Proteste gegen Folterbefürworter

Kampagne Libertad! 19.11.2004 12:29 Themen: Medien Repression
In verschiedenen Städten organisierte Libertad! am Donnerstag und Freitag Protestaktionen gegen Folter und ihre Befürworter. In Saarbrücken wurde gegen Oskar Lafontaine protestiert und an seinem Haus plakatiert. In München wies ein Infostand in der Innenstadt insbesondere auf die Rolle des Professors an der Bundeswehrhochschule Michael Wolfsohn hin. An der Freien Universität in Berlin wurde gegen andere professuale Relativierer des Folterverbots, wie Prof. Dr. Winfried Brugger protestiert. In Rhein-Main wurde der Vizepolizeipräsident an seinem Wohnort besucht.
Für Folter gibt es keine Rechtfertigung
Proteste gegen Folterbefürworter in verschiedenen Städten

Bereits am Donnerstag hatten Mitglieder von Libertad! gemeinsam mit anderen Gruppen während der Eröffnung des Frankfurter Folter-Prozesses vor dem Gerichtsgebäude demonstriert:
 http://de.indymedia.org/2004/11/99455.shtml

Seit dem 18. November 2004 steht der vorläufig suspendierte Frankfurter Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner in Frankfurt vor Gericht. Daschner machte im Herbst 2002 eine Anweisung, einen Verdächtigen foltern zu lassen, aktenkundig, und beschwor damit gezielt eine öffentliche Debatte über die Legitimität und die Legalität von Folter herauf.

Libertad! wies anlässlich der Prozesseröffnung darauf hin, dass sich diese Debatte in eine internationale Entwicklung einreiht, in der bürgerliche Demokratien sich ihrer proklamierten Enthaltsamkeit der Folter gegenüber entledigen.
Fotos von gedemütigten Gefangenen aus dem irakischen Abu Ghraib machten die Systematik der Misshandlung von Gefangenen durch Soldaten öffentlich. Das spanische Gefängnissystem sieht seit 1991 repressive Sonderbehandlungen vor. In Italien wurde ein Gesetz beraten, das die einmalige Folter an Gefangenen legalisiert. In England sind Aussagen, die unter Folter erpresst werden, gerichtsverwertbar. Diese Beispiele zeigen: Der Schritt vom "bedauerlichen Einzelfall" zum System der Folter ist vollzogen.

Angesichts dieser Entwicklung macht Libertad! deutlich: wer Folter rechtfertigt und verteidigt, macht sie praktikabel.

Der zur Folter bereite Vize-Polizeipräsident Wolfgang Daschner ist in Deutschland nicht allein. 700 seiner Polizeikollegen erklärten mit ihrer Unterschrift, Daschner sei kein Vorwurf zu machen. Von zahllosen Prominenten erhielt er öffentlich Unterstützung: Roland Koch, hessischer Ministerpräsident, Brigitte Zypries, Bundesjustizministerin, Rupert von Plottnitz, ehemaliger Justizminister in Hessen, Gert Mackenroth, Vorsitzender des deutschen Richterbundes, Konrad Freiberg, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei und viele andere betonten in der Debatte angebliche gute Gründe, um von Seiten des Staates Folter als Verhörmethode zu legitimieren.
Auch Oskar Lafontaine, ehemaliger SPD-Vorsitzender und gern gesehener Redner auf Demonstrationen, outete sich als Befürworter der zur Diskussion gestellten Menschenrechtsverletzung: Zwar sei Folter gesetzlich verboten, jedoch gebe es "immer Situationen im Leben, wo der Verweis auf Gesetze oder das Beharren auf Prinzipien nicht weiterhilft".

Libertad! akzeptiert keine wertende Einteilung in abzulehnende "schlechte" Folter unter der Herrschaft von Diktaturen und akzeptabler "gut begründeter" Folter in Demokratien. Libertad! rückt den Folterbefürwortern auf die Pelle. Mit der Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude am Tag der Prozesseröffnung, mit Protestbesuchen bei Folterbefürwortern, mit Infoständen und Plakataktionen in verschiedenen Städten wendet sich Libertad! gegen Legitimierung und Legalisierung von solchen Menschenrechtsverletzungen.
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Ergänzungen

Nachdenklich

Nick 19.11.2004 - 16:21
Ich denken es gibt einen Unterschied, zwischen den brutalen und menschenverachtenden Übergriffen im Irak und der angedrohten Gewaltanwendnung durch Daschner. Im ersten Fall geht es um das Quälen und um die Entwürdigung von Menschen um zweiten Fall erfolgte der Übergriff zur Rettung eines Kindes. Wenn das Leben meiner Kinder (vier) bedroht wäre, ich würde alles für sie machen ....

