken öffentlichen Druck zu
stoppen. Wir werden uns die Meierei nicht widerstandslos von heuchelnden
und verlogenen PolitikerInnen nehmen lassen. Wir werden den Konflikt um
die Meierei wieder auf die Straße tragen, und wir appellieren an eure
Solidarität. Nur mit der Unterstützung aller Menschen, denen der Erhalt
des unabhängigen, unkommerziellen und selbstverwalteten Projekts Alte
Meierei am Herzen liegt, können wir den Kampf um die Meierei gewinnen.
Deshalb ist es wichtig, das ihr den aktuellen Stand der Dinge
weiterverbreitet und auch auf euren Kanälen mithelft, den Druck auf die
Stadt Kiel wieder zu erhöhen.
Beteiligt euch an den Aktionen zum Erhalt der Meierei!
Macht die Meierei zum Thema, wo immer ihr seid!
Überlegt euch selbst Aktionen, hängt Transparente auf, macht Aufkleber, malt
Graffittis!


Die Stadt Kiel fordern wir auf, die gemachten Zusagen einzuhalten und
uns endlich eine politische Bestandsgarantie zu geben - anstatt den
Konflikt mit Polizeigewalt zu „lösen“!

Meierei bleibt!
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Ergänzungen

lala

la 05.05.2005 - 23:47
Aber echt, allein ein Blick auf die Meierei-Seite reicht schon: In der Solibox ist, wie der Name schon sagt, immer etwas zu finden, das von der Meierei unterstützt wird...

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