Bunter JUKSS

ups 30.12.2004 15:25 Themen: Freiräume Ökologie
Der JUKSS hat mittlerweile seine Halbzeit erreicht. Seit Sonntag sind über zweihundert Menschen nach Magdeburg gekommen und gestalten nun für eine Woche ihr selbstorganisiertes Leben auf dem JUKSS. Die Zahl der spontanen Arbeiktskreise steigt ebenso wie die Themenvielfalt. Es gab theoretische und praktische Workshops, heute u.a. eine Carwalking-Aktion in der Magdeburger Innenstadt. Wer noch kommen will, kann noch einiges erleben.
Der Sonntag wurde eigentlich im wesentlichen mit dem Aufbau des Jugendumweltkongresses gefüllt. Mittlerweile stehen mehrere inhaltliche Plattformen (Ökologie, AntiAtom, Schulkritik, Direct Action) und das Unigebäude ist mit diversen Plakaten, Ausstellungen und Kommunikationsfeldern gestaltet. Das gesamte Leben auf dem JUKSS ist "von unten" organisiert. Abgesehen von äußeren Zwängen und dem Rahmen, den die Orgagruppe gesetzt hat, sind alle Entscheidungen frei. D.h. eigentlich sind die beschränkenden Faktoren bestimmte Finanzen, die von externen GeldgeberInnen kommen und die Auflagen, die die Uni erteilt hat.

Nachdem jahrelang auf dem JUKSS Basisdemokratie probiert wurde, wird nun erstmals ein herrschaftsfreieres Modell ohne zentrales Plenum versucht. Das liegt u.a. darin begründet, dass es niemanden geben soll, die/der für den JUKSS sprechen kann (denn dass alle dasselbe meinen und wollen ist eigentlich ausgeschlossen) und dass zentrale Strukturen selbständiges Agieren und Intervenieren behindern (da sich schnell auf "Zuständige" verlassen wird). Stattdessen sollen die Menschen, die den JUKSS machen für sich entscheiden was sie wollen und intervenieren, wenn sie mit etwas Probleme haben. Darüber sollen dann die Betroffenen selbst entscheiden, ohne dass es Vorschriften darüber gibt, wie solche Entscheidungen gefasst werden müssen. Das sollen die Menschen miteinander verhandeln.

Damit das funktionieren kann, muss viel Transparenz über Geschehnisse und Prozesse geschaffen werden und klar sein, dass es wenig Dominanzen und Hierachien geben soll, angestrebt ist, dass Sachen selbstorganisiert laufen können und Herrschaftsabläufe nach Möglichkeit unterbunden werden sollen. Es muss also auch viel kommuniziert werden und immer wieder neue kreative Ideen zur konkreten Problemlösung gefunden werden. Standardisierte Vorhergehensweisen gibt es dabei nicht.

Zum herrschaftsfreien JUKSS gehört auch, dass Leute, die sich die alten Strukturen zurückwünschen, versuchen können, basisdemokratische Zustände (also Herrschaft von denen, die besser mit diesen gar nicht so gleichberechtigteny wie gerne dargestellten Herrschaftsmechanismen umgehen können) wieder herzustellen. Das ist auch gerade der Fall. Es fing mit der Einführung sogenannter "Infoplena" vor zwei Tagen an, die zwar erstmal keinen Entscheidungscharakter hatten, aber schonmal diesen Anspruch, dass es eine zentrale Sache geben soll, wieder konstituierten. Gestern Abend begannen nun Leute, das zentrale Entscheidungsplenum wiede etablieren zu wollen. Es wurde nun zu einem solchen für heute Abend eingeladen. Zwar ist es theoretisch ausgeschlossen, dass aus dem bestehenden anarchistischeren Modell heraus so eine zentralistische Struktur entstehen kann, solange es Leute gibt, die damit nicht einverstanden sind. Aber die Praxis von Plena und Basisdemokratie ist ja typischerweise, dass sie für sich beanspruchen, alle zu vertreten und die die nicht mitmachen dann selbst schuld sind, wenn über ihre Köpfe hinweg entschieden wird.

