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Mittenwald 2005 endlich weg damit

Brendtengegener 10.03.2005 23:49 Themen: Antifa
Brendtenfeier schadet Tourismus"
Fremdenverkehrs-Chef Klaus Ronge löst Diskussion aus
VON WERNER SCHIMA Mittenwald - Tourismusdirektor Klaus Ronge wendet sich
gegen die Brendtenfeier des Kameradenkreises der Gebirgstruppe in ihrer derzeitigen Form: "So schadet sie dem Mittenwalder Tourismus." Im
Kameradenkreis stößt er damit auf Unverständnis, in der Gemeinde findet
Ronge Unterstützung für seinen Vorstoß.
An Pfingsten ist es wieder soweit. Während am Hohen Brendten der Toten gedacht wird, ziehen Demonstranten von der Polizei eskortiert durch die Marktgemeinde. "Bei dem, was uns wieder bevorsteht, müssen wir jetzt darüber reden, ob wir nicht an der Form der Brendten-Veranstaltung etwas ändern müssen", sagt Ronge. In der Gemeinde findet er damit Gehör. Der Tourismusausschuss unterstützt Ronges Position einstimmig. Auch Mittenwalds Zweiter Bürgermeister Georg Gschwendtner kann Ronges Vorstoß verstehen: "Die
Demonstrationen schaden dem Fremdenverkehr."
Beim Kameradenkreis der Gebirgstruppe hat man dagegen wenig Verständnis."Reden kann man ja über alles, aber Ronge ist nie auf uns zugegangen", sagt deren Präsident Oberst Manfred Benkel. Das Problem seien schließlich nicht die Gebirgsjäger, die heuer im 48. Jahr der Toten der Kriege gedenken würden, sondern "linke, postkommunistische Gruppierungen", die demonstrierten. Die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" (VVN), die zu den Demonstrationen aufruft, will aber laut Landessprecher Nordrheinwestfalen, Ulrich Sander, so lange weitermachen, "bis die verbrecherische Tradition der Gebirgsjäger aufhört". Demonstrationen für Pfingsten seien schon wieder ordnungsgemäß angemeldet worden. "Wir werden heuer wieder mit noch lebenden Opfern der Wehrmachts-Gebirgsjäger an Pfingsten nach Mittenwald kommen", sagt Sander.
Keine der beiden Seiten ist zu einem Kompromiss bereit. Doch eine
einvernehmliche Lösung würde sich Bürgermeister Gschwendtner wünschen: "Wir stehen als Gemeinde zu den aktiven Soldaten." Aber die Medien würden deutschlandweit über die Demonstrationen berichten und damit dem Image der vom Tourismus lebenden Marktgemeinde schaden. "Ich würde mir eine Friedensveranstaltung wünschen, die die Brücke zur Aktualität schafft", sagt Gschwendtner. Wieso gedenke man nicht aller Kriegsopfer, auch der der UN-Einsätze? Verständnis für die Sorgen der Gemeinde zeigt auch der Standortälteste der Bundeswehr in Mittenwald, Oberstleutnant Rainer Stähler: "Das ist eine Belastung für Mittenwald." Abschaffen möchte er die Brendtenfeier aber nicht, nur verschieben. Stähler: "Aber das ist eine Entscheidung des Kameradenkreises, der müsste sich mit der Gemeinde zusammensetzen."

mm


09.03.2005 Garmisch Partenkirchner Zeitung
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Ergänzungen

Aufruf

Aufrufer 10.03.2005 - 23:59
Mittenwald 2005 ? Endlich weg damit!

Pfingsten 2005: Eine Woche zuvor jährt sich der Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus zum 60. Mal. Etliche aber wurden damals nicht befreit sondern besiegt und diese Niederlage steckt ihnen 60 Jahre später noch in den Knochen. Und so werden sich auch dieses Jahr zu Pfingsten über tausend ehemalige Wehrmachtssoldaten, gegenwärtige Bundeswehrsoldaten und ihre GesinnungsgenossInnen aufmachen zu einer Gedenkveranstaltung der ganz anderen Art: Nach Mittenwald, zum ‚Ehrenmal’ der Gebirgsjäger am Hohen Brendten, wohin der Kameradenkreis der Gebirgsjäger seit 48 Jahren lädt, damit sie dort ‚ihrer’ Toten aus zwei Weltkriegen gedenken. Wir finden: Sie müssen sich ihrer Täterschaft erinnern und der Opfer gedenken.

Darum sind die Gebirgsjäger seit 2002 bei ihrer widerlichen Veranstaltung nicht mehr ungestört: Vor drei Jahren enterte eine Gruppe AntifaschistInnen das traditionelle Schweinebratenessen von Gebirgsjägern im ‚Postkeller’ in Mittenwald und forderte eine Gedenkminute für die Opfer der Verbrechen der Gebirgsjäger. Für diese sicherlich nicht unbillige Forderung wurden sie von Greisen mit Stühlen attackiert, aus dem Lokal geworfen und anschließend von der bayrischen Polizei für 24 Stunden in der Jugendherberge festgesetzt.