@ Nick

Jemand 19.11.2004 - 16:34
Was Du schreibst, ist unsinn! Folter dient nie dazu, "Wahrheiten" zu bekommen (unter Folter gestehen viele Menschen ALLES!), Folter dient immer staatlichen Terror, Einschüchterung und co.
Der Frankfurter Fall ist hier ein gutes Beispiel:
- das Opfer war längst tot, die Folterandrohung hatte keinerlei Einfluß darauf
- sämtliche Beweise, die zur Verurteilung genügten, wurden ohne Folter und ohne Folterandrohung gesammelt
- die Folter wird schliesslich (so wie auch Ausreiseverbote, Schleierfahndung und genetischer Fingerabdruck) gegen Oppositionelle eingesetzt
In den staatstragenden Medien wird natürlich Pro-Folter berichtet, da dieser Fall auf Einführung der Folter vorbereiten soll. Es ist eine Kampagne.

Spontane Kundgebung vor Daschners Haustür

antifa 19.11.2004 - 16:52
Einen Tag nach der Prozesseröffnung gegen den ehemaligen Frankfurter Polizei-Vize Wolfgang Daschner protestierten ungefähr 20 Antifaschisten vor seiner Haustür in Taunusstein (Hessen). Sie verteilten Flugblätter in der Nachbarschaft und zeigten ein Transparent mit der Aufschrift "Freiheit stirbt mit Sicherheit - Hessen vorn: Überwachung.Folter.Abschiebung."

In einem Redebeitrag kritisierte der Sprecher der autonomen antifa [f], Lars Mertens: "Es ist infam, dass sich der ehemalige Polizeivize als Opfer garstellt. Daschner ist vielmehr eine Schlüsserfigur in einer insenzierten Kampagne für den weiteren Abbau der letzten Grundrechte." Der Versuch die Androhung von Folter in "unmittelbaren Zwang" umzulügen und damit zu rechtferigen verleihe dem Vorgang nur noch besondere Brisanz.

Ziel der spointanen Kundgebung sei gewesen, deutlich zu machen, dass "auch Schreibtischtäter Namen und Adressen" hätten. Mertens weiter: "Die Akteure der reaktionären Formierung dieser Gesellschaft werden auch weiterhin damit rechnen müssen, dass ihre heuchlerische Vorstadt Idylle nicht ungestört bleibt."

Die Reaktion der Nachbarn des Herrn Daschner habe dabei gezeigt, dass der Protest richtig gewesen sei. Ein Demonstrantin erzählte: "Wir wurden beim Flyer verteilen fast durchgehend von agressiven Anwohnern als "Kommunistenschweine", "Verrückte", "Ausländer" und "arbeitsscheues Gesindel" bezeichnet. Der antifa Sprecher dazu: "Herr Daschner, als Prototyp des autoritären Charakters der er ist, befindet sich
offenbar in guter Nachbarschaft."

Als die spontane Kundgebung schon beendet war erschienen nach Angaben der Teilnehmer plötzlich eine große Anzahl Polizisten, die ebenfalls ziemlich agressiv vorgegangen seien. Bei einigen Demonstrantinnen wurden die Personalien festgestellt, sowie Flugblätter und ein Transparent beschlagnahmt.

"Die überzogene Reaktion der Polizeibeamten zeigt, dass wir in ein Wespennest gestochen haben. Sollte sich zeigen, dass nun weiter versucht wird, die unliebsamen Demonstrantinnen einzuschüchtern und zu kriminalisieren - müssen wir wohl wiederkommen." so Lars Mertens abschließend. "Den Weg kennen wir ja jetzt..."

Zeitgleich fanden Aktionen in weiteren Städten gegen Folterbefürworter statt. Darunter u.a. gegen den Pseudo-Linken Oskar Lafontaine.

action in munich

Libertad! Süd 20.11.2004 - 16:52
19.11.04

Infostand in Münchens Fußgängerzone.

Zum Anlass der Prozesseröffnung gegen den ehemaligen Polizeivizepräsidenten von Frankfurt, Wolfgang Daschner, fand in München ein Infostand mit Stellwänden und Transparent statt.

Zwei Stunden lang wurde trotz Schneetreibens mit PassantInnen über Folter auch in �westlichen Demokratien� diskutiert, speziell über die Debatte, die durch die Folterandrohungen des oben genannten W. Daschner bundesweit ausgelöst wurde. In dieser hatten sich Persönlichkeiten wie Oskar Lafontaine und der in Neubiberg bei München an der Bundeswehrhochschule lehrende Michael Wolffsohn deutlich für die Anwendung von Folter in einzelnen Fällen stark gemacht. Die Gespräche waren teilweise sehr interessant, gingen aber auch bis hin zu wüstesten Beschimpfungen gegenüber den VeranstalterInnen.

Eine Vertreterin von Radio Lora, die Interviews mit PassantInnen und den OrganisatorInnen machte, war auch zugegen.

Abends wurden noch Flugblätter vor besagter Bundeswehrhochschule verteilt, um auch dort über die Aussagen des Folterbefürworters Michael Wolffsohn zu informieren.

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Birnen, Äpfel und Gewalt — Unentschiedener

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