Prozesseröffnung von Protesten begleitet(Ffm)

antifa 18.11.2004 10:36 Themen: Antifa
Linke Gruppen protestieren gegen Grundrechtsabbau.
Anlässlich der Eröffnung des Prozesses gegen Wolfgang
Daschner protestierten heute morgen Aktivisten der
autonomen antifa [f], der Initiative Libertad! und die
Jungdemokraten Frankfurt gegen den "reaktionären
Grundrechtsabbau".
Mit Transparenten mit der Aufschrift "Freiheit stirbt
mit Sicherheit" und "Hessen vorn: Überwachung. Folter.
Abschiebung.", sowie Flugblättern "bewaffnet"
versammelten sich dutzende Demonstranten am heutigen
Donnerstag Morgen ab 8.30 am Eingang zum
Gerichtsgebäude E um die Aushöhlung der "letzten
Grundrechte" zu kritisieren. Pressepräsenz war riesig (ARD;RTL;N24,VOX,ntv,zdf,hr,sat1,Prosieben,Radio FFH, etc. ...).

Hans-Peter Kartenberg, Sprecher der Initiative
Libertad! zum Schutz politischer Gefangener, stellt
eine bewusste Aufweichung des Folterverbotes im
öffentlichen Diskurs fest: „Die aufgeregte Debatte um
die Bilder der gequälten und gedemütigten Gefangenen
im Irak erweist sich angesichts der verständnisvollen
Reaktionen auf Daschners Verhalten als Heuchelei. Die
Legitimität von Folter wird in Europa wieder offen
diskutiert.“ Dies zeige sich nicht nur in den
Gesetzesinitiativen der Regierung Berlusconi, sondern
stehe auch hinter den Äußerungen des Münch­ner
Bundeswehr-Professors Wolff­sohn oder Innenministers
Schily. „Hier spricht nicht der sprichwörtliche
Stammtisch, sondern die geistigen Eliten des Landes
liefern als Schreibtischtäter die intellektuellen
Vorlagen für kommende Daschners”, warnt Hans-Peter
Kartenberg.

Die in Frankfurt ansässigen Gruppen sehen die
Infragestellung des Folterverbots in einer Reihe mit
der geplanten Ein­führung von biometrischen Daten, der
sogenannten „Präventiv­haft” und dem neuen
Zuwanderungsgesetz.

Als der Anwalt Daschners erschien, wurde er mit
wütenden Sprechchören wie "BRD - Folterstaat, wir
haben dich zum kotzen satt!" und "Freiheit stirbt mit
Sicherheit" empfangen.

Sahra Brechtel, Sprecherin der autonomen antifa [f]
erklärte hierzu: „Die Androhung von Folter im
Ausnahmefall erweist sich im Nachhinein nur als ein
weiterer inszenierter "Tabubruch", der dazu dient, den
Abbau der verbliebenen Grundrechte zu legitimieren.“

Es sei schon bezeichnend für die aktuelle
gesellschaftliche Entwicklung, so der antifa-Sprecher,
dass der radikalen Linken die Rolle zukomme, die
bürgerliche Demokratie zu verteidigen.

"Egal ob soziale oder bürgerliche Grundrechte, ihr
aus der Mitte der Gesellschaft vorangetriebener Abbau,
zeigt die zunehmende Unterordnung der menschlichen
Bedürfnisse unter die sogenannten "Sachzwänge" des
Kapitalismus. Es zeigt sich an dem Beispiel des
Grundrechtsabbaus deutlich, dass diese Gesellschaft
nicht in der Lage ist ihre Versprechen von "Freiheit,
Gleichheit und Brüderlichkeit" einzulösen." so Mertens
weiter.

Durch das Gerichtsverfahren erwarte man auch keine
Aufklärung, so Sharon Weingarten Sprecherin der
Jungdemokraten, da Daschner nicht wegen
Aussageerpressung, sondern lediglich wegen Nötigung
und Amts­missbrauch angeklagt ist. Auch gegen die an
der Folter-Drohung und geplanten Durchführung
beteiligten Polizeibeamten wur­den bisher noch keine
Ermittlungen aufgenommen.