In den vergangenen beiden Jahren wurde öffentlich und breiter nach Mittenwald mobilisiert: Gegen den Skandal eines Tätergedenkens, an dem sich nicht nur die noch lebenden Täter sondern auch die Bundeswehr beteiligt, in dem unbeirrt an der Mär von Ehre und Tugend des deutschen Gebirgsjägers gestrickt wird, am generationenübergreifenden soldatischen Geist – und dies alles im Angesicht der Tatsache, daß diese Truppe während des zweiten Weltkriegs eigenhändig Massenmorde in über 50 Orten quer durch Europa verübte.

Kommeno, ein Dorf in Nordgriechenland, wo über 317 ZivilistInnen ermordet wurden und Kephalonia, eine Insel bei Korfu, auf der 5000 tausend entwaffnete italienische Soldaten hingerichtet wurden, sind von den Verbrechen der Gebirgsjäger nur die bekanntesten: Von Griechenland über den Balkan, nach Italien und Frankreich bis hinauf nach Finnland zieht sich eine breite Blutspur.

Die alljährliche Selbstvergewisserung der Gebirgsjäger an Pfingsten hat so immer auch den Charakter einer Selbsthilfegruppe für Kriegsverbrecher, ideell und ganz konkret: Hier werden Absprachen getroffen für den Fall, daß die Strafverfolgungsbehörden doch noch einmal mit einer Mordanklage an die Tür klopfen. Das alles ist widerlich, und wir wollen, dass das aufhört.

Darum gibt es seit zwei Jahren zu Pfingsten in Mittenwald nicht nur ‚gedenkende’ Gebirgsjäger, sondern auch Veranstaltungen mit Überlebenden der Massaker der Gebirgstruppe, die so am Ort der Täter eine Stimme erhalten, es gibt Aktionen und Demonstrationen, die dazu geführt haben, dass das Gebirgsjägertreffen vom alljährlichen normalen Vorgang zum brisantesten Thema der örtlichen öffentlichen Debatten geworden ist. Aber das reicht uns nicht! Wir fordern: Weg damit! Es muss endlich Schluss sein mit dem Gebirgsjägertreffen in Mittenwald! Es muss Schluss sein mit Feierlichkeiten, bei denen Täter zu Opfern umgelogen werden! Erst dann kann die Frage eines Mittenwalder Bürgers, wie denn der antifaschistische „Sauhaufen“ am besten aus Mittenwald fernzuhalten sei, eine Antwort finden.

Wir werden diesen Forderungen 2005 mit Zeitzeugenveranstaltungen, mit einem Sternmarsch, mit Demonstrationen, mit Straßentheater, mit eigenen Mahn- und Reuegottesdiensten auf dem Hohen Brendten und einem „Wiederentwaffnungs“- Camp in Mittenwald Nachdruck verleihen.

„Ich würde ja was sagen, aber dann müßte ich hier wegziehen.“

Im idyllischen und touristenfreundlichen Mittenwald herrscht eine repressive Atmosphäre von Gewalt und Angst. Während der Demonstration am Pfingstsamstag 2004 mußte sich der Theresienstadt-Überlebende Ernst Grube anhören „man hat Euch zu vergasen vergessen“. Die Wirtin einer Gaststätte fand: „Euch müßte man alle mit dem Schürhaken erschlagen“ und solche Hinrichtungsphantasien sind kein Einzelfall. Wo er aber nicht freiwillig besteht, da wird der Gemeinde-Gebirgsjäger-Konsens erzwungen. Der Wirt der Halle des Mittenwalder Sportvereins, in der 2003 das Hearing mit Überlebenden der Massaker stattfand, ist anschließend von seinen Mitbürgern unter so massiven Druck gesetzt worden, daß er die zentral gelegenen Örtlichkeiten 2004 nicht mehr an die ‚angreifbare Traditionspflege’ vermieten wollte. Kein Buchladen fand sich bereit, das vom AK angreifbare Traditionspflege herausgegebene Buch ‚Mörder unterm Edelweiß’ in ihr Sortiment aufzunehmen. Und während diejenigen mit den Mord-Gedanken oft keinerlei Scheu davor haben, diese auch noch öffentlich kundzutun, wird eine negative Haltung zum Gebirgsjägertreffen nur heimlich und leise zugegeben. „Ich find das auch nicht so gut, aber wenn ich was sagen würde, dann müßte ich hier wegziehen“ ist eine Äußerung, die inzwischen so oft gefallen ist, daß für das politische Klima in Mittenwald als repräsentativ gelten kann.

Ein Ziel unserer Aktionen ist es, den Schulterschluß von Militär und Gemeinde in Mittenwald zu brechen.

