Giessen: Aktion gegen „Universelles Leben“

ich 05.03.2005 22:25 Themen: Ökologie
Schon längere Zeit steht auf dem Gießener Marktplatz jeden Samstag auch ein Stand, bei dem u.a. vegane Brotaufstriche von iBi verkauft und für den Naturkostversand „Lebe gesund“ geworben wird. Kaum jemand weiß, dass beide der Glaubensgemeinschaft „Universelles Leben“ , kurz „UL“ genannt, zuzuordnen sind.
UL zeichnet sich u.a. durch eine sehr autoritäre Struktur, absolute Abhängigkeit der Mitglieder sowie durch Antisemitismus aus. Ihr Oberhaupt ist Gabriele Wittek, die sich selbst „Prophetin Gottes“ nennt. (Mehr über UL: www.ul-doku.de.vu)

Heute konnten sich die beiden sich zur Sekte bekennenden VerkäuferInnen über keine großen Umsätze freuen, denn neben dem Stand hielten einige Menschen Schilder mit Zitaten hoch, die den totalitären Anspruch und Antisemitismus von „Universelles Leben“ recht eindeutig entlarvten (einzelne Zitate siehe unten). Daneben wurden auf dem ganzen Markt Flugblätter verteilt, die ausführlich über den Hintergrund von „Lebe gesund“ und anderen Naturkostanbietern aufklärten, die zu UL gehören.

Die VerkäuferInnen waren natürlich nicht sehr erfreut. Besonders einer schimpfte und schimpfte und drohte mit der Polizei. Als er damit nichts erreichte, äußerte er wörtlich: „Während des Holocaust wurden die Juden verfolgt und heute wir“ und „Wehret den Anfängen“, weshalb er sich entgegenhalten lassen musste, dass die Information über neuerlich auftretenden Antisemitismus eben auch von UL-Prophetin Gabriele Wittek genau dazu beitrage, ein Wiedererstarken antisemitistischen und faschistischen Gedankenguts zu verhindern. Als ein Mensch Fotos von der Aktion machen wollte, stürzte sich der Verkäufer gewalttätig auf ihn und versuchte, ihm die Kamera zu entreißen. Ein Hüter der Marktordnung versuchte, das Verteilen der Flugblätter zu unterbinden, hatte aber keine Chance, weil er einfach nicht beachtet wurde.

Die Vorbeigehenden stutzten und oft ergaben sich Gespräche und Diskussionen. Vor allem natürlich die Auseinandersetzung mit VerkäuferInnen und Marktordner zog Neugierige an. Eine Frau ließ sich von den Menschen über Universelles Leben informieren und forderte die VerkäuferInnen auf, dazu Stellung zu beziehen und ihr schriftlich zu geben, dass das nicht so sei. Erst ging ein Verkäufer darauf ein, lud sie zu sich ein, wollte ihr das aber nicht schriftlich geben. Er sagte, er hätte jetzt keine Zeit dazu.
Es kamen sehr viele positive Rückmeldungen. Viele MarktbesucherInnen blieben stehen und informierten sich. Sie waren dankbar, dass über UL aufgeklärt wurde und sagten, sie würden in Zukunft diese Sekte nicht mehr finanziell durch Einkauf ihrer Produkte unterstützen.
Leider verstanden andere jedoch nicht, dass auf den Plakaten nicht zitiert wurde und dachten , die Demonstrantinnen würden selbst mit derart bescheuerten Sprüchen für eine grausige Sekte werben, ohne das wenigstens mit dem Marktstand direkt daneben in Verbindung zu bringen. Auch waren die Zitate auf den Plakaten sehr lang, so dass viele Leute sich gar nicht die Zeit nahmen, sie zu lesen. Deshalb wurde versucht, Leute, die verdattert guckten, direkt anzusprechen und ihnen das informative Flugblatt anzubieten. Dennoch gab es leider wahrscheinlich auch Menschen, denen mensch nicht klar machen konnte, was mit der Aktion bezweckt werden sollte.

An den anderen Marktständen stießen die Flugblatt-Verteilenden überwiegend auf Interesse und teilweise verbale Unterstützung, zum Teil sicherlich auch nur aus Konkurrenzdenken oder persönlichen Antipathien heraus.
Als ein Problem bei der Aktion sehe ich auch, dass sie sehr punktuell angegriffen hat und eigentlich deutlicher gemacht werden sollte, dass bei aller Kritik an UL die Produkte konventionellen Landbaus oder Fleischproduktion deshalb noch lange nicht gut sind.