In Redebeiträgen stellten die Demonstranten
darüberhinaus fest:
"Wolfgang Daschner steht bis heute zu der von ihm
begangenen Folterandrohung. Er wird nach wie vor von
dem Polizeipräsidenten von Frankfurt gedeckt, der das
Verhalten seines Stellvertreters zur Tatzeit „in
vollem Umfang“ billigte. Auch beim hessischen
Ministerpräsidenten Roland Koch fand Daschner damals
„Verständnis“.
Darüber hinaus scheint sich laut SPIEGEL der Verdacht
zu bestätigen, dass Daschner dabei direkte Anweisungen
aus dem hessischen Innenministerium erhielt."

Die autonome antifa [f], Libertad! und die
Jungdemokraten wollen die Demontage des Rechtsstaats
durch sich selbst auch in Zukunft nicht schweigend
hinnehmen und kündigen ihrerseits weitere Aktion zur
kritischen Prozessbegleitung an, die sich gegen
Folter als deutlichstem Ausdruck einer
reaktionären Sicherheitspolitik richtet­­.
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Ergänzungen

Flugblätter in Berlin

Anti-Folter-Komitee Berlin 18.11.2004 - 13:41
In Berlin wurden während des Frankfurter Prozesses unter anderem am John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin Flugblätter verteilt, deren ersten Absätze wiefolgt lauten:

"(K)ein bisschen Folter

Prozessbeginn gegen den Frankfurter Ex-Vizepolizeipräsidenten Wolfgang Daschner

Am 18.11.2004 beginnt vor dem Landgericht Frankfurt der Prozess gegen den suspendierten Frankfurter Vizepolizeipräsident. Wolfgang Daschner hatte die Folterung eines Verhafteten angedroht und öffentlich gerechtfertigt.

Das von Prof. Dr. Winfried Brugger (Universität Erfurt) in die Welt gesetzte Szenario eines bombenbesitzenden Terroristen, für den das Folterverbot nicht gelten dürfe, wurde im Zusammenhang mit der Debatte um Wolfgang Daschner begierig aufgegriffen. Der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm und der Leiter des Aspen-Institute Berlin Jeff Gedmin mischten sich mit ihren Forderungen über die Legalisierung von Folter nachzudenken in die öffentliche Debatte ein.

Georgs Bushs Ideologie-Botschafter Jeff Gedmin verlangte wiederholt "im Krieg gegen den Terror" juristische Bedenken beiseite zu lassen und "Gesetze der aktuellen Lage anzupassen". Nach der Anklageerhebung gegen Daschner stellte er im April 2004 in seiner 14-tägigen Kolumne die Leser der Tageszeitung "Die Welt" vor die Frage, was ihnen als Verwortliche lieber wäre: "moralisch und juristisch weiß wie Schnee" zu sein oder durch Verletzung der Genfer Konvention eine fiktive Bombe zu stoppen. Er reiht sich damit in den Kreis der Folterfreunde ein.

Gedmin ist seit September 2001 Leiter des Aspen Institute Berlin. Dort, auf der Insel Schwandenwerder am Wannsee, wird seit 1974 ein Wissenschaftler-Netzwerk geknüpft, das die us-amerikanische Politik und Ideologie verbreiten soll. Sie sprechen damit auch angehende Akademiker an, die sich beispielsweise am John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin Nordamerikastudien widmen."

Weitere Infos zu den Protesten

Antifa und Libertad! 18.11.2004 - 13:53
Proteste beim Eröffnung des Daschnerprozesses

Aus Sicherheitsgründen wurde der Prozess gegen den frankfurter Polizei-Vizepräsidenten Daschner in den Staatsschutzsaal verlegt. Vor dem Gebäuden meldeten Antifas und Libertad!ler/innen ihre Kritik an der Aufweichung des Folterverbots an. Pressemitteilung.

