Spanien: keine Verurteilung der Folterer

Z(11#) 07.12.2004 00:42 Themen: Repression Weltweit
Amnesty International, Dez.2004: Spanien gestattet Straflosigkeit für polizeiliche Folterer. Ausserdem wird den Opfern eine adäquate Entschädigung verweigert...
Übersetzung des zusammengefaßten Berichts
Amnesty International, Dez.2004: Spanien gestattet Straflosigkeit für polizeiliche Folterer

Ausserdem wird den Opfern eine adäquate Entschädigung verweigert, so die AI-Dokumentation. Die Mehrzahl des Amtsmißbrauches wurde im Namen des Kampfes gegen Terrorismus begangen.

Amnesty International empfiehlt Rechtsreformen zur Wiedergutmachung und zur Revision des gewährten Straferlasses für die Verantwortlichen

ARMANDO G., Hauptkorrespondent

Madrid, 03.Dez.2004: Spanien gestattet vielfach, dass die von Polizeikräften begangenen Folterungen an MingrantInnen ohne Papiere (sin papeles) und an der Zugehörigkeit zu ETA Verdächtigen ohne Strafverfolgung bleiben und dass den Opfern keine angemessenen Entschädigungen gewährt werden, so klagt Amnesty in seiner am Freitag der Öffentlichkeit vorgelegten Informationsdokumentation an

Das Dokument erntlarvt die Doppeljustiz des spanischen Staates. Opfer von Folter und Mißhandlungen ohne Wiedergutmachung analysierte 450 rechtskräftige Urteile spanischer Gerichte zwischen 1980 und 2004 - davon wurden 95 intensiv auf Beweise für Folter oder Mißhandlungen geprüft .

AI gibt ebenso an, dass die Folgeregierungen Spaniens die Komission gegen Folter durch Sicherheitskräfte und gegen Straffreiheit ignorierten, eine Straffreiheit die offensichtlich die verantwortlichen Beamteten vor Verurteilung wegen Verletzung der Menschenrechte schützt.

Die Dokumentation zieht ein mehr als beunruhigendes Fazit : Obwohl die Anwendung der Folter bewiesen und die entsprechenden Strafmaße ausgesprochen worden war, wurde die Mehrzahl der Verantwortlichen wegen Verjährung der Vergehen freigesprochen - weil die direkt Schuldigen nicht identifiziert wurden oder Dank "der rechtlichen Absolution durch die indirekt Verantwortlichen ".

Eine Reform der Legislativen ist von Nöten

Die Organisation zur Verteidigung der Menschenrechte empfiehlt eine Reform besonders der Antiterrorgesetze, da die meisten Fälle von Folter und Mißhandlung während der Phase des durch diese Gesetze legitimierten " incomunicado " ( bis zu 12 Tagen Vernehmnunghaft ohne Anwaltskontakt oder die Erlaubniss zu Telefonaten ;völlige Isolation ) begangen wurden.

AI legt die Hindernisse für justiziellen Opferschutz dar: "Die Leugnung der Fälle von Folter seitens der Folgeregierungen ; die lange Prozeßdauer; die Freisprüche; fehlende Kriterien für die Festlegung angemessener Opferentschädigung; die Unterschätzung der durch Folter verursachten Schädigungen und das völlige Fehlen von Unterstützung durch die Regierung.

Das primäre Hinderniss für eine Korrektur der Justizirrtümer hinsichtlich der Folter in den spanischen Komissariaten, ist die Verzögerung der Gerichtsprozesse und die Passivität der folgenden Zentralegierungen statt der Anwendung einer energischen Politik gegen diese Formen der Gewalt, so die Dokumentation.

Die Mehrheit der Opfer der von AI breit zugänglich gemachten Analysen mußte mehr als sieben Jahre lang warten bis einer Entschädigung zugestimmt wurde, so Esteban Beltrán, Direktor von AI in Spanien.

Anhand von Unterlagen läßt sich die Geringschätzung der juristischen Statuten gegenüber der Praxis von Folter belegen : mehr als 40 % der vom Obersten Gericht verkündeten Urteile ergingen zwischen 5 und 10 Jahren nach der Anklageerhebung; 27 % zwischen 10 bis 15 Jahren und 16 % zwischen 15 und 20 Jahren.
Dies zeigt, dass von 100 Anklagen wegen Folter nur 1,5 in weniger als einem Jahrfünft ( un lustro = ca. 2,5 Monate ) zu Verurteilungen führten

Diese Verzögerung durch die RichterInnen bei Folteranklagen stellt eine Provokation dar, weil dadurch die Strafen für solch schwerwiegende Delikte wegen in Krafttretens von Verjährung der Anklage nicht verhängt werden ,so AI, und weil die Beschuldigten ohne jede gerichtliche oder administrative Sanktionierung im Amt/in Stellung bleiben. Zudem wurden/werden sie " belohnt " ( mit Beförderung z.B.); oder freisgesprochen und wieder in den Polizeiapparat integriert.