ZITATE AUF DEN PLAKATEN:

„Das Reich Gottes auf Erden wird nicht dort sein, wo die Ichsucht der halsstarrigen Juden regiert und jener Menschen, die Mich nur dem Wort nach annehmen..“

„Das Reich Gottes auf Erden wird nicht dort sein, wo die Ichsucht der halsstarrigen Juden regiert und jener Menschen, die Mich nur dem Wort nach annehmen.“

(Beide Zitate: Gabriele Wittek, Das ist Mein Wort, Alfa und Omega, Universelles Leben e.V.)

"Die 'Umprogrammierung' ist nichts anderes als die Reinigung der Gehirnzellen von allen Prägungen dieser Welt, von allen Vorstellungen und Meinungen, die dem göttlichen Wort entgegenstehen. Zugleich werden alle Gehirnzellen auf das höchste Prinzip, auf Gott ausgerichtet."
(Gabriele Wittek in: Aus dem Leben der Prophetin Gottes; Universelles Leben; 2. überarbeitete Auflage März 1984)
AUßERDEM EIN PLAKAT MIT DER AUFSCHRIFT:
„Wer ist Gabriele? Wer ist Universelles Leben?
„Durch Gabriele, die Prophetin und Botschafterin Gottes, ist ein geistiges Werk, das Universelle Leben, von einmaliger Größe mit weltweiter Verbreitung entstanden.“ Sie versuchen seit einiger Zeit, sich in Tierrechts- und Tierschutzzusammenhängen einzunisten. Dies betrifft insbesondere ihre Lebensmittelproduktion und -handel ("Gut zum Leben", "Lebe-gesund-Versand", "Hin zur Natur", „iBi“ usw.), Publikationen ("Tiere klagen - der Prophet klagt an!", "Der Mord an den Tieren ist der Tod des Menschen", sowie den Verlag "Das Brennglas"), sowie die "Initiative zur Abschaffung der Jagd".

DAS FLUGBLATT HATTE FOLGENDEN INHALT:
Drängt eine Sekte in Naturkost-, Tierschutz- und Tierrechtsszenen?
„Universelles Leben“ – Hintergründe, Kritik und Widerstand

Die Sekte „Universelles Leben“ (UL) versucht sein einiger Zeit, sich in Naturkost-, Tierschutz- und Tierrechtszusammenhängen einzunisten – mindestens teilweise erfolgreich. Seit Ende 2004 ist die totalitäre Sekte um die Prophetin Gabrielle Wittek mit einer Plakatserie bundesweit im öffentlichen Raum präsent, die für unbedarfte BetrachterInnen einen harmlosen Eindruck erweckt – ein paar Tiere, die darum bitten, nicht gegessen zu werden. Nach Berichten auf Indymedia (www.de.indymedia.org) wurden diese Plakate in einigen Städten inzwischen mit Spruchblasen kommentiert, welche die Werbeaktion in ein anderes Licht rücken. Die Spruchblasen enthielten Sprüche wie „Für eine Welt ohne Religion, autoritäre Strukturen und Sekten wie UL“ oder „Unsere Gesichter werden benutzt, um Spenden für eine totalitäre Sekte zu zocken“. Auch auf anderen Ebenen scheint sich Widerstand gegen die schleichende Unterwanderung zu regen: Verschiedene Stände und Läden des UL-Naturkostableger „Lebe gesund“ und „Gut zum Leben“ wurde Opfer von Klein-Sabotage - auf Produkte und Werbematerialien des sektennahen Unternehmens wurden Etiketten mit kritischen Informationen zu UL angebracht. Doch für was steht eigentlich die Organisation „Universelles Leben“?