Hier sehen wir taktisch auch ganz gute Chancen: Denn das ganze öffentliche Aufsehen, das das Treffen und die Gegenaktionen hervorgerufen haben, die ungenierten Äußerungen mancher Mittenwalder BürgerInnen vor laufender Kamera und die laufenden Ermittlungsverfahren wg. Kriegsverbrechen in Kommeno und Kephalonia haben bereits zu Stornierungen empörter TouristInnen geführt, die unter solchen Mörderbanden keinen Urlaub machen mögen. „Schadet das Pfingsttreffen dem Tourismus in Mittenwald?“ ist also eine der vielen Fragen, die wir Pfingsten gern öffentlich in Mittenwald erörtern wollen.

60 Jahre nach dem Krieg

In den kommenden Monaten wird es eine Fülle an Gedenkveranstaltungen und Feierlichkeiten zur Niederlage des Faschismus und zum Ende des zweiten Weltkriegs geben, die in einem Staatsakt von Bundestag und Bundesrat am 8. Mai und der offiziellen Eröffnung des Holocaust-Mahnmals am Tag darauf ihren vorläufigen Höhe- und Schlußpunkt finden. Selbstverständlich begrüßen wir viele Veranstaltungen in diesem Kontext, aber es liegt darin auch eine Gefahr: die Gefahr, daß die Deutschen zu ‚Weltmeistern im Gedenken’ werden, einem Gedenken, das zur Routine gerinnt und darunter einen Raum eröffnet, in dem die Forderung nach einem ‚Schlußstrich’ und einer ‚Normalität’ im Umgang mit der deutschen Geschichte laut wird.

Zwischen Staatsakt am 8. Mai und der offiziellen Eröffnung des Holocaust-Mahnmals droht die Forderung nach einer aktiven Auseinandersetzung mit der eigenen Tätergeschichte, nach der Verfolgung der zahlreichen noch lebenden Täter und nach einer Entschädigung der Opfer unterzugehen.

Dem demonstrativen öffentlichen Gedenken in der Hauptstadt entspricht das massive öffentliche Verdrängen, Umbiegen und Leugnen an Orten, für die Mittenwald nur ein besonders krasses Beispiel ist.

Berlin und Mittenwald sind aber geeint in der offiziellen Deutung der militärischen Niederlage des Nationalsozialismus in einen Sieg der Demokratie über den Extremismus. Indem man sich so moralisch auf die Seite der Kriegsgewinner projiziert, ist es möglich, die Bundeswehr mit dem Argument der Verhinderung eines neuen Auschwitz wieder Angriffskriege führen zu lassen. Auch hier sind die Gebirgsjäger, in Traditionspflege den alten Kriegsverbrechern der Wehrmacht eng verbunden, ganz vorne dabei.

Wir fordern darum: Wiederentwaffnung der Bundeswehr

Was wir wollen:

NS-Täter verfolgen

Opfer entschädigen

Mittenwald 2005: Endlich weg damit!

Vorläufiges Programm

Donnerstag 12.Mai Wiederentwaffnungs-Camp in Mittenwald

Ab 19:00 Eröffnungsveranstaltung

Freitag 13.Mai Aktionstag im Freistaat Bayern

mit mindest. zwei AK zu Militarismus und zu den Todesmärschen

Samstag, 14. Mai 2005, Ort: Mittenwald

Zeitzeugenveranstaltung u.a. 10.00 Uhr mit:

Livio Piccioni. Resistenza Camerino (angefragt)
Bruno Pettinari Macerata Historiker (angefragt)
Lipej Kolenik, Partisanenname Stanko. Lipej Kolenik desertierte von der Wehrmacht und schloß sich den Kärntner Partisanen an.
Anton Pecnik, Partisanenname Tine, desertierte von der Wehrmacht, nachdem er gesehen hatte, was die in Polen anrichtete. Er schloß sich den Kärntner PartisanInnen an und wurde schließlich Kommandeur .
Vida Obid ist seit Jahrzehnten in verschiedenen Initiativen und Organisationen der Kärntner SlowenInnen politisch aktiv. Zusammen mit Andrej Leben und Mirko Messner verfasste sie das Buch: "Haiders Exerzierfeld" das die historischen Gründe für den in Kärnten so virulenten Deutschnationalismus und Rechtsextremismus nachzeichnet.

Es werden folgende Plätze von 10 Uhr bis 16 Uhr angemeldet:

Bahnhofsvorplatz: Info-Stand, Versammlungsleitung, Anlaufstelle
Dekan-Karl-Platz: Dauerkundgebung mit Live-Übertragung der Zeitzeugen-Veranstaltung
Prof. Schreyögg-Platz: Ausstellung „Kriegsverbrechen der Mittenwalder Gebirgsjäger“
Platz vor der kath. Kirche Im Gries: Straßentheater „Buchstabenballett“
Obermarkt, Ecke Staingerstraße: Info-Stand und Straßentheater „Buchstabenballett“
Die Sternmärsche werden um 15 Uhr beginnen, die einzelnen „Marschblöcke“ treffen sich vor der katholischen Kirche, wo um 16.30 Uhr die zentrale Abschluss-Demonstration beginnt. Alle Sternmärsche werden jeweils einen Lautsprecherwagen bzw. Megaphone mit sich führen.