Trotz der durch die Folter verursachten psychischen Traumatisierungen binden die spanischen Gerichte in diesen Fällen die Leistung von Wiedergutmachung an eine Klausel, welche die Opfer auf in Konsequenz erlittene Verkehrsunfällen einschränkt. In ungefär 1/3 dieser Fälle erhielten die Opfer weniger als 600 € - eine völlig unzureichende Summe um ärztliche Konsultationen und eine psychologische Therapie zu bezahlen. ( Anmrkg. Das spanische Gesundheitssytem ist wesentlich unwohlfähriger als das deutsche / war).

Obwohl Folter , so AI, " in Spanien keine Systematik besitzt " ( Anmrkg.die Anführungszeichen stehen so im Original und tatsächlich wiederspricht diese Feststellung den Berichten von Solidaritätsorganisationen mit politischen und allen Gefangenen in Anprangerung des Strafvollzugsregimes F.I.E.S. - Links dazu am Artikelende ) ... ist die Mehrzahl der erhobenen Anklagen glaubhaft und erfolgt mit grosser Häufigkeit, primär im Zusammenhang mit Terrorismusverfolgung - aber auch in Fällen mit RASSISTISCHEM HINTERGRUND gegen ausländische MitbürgerInnen, mehrheitlich MigrantInnen aus Lateinamerika und dem Magreb. Alle versucht m@n mit demselben Argument zu diskreditieren: Die Anklagenden versuchten nur " die Glaubwürdigkeit der Autoritäten " zu untergraben, dies gilt besonders dort wo es sich um Fälle von Terrorismus ( ? ) handelt.
Viele der MigrantInnen haben Angst, Anklage zu erheben da sie ohne Papiere sind, dies pflegt der Fall zu sein nach der Agression als auch dann, wenn sie Papiere beantragen, so Beltrán
Ein Beispiel dafür ist die Peruanerin Miriam Rosa Verástegui, " illegale " Migrantin die verhaftet und während des Arrestes 1998 vergewaltigt wurde. Sie verzichtete auf eine Anklage weil " ich will keinen Skandal.Meine Töchter ( in Peru ) haben zu essen." Eine spanische Unterstützende konnte sie letztlich doch noch zur Anklage bewegen was zu einer langjährigen Verurteilung führte.

Weiter AI verweist auf 23 Empfehlungen die an das Parlament, die Regierung, Justiz- und staatliche Sicherheitskräfte gesandt worden sind. Diese Empefhlungen beziehen sich u. a. auf spezielle legislative Maßnahmen zu Widergutmachungsgarantien für die Opfer; die Revision der Gewährung von Straferlass im Zusammenhang mit begangenen Folterungen und Mißhandlungen und die baldmöglichste Ratifizierung des Zusatzprotokolles der Antifolterkonvention.

Die Ratifizierung dieses Dokumentes würde voraussetzen, dass Spanien unangemeldete Inspektionen an Orten von Verhaftungen zustimmt, so erklärt Fernando Mariño, Präsident des Komites gegen Folter der UN der zwar anerkennt, dass Spanien sich wegen des Problems des Terrorismus in einem schwierigen Konflikt befindet, aber gleichzeitig verselbstverständlicht, dass es KEINEN Grund für eine Legitimierung von FOLTER geben kann.

Durch die Anwendung seiner Justiz liegt es in den Händen Spaniens, den Kampf gegen die Methodik des Folterns zu stärken - dies sollte das höchste politische Gebot sein und zum grössten politischen Verdienst werden. Für Amnesty International ist die Definition von Folter des spanischen Staates im Vergleich zu jener der Antifolterkonvention unverändert restriktiv, da sie keinerlei Ächtung von Diskriminierung als Motiv für Folter beinhaltet.

Schlußletztlich macht AI darauf aufmerksam, dass täglich viele Beamtete mit gefährlichen Situationen konfrontiert sind und sich bei zahlreichen Gelegenheiten durch ihre Amtserfüllung für die Allgemeinheit verdient machen - es ist die Pflicht der Regierenden, diese zu unterstützen und als klare Botschaft zu übermitteln, dass ein anderes ( Fehl ) - Verhalten nicht toleriert ( werden ) wird

( Quelle: La Jornada, Mexico >  http://www.jornada.unam.mx/2004/dic04/041204/024n1mun.php < )

LINKS:

FIES - das spanische Foltersystem
 http://de.indymedia.org/2004/09/92520.shtml
 http://de.indymedia.org/2004/09/92518.shtml

Gefangenenmißhandlung in spanischen Knästen
 http://www.de.indymedia.org/2004/07/87515.shtml

Nicht nur in Spanien

Folterstrukturen " demokratischer Rechtsstaaten
 http://de.indymedia.org/2004/10/96351.shtml

Das regierungsdeutsche Verhältniss zur Folter
am Beispiel Asylrecht
 http://de.indymedia.org/2004/10/96350.shtml
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