Was ist „Universelles Leben“?
Universelles Leben ist nach Ansicht ihrer KritikerInnen eine Sekte mit ausgeprägten autoritären Strukturen, der ein bayrisches Verwaltungsgericht bereits 1995 einen „Hang zum Totalitären“ attestierte. Zentrale Figur ist Gabriele Wittek, die sich selbst zum Sprachrohr von Jesus Christus ernannt hat. Die anfangs „Heimholungswerk Jesu Christi“ bezeichnete Gemeinschaft wurde 1984 in „Universelles Leben“ umbenannt. Oberflächlich betrachtet präsentiert sich die Sekte in einem urchristlichen Gewand, in klarer Abgrenzung zur offiziellen Kirche. In den Lehren des Universellen Lebens haben auch offenkundig antisemitische Tendenzen und Menschenverachtung einen festen Platz – so gibt unter anderem Gabriele Wittek höchstpersönlich den Juden die Schuld für ihre Verfolgung: „Seit nahezu 2000 Jahren ernten die Juden von einer Fleischwerdung zur anderen, was sie damals und auch in ihren weiteren Einverleibungen gesät haben.“ . Auch in anderen Äußerungen von ul-nahen Persönlichkeiten und Publikationen wird eine abstruse Karmalehre benutzt, um jüdische Menschen als VerursacherInnen ihrer eigenen Unterdrückung hinzustellen.
Wie andere Sekten auch prophezeit UL-Oberhaupt Gabriele Wittek den Weltuntergang – der allerdings immer wieder verschoben wird. Dieses Szenario wirkt identitätsstiftend und rechtfertigt die Abschottung von der „feindlichen“ Außenwelt. Um sich auf das bevorstehende Ende vorzubereiten, sollen die Mitglieder ihren Besitz an UL abtreten und fleißig in den UL-Betrieben „bienen“ (UL-Jargon), ohne Lohnerhöhungen zu fordern oder zu fragen, wer davon eigentlich profitiert. Die Mitglieder werden massiv dazu gedrängt, sich ausschließlich in der von UL aufgebauten Parallelwelt zu bewegen und Kontakte zur „Außenwelt“ aufzugeben. Besonders stark vertreten ist Universelles Leben in und um Würzburg (u.a. in Marktheidenfeld) – zur Sekte gehören Wirtschaftsbetriebe unterschiedlichster Art, aber auch Kinderheime, eine Schule und eine „Christusklinik“. Insgesamt verfügt die Organisation über ein kaum überschaubares Geflecht von Betrieben und (Tarn-)Organisationen, die ihre Nähe zu UL oftmals kategorisch leugnen. Ein Beispiel für Tarnorganisationen bildet die „Initiative Mahnmal für die Opfer der Kirche“, welche mit der Kritik an den Verbrechen der Kirche versucht, die religiöse Konkurrenz anzugreifen.

Universelles Leben im Naturkost-, Tierschutz- und Tierrechtssektor -
Zufällige Überschneidungen oder gezielte Unterwanderung?
Seit Anfang 2002 versucht Universelles Leben verstärkt, sich in der Naturkostszene sowie in Tierschutz- und Tierrechtszusammenhängen auszubreiten – unter anderem über die UL-Firma „Gut zum Leben“ (hat zahlreichen Läden in Deutschland und ist auf Märkten vertreten) und „Lebe gesund“, die beide ökologische, vegetarische und vegane Produkte vertreiben. Der ul-nahe Verlag „Das Brennglas“ verbreitet reißerisch aufgemachte Broschüren gegen Jagd. Auch die an Kiosken erhältliche Zeitschrift „Freiheit für Tiere“ ist nach Ansicht von KritikerInnen ein UL-Organ. Auf dem Tierrechtskongress (September 2002) in Wien traten ganz selbstverständlich die Dr. Sailer (UL-Rechtsanwalt) und Julia Brunke (Redakteurin des ul-nahen Verlags „Das Brennglas“) auf. Auf Demos der inzwischen ul-dominierten „Initiative zur Abschaffung der Jagd“ ist urchristliche Propaganda omnipräsent – von Broschüren bis hin zu Transparenten mit Slogans wie „Auch Rehe haben eine Seele“.

Daneben gibt es weitere personelle Verflechtungen mit Tierrechtszusammenhängen. Trotz deutlicher Aussagen seitens kritischer TierrechtlerInnen ist Universelles Leben vielerorts immer noch geduldet oder sogar akzeptiert – mit „die machen ja gute Tierrechts-Arbeit“ und ähnlichen Begründungen werden die massiven Bedenken gegenüber einer autoritären Organisation weggewischt, die unter dem Deckmantel der Tierliebe versucht, neue AnhängerInnen zu rekrutieren sowie die eigene (Wirtschafts-)Macht auszudehnen.