Stern 1, Thema: „Der Kameradenkreis der Gebirgsjäger“.
Treffpunkt: Parkplatz an der Kneipp-Anlage, Ecke Ferchenseestraße. Route: Grünkopfstraße – Wettersteinstraße – Ludwig-Murr-Straße – Im Gries bis zur katholischen Kirche.
Zwischenkundgebung Grünkopfstraße 12 zum Thema „Die 12. Kompanie/Regiment 98 in Kommeno“.

Stern 2, Thema: „Kriegsverbrechen der Gebirgsjäger in Nord-Skandinavien“.
Treffpunkt: Schanzenweg, Ecke Innsbrucker Straße. Route: Dekan-Karl-Platz – Obermarkt – katholische Kirche.
Zwischenkundgebung am Postkeller, Innsbrucker Straße zum Thema: „Veteranenverbände als geschichtspolitische Akteure“.

Stern 3, Thema: „Gebirgsjäger in der Bundeswehr“ (Veranst.: VVN-BDA.)
Treffpunkt: Standortverwaltung der Bundeswehr. Route: entweder über Tiefkarstraße oder Schöttelstraße zur katholischen Kirche.
Zwischenkundgebung am Rathaus zum Thema: „Kriegsverbrechen von Oberstleutnant Salminger“ und: „Schadet das Traditionstreffen der Gebirgsjäger dem Tourismus im Werdenfelser Land?“

Stern 4, Radl-Demo, Thema: „Befreiung der Juden in Mittenwald“.
Treffpunkt: Rathaus Krün im Gstandlweg. Route: über die B2 nach Mittenwald auf die Garmisch-Partenkirchner-Straße – Hochstraße – katholische Kirche.
Zwischenkundgebung am Tragetierdenkmal/Karwendelkaserne zum Thema: „Deserteure der Gebirgstruppe“ mit Ludwig Baumann.

Die zentrale Demonstration beginnt um 16.30 Uhr an der katholischen Kirche in Mittenwald. Die Demonstration steht unter dem Motto: „Kriegsverbrecher ergreifen – NS-Opfer entschädigen“. Erwartet werden 500 TeilnehmerInnen aus dem In- und Ausland, darunter Zeitzeugen aus Slowenien, Italien, Österreich und Frankreich. Auftaktkundgebung mit Redebeiträgen, u.a. zum Thema: „Gebirgsjäger, Bergpredigt und die Rolle der Militärseelsorge im Vernichtungskrieg“.

Zwischenkundgebung am „Postkeller“, Innsbrucker Straße, zum Thema: „Kriegsverbrechen deutscher Gebirgsjäger“.

Abschlusskundgebung am Dekan-Karl-Platz bis 22.00 Uhr mit Wort- und Musikbeiträgen. U.a Gasparazzo ( Materiale resistente, Reggio Emilia)

Um der Polizei unnötiges Einschreiten zu ersparen, melden wir bereits folgende Demonstrationselemente an:

Das Fronttransparent wird den Schriftzug „Kriegsverbrecher ergreifen – NS-Opfer entschädigen“ tragen.
In der zweiten und dritten Reihe des Aufzugs werden Porträts der uns bekannten Kriegsverbrecher aus den Reihen der Gebirgsjäger auf DIN–A2 großen Plakaten getragen werden, die an geeigneten Stöcken befestigt sind. Den Porträts werden die von uns recherchierten Massaker jeweils zugeordnet sein.
Es werden Transparente u. a. mit folgenden Parolen mitgeführt werden:
„Mörder unterm Edelweiß, wir machen Euch die Hölle heiß!“
„Sommer – Sonne – Kriegsverbrechen – Traditionspflege durchbrechen“
„Gottesdienst das ist ein Hohn, denn die Hölle wartet schon!“
„Zitat Tucholsky: ‚Soldaten sind Mörder’!“
Sonntag, 15. Mai 2005

Ort: Hoher Brendten, Ehrenmal der Gebirgsjäger
Protestantischer Mahn-, Buß- und Reuegottesdienst zum Gedenken an die Opfer deutscher Gebirgstruppen im Zweiten Weltkrieg. Beginn: 9.45 Uhr, Ende: 11.00 Uhr.

Ort: Luttensee-Parkplatz
Ökumenischer Pfingstgottesdienst (katholisch, evangelisch, griechisch-orthodox), Es wirkt u.a. mit: Prof. Dr. Heinrich Fink (Bundesvorsitzender der VVN-BdA) Beginn: 9.00 Uhr, Ende: 12.00 Uhr.

Ort: Mittenwald
Kundgebung Im Gries mit szenischer Lesung zum Massaker der 12./98 unter Salmingers Kommando in Kommeno. Beginn: 13.00 Uhr, Ende: 16.00 Uhr.

