Repression gegen "Überflüssige" in Berlin

antifa.de 25.02.2005 01:00 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Hausbesuche durch das LKA am Donnerstag (24.2.05) // Rund 20 Personen betroffen // Kriminalisierung betrifft "Die Überflüssigen" // AWO ließ im Oktober 2004 symbolische Besetzung durch Polizei räumen // Besetzung als Aktion gegen "1-€-Jobs" // Betroffene sollen sich bei der ALB oder beim EA melden
Am Donnerstag bekamen zahlreiche Polit-AktivistInnen in Berlin Hausbesuch von den Bullen. Ihnen wurde eine Vorladung wegen der Besetzung der AWO-Zentrale vom Oktober 2004 übergeben - Vorwurf: Hausfriedensbruch und Verstoß gegen das Versammlungsgesetzt. Da nicht zu überblicken ist, wer alles von den Repressionen betroffen ist, gibt es den Aufruf an alle Betroffenen, sich bitte bei der ALB ( mail@antifa.de) oder beim Ermittlungsausschuß (Tel: 692 22 22) zu melden. Dann können wir gemeinsam besprechen was wir machen. ACAB

Infos zu den Überflüssigen:  http://www.ueberfluessig.tk und  http://act.so36.net


Die Pressemitteilung der ALB vom Donnerstag-Abend

Polizei-Besuch nach 1-€-Job-Aktion

Für die Besetzerinnen und Besetzer der AWO-Zentrale am Helleschen Ufer vom Oktober 2004 droht nun doch ein gerichtliches Nachspiel. Beamten des Berliner Staatsschutz (politische Abteilung des LKA) suchten am vergangenen Donnerstag, den 24.2.05 mehrere Personen in ihren Privatwohnungen auf, um ihnen eine Vorladung zu übergeben. Die Anzeige lautet auf „Versstoß gegen das Versammlungsgesetz“ und „Hausfriedensbruch“.

Bei der Aktion am 11.10.2004 hatten zeitweilig rund 80 Personen die Räume der Arbeiterwohlfahrt in Berlin-Kreuzberg besetzt. Ihre Aktion richtete sich gegen die Einführung der „1-€-Jobs“ im Betrieb der AWO. Dem anwesenden AWO-Landeschef Hans Nisble (SPD) wurden damals die Forderung übergeben, er solle von der Einführung der 1-€-Jobs in seinem Landesverband Abstand nehmen – für einen Sozialdemokraten eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Herr Nisble ließ sich auf keine Debatten ein, rief die Polizei und ließ die Besetzer räumen. Gegen 25 Personen wurde eine Anzeige aufgenommen. Hausfriedensbruch wird nicht von Amtswegen zur Anzeige gebracht: hier hat sich Hans Nislbe persönlich bei der Polizei eingesetzt.

Die Besetzung war die erste Aktion der „Überflüssigen“. Die „Überflüssigen“ sind ein Gruppe, der sich die Menschen zugehörig fühlen, die im kapitalistischen System als überflüssig gelten: Langzeitarbeitslose, Sozialhilfeempfänger, studentische Jobber, illegale Einwanderer, job-lose Jugendliche, prekär Beschäftige, Asylbewerber, ...

Eine Betroffene äußerte am Donnerstagabend: „Bei mir hämmerten zwei Männer an die Tür. Als ich verängstigt öffnete drückten sie mir den Zettel mit der Vorladung in die Hand“. Anderorts wurden die Personen nicht angetroffen oder öffneten nicht die Tür – die Vorladung wanderte in den Briefkasten.

Das Vorgehen der Berliner Polizei sollte im Grunde bei niemanden in der Stadt mehr für Verwunderung sorgen. Warum die Aktivisten jedoch in den Genuss einer persönlich überbrachten Vorladung kommen, bleibt unklar. „Wir vermuten dahinter den weiteren Versuch, linke Aktivisten einzuschüchtern“, äußerte Anja Laumeyer, Sprecherin der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB). „Es ist schon bedrückend, wenn zwei Männer vor Deiner Tür stehen und Dir ins Gesicht sagen, ‚Du bist eine Polit-Kriminelle! Wir beobachten Dich!’“.



Indy-Beitrag zur Besetzung:  http://de.indymedia.org//2004/10/96154.shtml
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Video und Fotos zur AWO-Aktion

ACT! 25.02.2005 - 01:09
Zur Aktion der Überflüssigen gabs nicht nur bei Indy schöne Fotos:

Umbruch:  http://www.umbruch-bildarchiv.de/bildarchiv/ereignis/111004awo_besetzt.html

Video:  http://de.indymedia.org/2004/11/98161.shtml

Überflüssige bei Borchardt

überflüssig 25.02.2005 - 01:15
Es gab ja noch die coole Aktion beim Luxus-Restaurant "Borchardt" in Berlin-Mitte. Da hat das Personal auf Anzeigen verzichtet, obwohl die Bullen am nächsten Tag nochmal kamen und auf eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch gedrängt hatten (da können die Bullen anscheinend nur ermitteln, wenn der Restaurant-Leiter selber Anzeige erstattet) .