Es ist ohnehin erstaunlich, dass es Leute gibt, die sich das Plenum, das nie endet, wo sich ein paar Leute profilieren und alle anderen - oftmals dinge anhören, die sie nicht interessieren - rundrum sitzen. Aber trotzdem schaffen es die PlenivistInnen immer wieder die Atmosphäre des Bedeutungsvollen zu schaffen...

Inhaltliche Arbeitskreise gab es in den letzten Tagen zu selbstorganisiertem Lernen, Einführung in den Anarchismus, umweltverträglicher Mobilität, Kommunikationsguerilla, AntiAtom, Gebärdensprache, Macht der Medien, alternative Landwirtschaft, Gentechnik, Tierrechte & Tierbefreiung, alternative Verhütungsmethoden, Esperanto, Anti-Luther und -Christentum, Einführung in Linux, Zuwanderungsgesetz, Sexismus, Improtheater, Erlebnisberichte aus El Salvadore und Indien, Naturheilkunde und Erste Hilfe, Zukunftsängste, Ökojobs, Knäste abschaffen und vieles mehr.

Es gibt eine eigene Sanigruppe auf dem JUKSS, die sich um die medizinische Versorgung der TeilnehmerInnen bemüht. Das Essen wird vom niederländischen Kochkollektiv Rampenplan mit Unterstützung der JUKSSies gekocht. Die Lebensmittel kommen aus ökologischem Anbau und sind fast komplett vegan (ursprünglich war die Versorgung vollständig vegan, einige Leute haben sich nun aber mit vegetarischem Zeux versorgt - es gab einige Debatten um vegane Ernährung und inwiefern der politische Anspruch des Kongresses mit nicht-veganen Lebensmitteln vereinbar ist. Doch davon zu berichten wäre hier zu viel).

Weiterhin gibt es Teili-Cafes, die nochmal völlig ihr eigenes Ding machen und je nachdem wie die Leute drauf sind, einfach nur Getränke anbieten, oder auch Waffeln backen und anderes kreieren.

Zur Information über die Abläufe beim JUKSS, zu neuen Arbeitskreisen und allem, was JUKSSies berichten wollen, gibt es eine Klozeitung, die dort aufgehängt wird, wo alle irgendwann sind und Zeit zum Lesen haben...

Auch für ein fettes Kulturprogramm ist gesorgt. Einige Bands spielen an den Abenden (z.B. Die Guten und Peryton), es gibt künstlerische Aktivitäten, Theater und alles mögliche andere. Infos zu aktuellen Angeboten und Mitmachmöglichkeiten gibt es in der Infothek (selbstorganisierter Infobereich im JUKSS-Gebäude mit Menschen und Kommunikationsmöglichkeiten) und an diversen Stellen im JUKSS-Raum (nur leider nicht so aktuell im Internet).

In den nächsten Tagen wird es noch einiges an Programm geben. Wer also noch dazustoßen möchte kann noch viel machen. Mehr Infos zum JUKSS und zur Anfahrt auf  http://www.jukss.de.
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Ergänzungen

JUKSS-Forum

Jörg 31.12.2004 - 13:16
für die virtuelle diskussion dabei und danach

 http://jukss.gruenes-forum.net

Vegan oder?

Ich 31.12.2004 - 15:57
"es gab einige Debatten um vegane Ernährung und inwiefern der politische Anspruch des Kongresses mit nicht-veganen Lebensmitteln vereinbar ist. Doch davon zu berichten wäre hier zu viel"

Was für Debatten gab es denn. Gerade ein inhaltlicher Bericht darüber wäre doch hoch interessant. Die Gegensätze, die auch auf dem JUKSS aufeinander treffen können doch nicht einfach lapidar abgetan werden. Zur Zeit sieht es zwar nicht so aus, als ob die wenigen Leute, die zum Treffen kommen zwei Kongresse machen. Allerdings nimmt die Auseinandersetzung immer größere Dimensionen ein.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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DKP-Spam — jukssi

Grünen-Spam — JUKSSi

bunter jukss? — jörg