Straßentheater „Buchstabenballett“ auf dem gesamten Obermarkt von 13.00 bis 16.00 Uhr unter dem Motto: „Endlich weg damit!“

Infos bei: www.nadir.org/mittenwald


Presseschau

Wolfgang Kunz 11.03.2005 - 00:09
Garmisch Partenkirchner Zeitung 14.1.2005

Optimismus im Standort Mittenwald
Deutliche Worte an Brendtengegner bei Neujahrsempfang

VON WOLFGANG KUNZ Mittenwald - Bundeswehr und Mittenwald stehen Seite an
Seite. Das war am Mittwochabend die klare Botschaft des Neujahrsempfangs im Offizierskasino, zu dem traditionell Vertreter von Lokalpolitik, Militär,Kirche und Gesellschaft erschienen waren. Hierzu eingeladen hatten der Standortälteste Rainer Stähler und Bürgermeister Hermann Salminger.

Zunächst jedoch richtete Oberstleutnant Stähler bei seiner Ansprache den
Blick auf die Opfer des gewaltigen Seebebens in Südostasien. "Wir wollten
diesen Empfang angesichts der Flutopfer schon absagen", eröffnete der
Kommandeur der Winterkampfschule gegenüber den über 300 Gästen. "Aber das
Leben geht weiter und deshalb rufe ich Sie auf, beim Heimweg ein Scherflein für das Rote Kreuz zu spenden."
In diesem Zusammenhang erwähnte Stähler die hohe Belastung, der Soldaten
durch Auslandseinsätze, Übungen und Bewachung der US-Kasernen ausgesetzt
seien. Noch näher ins Detail ging der Offizier, als er auf die viel
diskutierte Bundeswehr-Strukturreform (wir berichteten) zu sprechen kam.
"Alle Schulen des Heeres werden um 30 Prozent gekürzt", so seine Botschaft,"unsere in Mittenwald ist jedoch mit 114 Prozent ausgelastet, und der Standort wird auf über 1700 Soldaten aufgerüstet." Erhalten bleibt auch die Murnauer Garnison. "Dadurch sind wir im Werdenfelser Land der große Gewinner."
"Nachzugeben wäre das falsche Signal" Oberstleutnant Rainer Stähler
Stähler nahm zudem Stellung zum Pfingsttreffen der Gebirgsjäger, das in den vergangenen drei Jahren und wohl auch heuer wegen angekündigter
Protestkundgebungen wieder in die Schlagzeilen geraten wird. "Gegenüber
diesen Demonstranten nachzugeben, wäre das falsche Signal, sie zu
ignorieren, wäre das Beste."
Ähnlich sieht es der Träger des Ehrenkreuzes der Bundeswehr, Bürgermeister
Salminger. Mit Beifall quittierten die Zuhörer sein klares Bekenntnis zur
Armee. "Soldaten dürfen als Mörder beschimpft werden. Jetzt retten sie in
Asien Leben. Bei diesem Zusammenhang fehlen mir die Worte."
Keinen Zweifel ließ Hermann Salminger am Zusammenhalt zwischen Bundeswehr
und Marktgemeinde. Als Beleg hierfür nannte er die gelebte Patenschaft der
Kommune mit der 1. Kompanie vom Bataillon 233, "denn das zeigt unsere
Verbundenheit mit den Gebirgsjägern."

mm
Christian Mütze
junge welt
Vor der Führerspitze

Faschismus und Antifaschismus in Bayern - ein Lehrstück aus Mittenwald (Teil1)

»Führerspitze«? Hat man richtig gehört? Wirklich »Führerspitze«? Über der
kleinen pittoresken bayrischen Gemeinde Mittenwald thront gewaltig das
Karwendelbergmassiv. »Viererspitze« nennt der Bergführer den Bergrücken mit seinen charakteristischen Zacken. Das sich dies auf tiefbayrisch
nach »Führerspitze« anhört, kommt nicht von ungefähr. Die Nationalzeitung
hängt gut sichtbar an den Zeitungsständern. Hier gelten die Soldaten der
Wehrmacht noch als Identifikationsfiguren. Normalität in der deutschen
Postkartenidylle.

Der kleine Luftkurort im Isartal, etwa 100 Kilometer südlich von München,
hinterließ schon im 18. Jahrhundert in ganz Europa seine Spuren. Seit über
300 Jahren werden hier Geigen produziert. Umgeben von Wetterstein- und
Karwendelgebirge, liegt Mittenwald, auf knapp drei Quadratkilometern, direkt an der Grenze zu Tirol. Graffiti verzieren die meisten Häuser mit ihren Zierbundgiebeln. Allerdings bezeichnet man diese hier als »Lüftelmalerei« und vertraut in der Motivwahl auf die katholische Kirche. »Erhalt von Brauchtum, Pflege von Traditionen sind Zeugen von einer noch heilen Umwelt« liest man beim Blättern in der Tourismusbroschüre. Hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Mißbilligende Blicke erfährt schon derjenige,der in den Cafés die Getränkekarten in den Serviettenhalter und nicht in den
dafür vorgesehenen Halter klemmt. Umgehend sind Kellnerinnen im Dirndl zur
Stelle und stellen die alte Ordnung wieder her. Die kleinste Störung wird
schon als Provokation aufgefaßt.