Großer Andrang von Besucher/innen und Medien bei der Eröffnung des "Frankfurter Folterprozesses". Mit Transparenten, Plakaten und Flugblättern protestierten Mitglieder der Antifa (f), der Jungdemokrat/innen und der Kampagne Libertad! gegen den inszenierten Tabubruch. Daschner hatte einem Verhafteten Folter androhen lassen und nach Bekanntwerden dieses Vorgangs prominente Fürsprecher gefunden. Insbesondere gegen diese Verharmlosung der Folter richtete sich der Protest und es wurde der Zusammenhang mit der Etablierung der Folter durch den Irak-Krieg hergestellt.

dpa zum Prozessauftakt

antifa 18.11.2004 - 13:59
www.sueddeutsche.de
18.11.2004 10:54 Uhr

Folter-Prozess

"Wir wollten das Leben von Jakob retten"

Am Frankfurter Landgericht hat der Prozess um angebliche Folterdrohungen der Polizei gegen den Mörder des Bankierssohns von Metzler begonnen. Die angeklagten Polizisten verteidigten ihr Verhalten. Sie hätten Markus Gäfgen im Verhör nicht Folter, sondern nur "unmittelbaren Zwang" angedroht.

Zum Prozessauftakt bestritt der angeklagte Vernehmungsbeamte Ortwin E., dem Mörder Markus Gäfgen jemals mit Folter gedroht zu haben.

Der ebenfalls angeklagte frühere Vize-Polizeipräsident Wolfgang Daschner erklärte vor dem Landgericht Frankfurt, er habe den Beamten beauftragt, dem festgenommenen Gäfgen mit "unmittelbarem Zwang" oder einem Wahrheitsserum zu drohen. Mit "Folter" habe dies nichts zu tun, sagte Daschner.

Daschner berief sich bei seinem Vorgehen auf das Notwehrprinzip. Dieses sei gesetzlich gedeckt, erläuterte er. "Wir wollten das Leben von Jakob retten", sagte er. Es habe sich um eine Extremsituation gehandelt.

Jakob habe sich damals nach seiner Einschätzung in höchster Lebensgefahr befunden. Auch der Ortwin E. räumte die Androhung von Gewalt ein. Auch er berief sich aber auf Notwehr.

Zu Beginn der Verhandlung kam es vor dem Gerichtsgebäude zu Protesten. Mehrere Demonstranten warfen auf Transparenten der Polizei "Aushöhlung der Grundrechte" vor und sprachen von einem "Folterstaat".

Der Fall Daschner hat bundesweit eine Debatte um die Zulässigkeit von Folterdrohungen ausgelöst. Der Prozess ist zunächst bis zum 20. Dezember terminiert. Der zu lebenslanger Haft verurteilte Entführer Gäfgen soll am 25. November als Zeuge auftreten.

Vor dem Prozess hatte der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) erklärt, es habe zu den Verhörmethoden keine Anweisungen an Daschner aus seinem Ministerium gegeben. Der 61-jährige Daschner hat dagegen ausgesagt, er habe für die Folterdrohungen in dem Verhör am 1. Oktober 2002 Rückendeckung vom Innenministerium bekommen.

(dpa)


Foto und Text vom hessischen Rundfunk

HR online 18.11.2004 - 14:44
Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten rund 30 Menschen gegen einen "Folterstaat" und die "Aushöhlung der Grundrechte". Menschenrechtsorganisationen hatten zu Protesten aufgerufen.

Zahlreiche andere Medien schreiben:
"Zu Beginn der Verhandlung kam es vor dem Gerichtgebäude zu Protesten. Mehrere Demonstranten warfen der Polizei "Aushöhlung der Grundrechte" vor und sprachen von einem "Folterstaat". Nach Bekanntwerden der Gewaltdrohung im Februar vergangenen Jahres hatte es eine Welle von Protesten gegen eine Aufweichung des Folterverbots gegeben. Zugleich äußerten aber auch viele Verständnis für die moralischen Beweggründe Daschners, der das Leben des elfjährigen Entführungsopfers retten wollte."

Nicht in PR-Falle tappen ...