Videoclips zur Aktion im Borchardt:

freundeskreis v i d e o c l i p s 25.02.2005 - 12:33
Alle bei indy veroeffentlichten videoclips ueber aktionen der Ueberfluessigern sind in bester bild- und tonqualitaet auf DVD-R fuer einen Unkostenbeitrag bei  videoclips@gmx.net erhaetlich.
--------------------------------------------------------------------------
--------------------------------------------------------------------------

Die Ueberfluessigen essen mit den Reichen
Berlin-Mitte, 18.12.04 - Protest gegen Hartz IV - Die Ueberfluessigen essen bei Borchardts in der Friedrichstrasse mit den Reichen.

 http://de.indymedia.org/2004/12/101915.shtml
----------------------------------------------------------------------------

Die Ueberfluessigen gehen essen
Berlin-Mitte, Franzoesischen Strasse, 18.12.04, 20:00 - Die Ueberfluessigen gehen im Nobel-Restaurant Borchardt essen. Beteiligte kommentieren die Aktion.

 http://de.indymedia.org/2005/01/103900.shtml
----------------------------------------------------------------------------

Die Ueberfluessigen gehen essen, Teil 2
Berlin-Mitte, Franzoesische Strasse, 18.12.04, 20:15 - Die Ueberflussigen werden von den KellnerInnen aus dem Restaurant gedraengt - Ueberfluessiger erklaert Ablauf und Sinn der Aktion - Presseerklaerung und Pressespeiegel zur Aktion -

 http://de.indymedia.org/2005/01/103908.shtml

Vielleicht eine Ergänzung?

Täusch ich mich 25.02.2005 - 14:29
oder muss man da nicht hingehen? Eine Vorladung ist doch nicht zwingend, man kann hingehen, muss aber nicht!? Hatten mal ne Hausdurchsuchung, von den 10 anwesenden haben 8 eine Vorladung bekommen, keiner ist hingegangen!

Sprecht euch auf jeden Fall untereinander ab und geht gemeinsam dagegen vor, Viel Erfolg!!

Richtig

antifa 25.02.2005 - 16:04
Zur polizeilichen Vorladung muss man nicht erscheinen, anders sieht's bei der Vorladung durch Richter oder Staatsanwalt aus.

(muss ausgefüllt werden)

LA Guns 25.02.2005 - 17:02
Zum einen sollte es Aufmerksam machen, das bei einem relativ geringfügigen delikt (wie du ja selbst feststellst) direkt LKA-Beamte anmarschieren, zum anderen ist es _absolut_ notwendig sich in Bezug auf eine zu erwartende Prozesswelle (es geht wohl um ca. 20 Personen) _rechtzeitig_ zu koordinieren um ein gemeinsames Handeln absprechen zu können. Oder bist du einer von denen die immer versuchen sich individuell rauszureden? Diese ständige Besserwisserei nervt.

Antirepressionsarbeit

SolidarischeR 25.02.2005 - 20:26
Wendet euch am Besten an eine Anti - Repressionsgruppe, koordiniert euch und macht diese Sache öffentlich - auch außerhalb linker Strukturen und Medien. Das Ganze ist eine Riesensauerei. Solidarität ist eine Waffe!

Politschauspieler

Gelangweilt 26.02.2005 - 14:44
Wenn sich die Unterdrückten und Ausgebeuteten eben nicht selbst erheben, wie es die Sozialromantiker in der Linken immer noch erhoffen, wird der Aufstand eben durch die Linke selbst simuliert.

Es ist mehr eine Tragödie als erheiternd, wie sich immer noch das Bild von den Opfern des Kapitalismus hält, die ja eigentlich nur darauf warten, endlich aufzustehen. Und weil das Wunschbild des hehren Armen leider nicht zu den stumpfsinnigen Rädchen des Wertgesetzes passt, die im Zweifelsfall immer nach unten treten, simuliert man den Wunsch-Sozialhilfeempfänger eben selbst. Dann stimmen Wunsch und Wirklichkeit wieder überein.

Für eine emanzipatorische Entwicklung ist damit nichts gewonnen.

btw: Wenn sich die schauspielenden Polit-Profis dann auch noch so tun, als seien sie von klopfenden Staatsschützern "verschüchtert" worden, wirds langsam zum Schmierentheater.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 6 Kommentare an

@ Clements Albtraum — weg damit!

Nisble — coolio