»Besonders stolz«

Von der Landkreisstadt Garmisch-Partenkirchen nach Mittenwald kommend, sieht man oft am Fuße der gewaltigen Berge kleine Gruppen junger Soldaten
entlangmarschieren. Bepackt mit schwerer Ausrüstung, laufen die Angehörigen des Gebirgsjägerbataillons 233 durch das Gelände. Somalia, Bosnien - Herzegowina und Mazedonien: Trainiert wird wieder für den Krieg. Das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr, das außerhalb jeglicher parlamentarischer Kontrolle steht, absolviert in der Gebirgs- und Winterkampfschule in Mittenwald einen Teil seiner Ausbildung. Die
Kampfschule gilt als eine der härtesten Ausbildungsstätten der Bundeswehr;
hier werden Soldaten zur Aufstandsbekämpfung gedrillt: »Krisenvorbeugung und Krisenbewältigung«, wie die offizielle Bezeichnung lautet. »Bei einem
Konflikt mit Bürgerkriegscharakter gegen Guerillas oder irreguläre Kräfte zu kämpfen ist für die Gebirgsjäger ein durchaus realistisches Szenario«, so Oberstleutnant Günter Görsch, Kommandeur an der Gebirgs- und
Winterkampfschule auf der Homepage »deutschesheer«. »Keiner sieht sie
kommen. Keiner weiß, daß sie da sind. Und wenn ihre Mission beendet ist,
gibt es keinen Beweis dafür, daß sie jemals da waren«, beschreibt Die
Bundeswehr Heft 8/97 die Vorgehensweise der KSK. Diese Art der Kriegsführung hat bei den »Soldaten unter dem Edelweiß«, wie sich die Gebirgsjäger gerne selber bezeichnen, Tradition.

Die Beweise für die Verbrechen der Gebirgsjäger im Zweiten Weltkrieg lassen sich heute nicht mehr leugnen. Für die Öffentlichkeit gibt sich die
Bundeswehrführung gerne kritisch. So wurde die Bundeswehrkaserne
in »Lutensee-Kaserne« umbenannt, nachdem sie bis 1995 den Namen des
Kriegsverbrechers Ludwig Kübler trug. Doch die Truppe ließ sich von
solcherlei Kosmetik nicht beeindrucken. Im Jahre 1997 erschütterte ein Video die Öffentlichkeit, das von Soldaten des 571. Gebirgsjägerbataillons gedreht wurde. Scheinhinrichtungen und rassistische Szenen wurden gezeigt. Die Vorgesetzten und Offiziere der Soldaten sind Mitglieder im Mittenwalder »Kameradenkreis der Gebirgstruppe e.V.« und möglicherweise mit am Video beteiligt gewesen, wie die Sozial.Geschichte - Zeitschrift für historische Analyse des 20. und 21. Jahrhunderts berichtete. Faschismus scheint bei nicht wenigen Gebirgsjägern zum guten Ton zu gehören. So prügelten vor einigen Jahren Gebirgsjäger im Intercity nach München unter »Sieg-Heil«-Gebrüll auf einen behinderten Ausländer ein. So ist dann auch der ehemalige Gebirgsjäger Edmund Stoiber »besonders stolz auf diese
spezifisch bayrische Truppe und ihre Leistungen in der Vergangenheit.«

Die Blutspur ihrer Leistungen ziehen sich durch ganz Europa. In Griechenland (Kommeno, Kephalonia, Lyngiades, Skines), in Italien (Camerino, Fabriano), in Frankreich ( im Vercors), in Finnland (Rovaniemi) und in weiteren Orten Jugoslawiens, Polens, Albaniens und in der Sowjetunion ließen sie ermordete Zivilisten zurück, schändeten Leichen und führten private Raubzüge durch.
Reinhold Klebe, Chef der Kompanie, deren Angehörige 1943 in Kommeno 317
Zivilisten niedermetzelten, über die Leichen der Frauen herfielen und
Kleinkinder verstümmelten, wurde später Stabsoffizier der Bundeswehr. Seit
den 50er Jahren trifft sich der Traditionsverband der Gebirgsjäger in
Mittenwald, unterstützt von der Bundeswehr, am Denkmal auf dem Hohen
Brendten bei Mittenwald, um zu Pfingsten ihrer eigenen Toten zu gedenken.
Nicht der ihrer Opfer. Weiterhin karrt die Bundeswehr die alten und
gebrechlichen Kämpfer auf den Berg.

Letztes Jahr stellte die Bundeswehr erstmals keine offiziellen Redner und
beließ es bei einem Kranzabwurfkommando. Auch der bisherige Stammgast Edmund Stoiber ging auf Tauchstation. Die Proteste zeigten erste Wirkungen. Doch die Kirche steht in ihrem Glauben fest. So sprach ein evangelischer Militärgeistlicher auf der Gedenkfeier 2003 von einem »der schwärzesten Tage in der Militärgeschichte«, meinte damit aber nicht die Beteiligung deutscher Gebirgsjäger an den Massakern, sondern den Tod von vier Gebirgsjägern der Bundeswehr in Kabul. »Gott segne unsere Bundeswehr!«, so des Predigers Bitte um göttlichen Beistand am Schluß seiner Predigt. Amen.