Genauere Einblicke: Universelles Leben und Naturkost
Vor allem im süddeutschen Raum sind die ul-nahen Naturkost-Firmen „Gut zum Leben“ und „Lebe gesund“ vielerorts mit eigenen Ständen vertreten, in einigen Städten gibt es auch Läden. Gemeinsames Merkmal ist eine Aufmachung, welche sich deutlich von vielen Bioläden unterschiedet, die sich inzwischen vollständig an die Optik konventioneller Geschäfte angeglichen haben. Die Stände von „Lebe gesund“ dagegen wirken mit unbedarftem Blick sehr einladend: Überall gibt es kostenlose Probehäppchen, die MitarbeiterInnen sprechen Interessierte freundlich an und geizen nicht mit Geschenken. Hier ist mensch bemüht, sich von der üblichen, „kalten“ Einkaufsatmosphäre abzugrenzen – immer wieder werden im Gespräch Unterschiede zu anderen BioherstellerInnen betont. Auch in den Broschüren finden sich viele Abgrenzungen zu „normalen“ Ökofirmen und Tierausbeutung – „Lebe gesund“ verspricht besondere Konsequenz (Verzicht auf Gentechnik, Düngemittel, „friedfertiger Landbau“). Dafür zahlen Unbedarfte scheinbar auch mitunter deutlich überhöhte Preise - sehr amüsant angesichts des Umstands, dass in den Werbeheftchen das Profitdenken anderer Ökobetriebe heftig kritisiert wird.

Hinweise auf die Verflechtungen mit „Universelles Leben“ finden sich erst bei genauem Durchblättern der Broschüren: In einem Faltblatt von „Hin zur Natur“ findet sich eine Werbeanzeige der „Gabriele Stiftung“ – Namensgeberin ist Gabriele Wittek ... die „erleuchtete“ Führungsperson von UL, die sich selbst als Sprachrohr Jesus Christus versteht. Auffällig oft tauchen in den Werbematerialien ähnlich lautende Namen von ul-nahen Betrieben und Organisationen auf: „Lebe Gesund“, „Gut Zum Leben“ (beides Naturkostausleger der Sekte), „Gut für Tiere“ (Versand, u.a. für Tiernahrung) oder der Gnadenhof „Heimat für Tiere – Neue Zeit e.V.“ sind nur einige der Namen, die zu UL führen. Produkte von ul-nahen Firmen (z.B. „Ibi“ Brotaufstriche) werden auch in einigen Bioläden angeboten, wo diese vermutlich noch weniger auffallen.

Universelles Leben und der Umgang mit Kritik
Kritische Stimmen werden regelmäßig von UL mit juristischen Klagen und Abmahnungen angegangen, um diese zum Schweigen zu bringen. Nach der Veröffentlichung eines kritischen Berichts zu den Hintergründen der Sekte im Oktober 2002 wurde das Tierrechtsmagazin „voice“ ( http://www.voice-online.de) mit einer regelrechten Welle an Einstweiligen Verfügungen überzogen. Neben solidarischer Unterstützung derer, die von UL juristisch angegangen werden, scheint es aber vor allem nötig zu sein, dass mehr Menschen und Gruppen nicht mehr schweigen und deutlich machen, dass die Aktivitäten der Sekte auf klare Ablehnung und kreativen Protest vieler treffen.

Weitere Informationen, Berichte und Hintergründe zu UL im Netz:

§ Dokumentation der kritischen Auseinandersetzung mit UL: www.ul-doku.de.vu
§ Kritische Broschüre zu UL aus Tierrechtskreisen:  http://maqi.veganismus.ch/maqi.de/txt/ul.html
§ Schwerpunkt der voice als .pdf:  http://archiv.voice-magazin.de/wohnung/ul-bericht_voice_31-2002.pdf
§ Soli-Kampagne für die voice und Meinungsfreiheit: www.freespeech.info


Noch mehr Infos, Links und Aktionsideen: www.ul-doku.de.vu
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 13 Kommentare an

Mal ehrlich — schuschu

... — ...

immer auf die Kleinen — Norbert

@ergenzungen — ich

@schuschu — ich

@ ich — Norbert

@ Achim Stößer — Norbert

@norbert — ich

Qich — Schuschu

O je, Lemura — Norbert