Polizei abschaffen! 19.11.2004 - 10:12
Aktionen zum Daschner-Prozeß sind passend. Wichtig ist mE aber, nicht in die PR-Falle zu latschen, wo viele schon sind. Wer sich aufregt, dass Daschner ein Schlimmer ist, suggeriert mit, dass er eine Ausnahme ist. Das stimmt nicht. Wer sich aufregt, dass wieder über Folter geredet wird, suggeriert, dass die Anwendung körperlicher und seelischer Schmerzen zur Aussageerpressung oder zur Disziplinierung bei Polizei oder in Knästen sonst nicht vorkommt. Das stimmt aber nicht - ganz im Gegenteil ist es gang und gebe. Überwiegend "beschränkt" sich diese Art der Polizei- und Justizvollzugsmethoden in D-Land auf spontane Attacken (Ausnahmen gibt es aber auch hier) - jedoch wären auch die vom Folterverbot erfaßt.

Daschner ist die Spitze des Eisbergs und keine besonders krasse NEUE Entwicklung. Genau als solches läßt sich sein Prozeß nutzen.

Antirepression, Anti-Knast, Anti-Polizei:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression

FR, taz und jW zu den Protesten

Pressegruppe 19.11.2004 - 11:17
Frankfurter Rundschau 19.11.04 (JÜRGEN SCHENK)

Erheblich mehr Polizeibeamte waren im Gerichtsviertel präsent als an "normalen" Tagen, hatten doch drei Gruppen, die "autonome antifa", die "Initiative Libertad", und die "Jungdemokraten/ Junge Linke Hessen" zur Demonstration vor dem Gerichtsgebäude aufgerufen. Etwa 50 Demonstranten waren erschienen. Sie wollten nach eigener Angabe "den Prozess kritisch begleiten".

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taz 19.11.04 (KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT)

"BRD - Folterstaat. Wir haben dich zum Kotzen satt!" Demonstranten in schwarzer Kluft protestierten gestern vor dem Gerichtsgebäude in Frankfurt am Main. Drinnen vor der 27. Strafkammer am Landgericht begann das Verfahren gegen die Frankfurter Polizisten Wolfgang Daschner und (Verhörspezialist) Ortwin E. Sie sollen dem Entführer Magnus Gäfgen mit Folter gedroht haben.

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junge Welt 19.11.04 (Thomas Klein)

Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten einige Menschen gegen Folter und die »Aushöhlung von Grundrechten«. Menschenrechtsorganisationen und das »Antifolterkomitee Frankfurt« sowie linke Gruppen hatten zu Protesten aufgerufen und angekündigt, den Prozeß kritisch verfolgen zu wollen.

Weitere Proteste in anderen Städten

Kein bißchen Folter 19.11.2004 - 12:43

Jungle World 24.11.2004 zu den Protesten

J. B. 24.11.2004 - 12:24
Die Demonstrantinnen und Demonstranten, die in der vergangenen Woche vor dem Gerichtsgebäude ihren Protest kundtaten, sehen die Sache etwas anders. »Wenn es eine Kampagne gab, dann war es keine gegen Daschner, sondern eine für ihn«, sagte ein Vertreter der Gruppe Libertad, die zusammen mit der autonomen Antifa F und den JungdemokratInnen/Junge Linke Hessen zu den Protesten aufrief. Die Antifa F spricht sogar von einem »inszenierten Tabubruch«. Die Gruppen machten sich in ihrem Aufruf »für das in der UN-Antifolterkonvention von 1984 festgeschriebene Verbot jedweder körperlicher und physischer Misshandlung von Gefangenen« stark. Die Diskussion über die Legitimität von Folter sei »Ausdruck einer reaktionären Sicherheitspolitik«.

Dawid Danilo Bartelt, der Pressesprecher von amnesty international, hält die Debatte für »sehr bedauerlich«. Dass der Unterschied zwischen »unmittelbarem Zwang« und Folter eingeebnet werden könnte, findet er sehr gefährlich. »Wehrlosen Menschen auf der Wache Schmerzen zuzufügen oder anzudrohen, ist in jedem Fall Folter«, sagte er der Jungle World. Er sei enttäuscht, dass Daschner nur wegen Nötigung und nicht wegen Aussageerpressung angeklagt sei.

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