»Was machen Sie denn hier?«

Seit drei Jahren protestieren regelmäßig Antimilitaristen und Antifaschisten zu Pfingsten gegen diese größte Soldatenfeier in der Bundesrepublik. 2002 wurden die Wehrmachtssoldaten das erste Mal in ihrer Ruhe gestört und ihre Verbrechen wieder an das Licht der Öffentlichkeit gebracht. Eine kleine Gruppe von Antifaschisten wollte eine Gedenkminute für die Opfer der Massaker begehen und besuchte die volksfestartigen Feierlichkeiten der alten Gebirgsjäger. 2004 veranstalteten der Arbeitskreis »Angreifbare Traditionspflege« und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten und Antifaschistinnen (VVN-BdA) am traditionellen
Stationierungsort der 1. Gebirgsdivision ein Hearing mit Überlebenden der
Massaker auf Kephalonia, in Kommeno und Distomo. Die anschließende
Demonstration hatte Anfang November ein gerichtliches Nachspiel. Angeklagt
wurde der Berliner Antifaschist Markus Mohr wegen Leitung einer nicht
angemeldeten Demonstration.

Der promovierte Politikwissenschaftler, der auch Herausgeber diverser Bücher ist, zuletzt mit Klaus Viehmann: »Spitzel - Eine kleine Sozialgeschichte«,erhielt vom Garmisch-Partenkirchener Amtsgericht einen Strafbefehl über 1500 Euro. Im Anschluß an die Demonstration Pfingsten 2004 kam es in der Mittenwalder Fußgängerzone zu einer politischen Straßentheateraktion. Mit Großbuchstaben auf Tafeln, die die Losung »ENDLICH WEG DAMIT!«« ergaben,stellten sich die Protestierer »absolut öffentlichkeitswirksam«, wie die
Staatsanwaltschaft zutreffend formulierte, vor die gut besuchten Cafés des
Ortszentrums. Die Straßentheateraktion trug die Frage nach den Verbrechen
der Gebirgsjäger wieder dahin zurück, wo sie schon immer hingehörte - in die sogenannte Mitte der Gesellschaft. Doch in dieser herausgeputzten Gemeinde wie im übrigen Deutschland ist solcherlei Kommunikation ohne staatliche Erlaubnis nicht gerne gesehen. So wurde Mohr angeklagt, eine nicht angemeldete Versammlung geleitet zu haben. Mohr hatte den Fehler begangen, auf die Frage eines Polizisten: »Was machen Sie denn hier?« freundlich und zwar: »eine Straßentheateraktion« geantwortet zu haben. Wieder einmal zeigte sich, daß eine Unterhaltung mit Vertretern des Staates nicht nach allgemein üblichen Umgangsformen zu bewerten ist. Die Mohrsche Antwort reichte dem fragenden Bereitschaftspolizisten aus, ihm die Leitung der Protestaktion zu unterstellen. Aus polizeilicher Sicht sicherlich einleuchtend, denn wer bei der Bereitschaftspolizei weiß, was er tut, gehört zumeist zur Führung. Gegen Mohr wurde ein Verfahren wegen des »Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz« eröffnet. Dieser Vorwurf ist noch nicht einmal als eine Straftat, sondern als eine Ordnungswidrigkeit qualifiziert. Dennoch wurde Mohr für 18 Stunden seiner Freiheit beraubt und schließlich dem Haftrichter vorgeführt, der ihn dann freiließ. Vorher wurde er einer ausgiebigen ED-Behandlung, bei der er sich nackt ausziehen mußte, unterzogen.

»Adolf Hitler war es!«

Kurz vor seiner Verhandlung am 4. November 2004 in Garmisch-Partenkirchen
zog Mohr, angetan mit dem Blaumann eines Autoschlossers und mit einem großen Fragezeichen bewaffnet, durch die Fußgängerzone. Er skandierte
lautstark: »Kein Kriegsverbrechertreffen der Gebirgsjäger in Mittenwald
Pfingsten 05 und auch nicht anderswo.« Und zwar »als Teilnehmer einer
Versammlung, an der nur ich teilnahm, die ich aber nicht leitete«, wie er
sarkastisch anmerkte. Mohr fragte wiederholt die anwesenden Passanten: »Wie schafft man das, über 60 Jahre Seite an Seite mit zu Massenmördern gewordenen Gebirgsjägern zu leben?« Die Antworten kamen
umgehend, »Deserteur«, »Verschwinde«, »Halt's Maul« oder »Adolf Hitler war
es« waren die noch harmloseren. Weit unten im Süden ist man solche Fragen
nicht gewöhnt. Diese kleine Demonstration machte deutlich, daß es immer noch notwendig ist, in der Kleinstadt der Henker nach dem Strick zu fragen. Vom Gerichtssaal des Amtsgerichts an der Schnittstelle zwischen den beiden Ortsteilen Garmisch und Partenkirchen blickt man durch eine große Fensterfront. Ein großartiges Bergpanorama mit der alles überragenden Zugspitze entfaltet sich. Am gegenüberliegenden Rathaus prangt dick die Jahreszahl 1935. Das ist für viele hier eine unangenehme Erinnerung: Die beiden Ortsteile verloren ihre Eigenständigkeit. Die Verhandlung im Amtsgericht begann turbulent. Mohr eröffnete die Verhandlung, bevor Richter und Staatsanwalt ihre Plätze eingenommen hatten. »Sie sind der Vorsitzende Richter, Sie der Staatsanwalt? Gut! Hiermit eröffne ich die Hauptverhandlung gegen das alljährliche Kriegsverbrechertreffen der Gebirgsjäger in Mittenwald!«

So etwas war man hier nicht gewohnt. Richter Dieter Klarmann, der von
dem »Verein gegen Rechtsmißbrauch e.V.« als »fremdenfeindlicher Rabauke«
bezeichnet wird, fiel in der Vergangenheit mehrfach unangenehm auf. So
bezeichnete er türkischstämmige Menschen schon einmal als »Rindviecher,
Ochsen und Kühe« oder wurde vom Strafverteidiger Hermann Borchert der
Diskriminierung von Afrikanern bezichtigt. Im März 2003 brachte ihn die
NDR-Fernsehreportage »Pfusch in der Justiz« in einen Zusammenhang mit dem
Freitod eines Untersuchungsgefangenen.


»Ist das richtig so?«

Doch angesichts der Mohrschen Initiative blieb Richter Klarmann gelassen.
Beim Thema Gebirgsjäger hören mehr Menschen zu als sonst, wenn oft nur die
eingeschüchterte Lokalpresse kommt. Ein wenig irritiert bemerkte Klarmann,
daß immer noch er es sei, der hier die Verhandlung eröffnet. Worauf Mohr
erwiderte: »Herr Vorsitzender, ich habe bereits eröffnet, es steht Ihnen
völlig frei, gleiches zu tun!« Dann hielt der Amtsrichter zur
Peronalienfeststellung dem Angeklagten seine Daten vor. »Ist das richtig
so?« Mohr: »Christina Dimou, Überlebende der Massaker deutscher Gebirgsjäger in Kommeno? Nein, so heiße ich nicht! Amos Pampaloni, Überlebender der Massaker deutscher Gebirgsjäger in Kephalonia? Nein, so heiße ich nicht! Ich heiße Markus Mohr und bin zu einer Zeit geboren worden, als es der Bundeswehr noch nicht erlaubt war, im Kosovo oder in Afghanistan herumzukriechen.« Fügt dann noch süffisant hinzu, daß er, wenn er hier schon angeklagt sei, wenigstens in der Berufsbezeichnung als Autoschlosser und nicht als Maschinenschlosser bezeichnet werden mag. Klarmann blätterte ein wenig in seinen Akten, runzelte die Stirn: »Herr Mohr, hier steht, daß Sie einen Doktortitel besitzen, möchten Sie dann nicht auch als ein solcher bezeichnet werden?« - »Das tut hier nichts zur Sache«.
»Wollen Sie sich denn zum Sachverhalt äußern?« versuchte der Richter,
Haltung zu bewahren. »Sehr gerne. Ich möchte aber im Folgenden bei dieser
Erklärung nicht von Ihnen unterbrochen werden«, lautete umgehend die
Antwort. Mohr trug eine 20minütige Erklärung vor, in der er näher auf die Verbrechen der Wehrmacht, seine Teilnahme an der Straßentheateraktion und deutsches Mitläufertum einging. Amtsrichter Klarmann mimte den aufmerksamen Zuhörer.
Natürlich wußte der Richter von den Verbrechen der Wehrmacht. Doch er wollte diese nur als individuelle Verfehlung verstanden wissen und zauberte einen Verwandten aus dem Hut. Der sei 1937 mit 18 Jahren zum Arbeitsdienst eingezogen und danach zur Wehrmacht verdonnert worden. Zweimal wurde er verwundet, einmal vor Moskau und einmal von Partisanen. Und: »Er diente bei Graf Claus von Stauffenberg.« Was ihn über allen Verdacht erhaben darstellen sollte. Stauffenberg, die große Identifikationsfigur. Gleich, ob man ihn in seinem Auto umherkutschierte oder seine Taschentücher bügelte: Wer sich in seiner Nähe aufhielt, erhält posthum den Persilschein. Ob Mohr denn Menschen wie seinen Verwandten auch als Massenmörder bezeichnen wolle, fragte ihn der
Richter rhetorisch. Wer so fragt, nimmt en passant alle Wehrmachtssoldaten
in Schutz und reduziert die Verbrechen auf die Generäle, die sicher im
Bunker saßen. Das altbekannte Muster. Vergleichbar mit den krakeelenden wild gewordenen Rentnern aus der Fußgängerzone: »Das waren nicht die
Gebirgsjäger, das war Adolf Hitler.«

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danke — schön

kommen!!!!!!!!!!!!!!!!! — nich unbedingt inhaltlich