N6 - oder Protest gegen die Bundesagentur

s.c.h.o (+updates) 05.11.2004 21:49 Themen: Soziale Kämpfe
Im Zuge des heissen Herbstes gegen die radikalen Kürzungen kam es in Nürnberg am 6. November zu einem starken Ausdruck des Protests gegen eine neoliberale Kahlschlagpolitik, die sich durch Hartz-IV, 1-Euro-Jobs und Arbeitslosengeld-II manifestiert.
Zusammenfassung:Die Demonstration verlief, entgegen der überzogenen Gefahrenanalyse der Polizei, bis auf einige für Bayern übliche Ausnahmen ruhig. Sie endete bei strömendem Regen vor der Arbeitsagentur im Nürnberger Süden etwas früher als geplant, obwohl sich der Demonstrationszug erst verspätet in Bewegung gesetzt hatte. Der Ermittlungsausschuss meldet fünf Ingewahrsamnahmen. Die Anzahl der DemonstrantInnen übertraf laut SozialforumssprecherInnen mit insgesamt 7000-10.000 Menschen die Erwartungen weit. Positiv dabei ist auch, dass diese Mobilisierung überwiegend ohne Parteien und Gewerkschaften erreicht wurde.
Berichterstattung ist wie immer zu finden bei Radio Z - weiter Pressespiegel, Fotos, Bericht, Video von Übergriff
Seit Monaten regt sich in Deutschland wie anderswo starker Protest gegen die neoliberalen Angriffe auf den Sozialstaat. Mit regelmäßigen Montagsdemonstrationen wird auf hunderttausendfach und Woche für Woche aufs neue mit 20.000 Leuten auf den Kahlschlag und die Ausbeutung der sozial Schwachen hingewiesen. Nach dem europäischen Sozialforum in London fand nun am 6. November in Nürnberg eine bundesweit organisierte Demonstration zur sog. Arbeitsagentur statt. Die Forderung lautet: "Gegen Sozialraub, Agenda 2010 und Hartz IV! Eine andere Welt ist möglich und nötig!".
Chronologie:
  • 06-11-2004 16:45 Ende der Abschlusskundgebung früher als erwartet (wahrscheinlich der Regen).
  • 06-11-2004 16:30 Abschlusskundgebung mit ca. 7000 Menschen.
  • 06-11-2004 16:04 Demonstration hat Ort der Abschlusskundgebung erreicht. OVG entscheidet den Widerspruch der VeranstalterInnen nicht.
  • 06-11-2004 13:17 Gericht bestaetigt Versammlungsverbot direkt vor der Agentur.
  • 06-11-2004 13:06 Auftaktkundgebung in Nuernberg mit zwischen 3000 (Polizei) und 5000-7000 (VeranstalterInnen) Menschen.

Die Bundesgentur für Arbeit(slosigkeit):
Normalerweise lädt der Chef des Hauses einmal im Monat PressevertreterInnen zur Verlesung "der neusten Arbeitsmarktzahlen" ein. Seit Jahren bekommt mensch dann Sätze zu hören wie: "Eigentlich müsste es schon besser sein, aber aufgrund saisonaler Probleme..." oder "Der Zuwachs der Arbeitslosigkeit ist nicht so dramatisch wie vermutet... Nur ein Anstieg von 3 Prozent...". Während Geld durch Steuerreformen von Unten nach Oben umgeschichtet wird und Manager hochbezahlte Fehlentscheidungen tätigen und damit tausende von Leuten auf die Stra?e setzen, wird immer wieder das Märchen von der Vollbeschäftigung erzählt.
Deshalb organisierten ca. 100 Organisationen eine bundesweite Großdemonstration zu genau jenem Ort, von dem aus jedem/jeder Arbeitssuchenden zynisch vorgeworfen wird, dass er/sie in der Gesellschaft scheinbar nicht gebraucht würde und er/sie sich eben noch ein wenig mehr anstrengen müsste.
Mit phantasievollen Aktionen im Vorfeld wie etwa einer Fahrraddemonstration (Bilder) sowie einer alternativen Pressekonferenz aber auch mit einer U-Bahn-Aktion wurde auf die Demonstration aufmerksam gemacht. Die bürgerlichen Medien halten sich wie erwartet mit ihrer Berichterstattung stark zurück. Wer sich Beiträge über die Demonstration, Reden o.ä. anhören möchte, kann dies über eine speziellen Zusammenstellung der Redaktion Stoffwexel von Radio Z (dem alternativen, freien Radio in Nürnberg) tun.
Das Ziel der Demonstration, die Bundesagentur, ist für den Vorsitzenden von Verdi, Frank Bsirske ein Grund die Demonstration in Nürnberg nicht zu unterstützen.
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Ergänzungen

Presse versucht bisher Proteste zu verschweig

X 06.11.2004 - 10:37
Ein großer Teil der Presse versucht die Proteste im Vorfeld zu verschweigen. Nur wenige Zeitungen erwähnten die geplante Großdemo - meist im Zusammenhang mit Beschuldigungen, es würden Auschreitungen geplant (diese Behauptungen gehen auf Lügen der Polizeiführung zurück, die diese verbreitet, um freie Hand und Auflagen durchzusetzen).

presse

tv-gucker 06.11.2004 - 20:08
während es bei den privaten zwar jeweils Berichte zur Castor-Demo gab, gab es aber absolut Null zu Nürnberg (oder habe ich geschlafen???)
in der Tagesschau kam jedoch gerade noch *vor* den internationalen Nachrichten ein recht langer Beitrag mit Angabe von "mehr als 7000 TeilnehmerInnen" und der Zitierung(?) des Aufrufs, alle Agenturen am 3.1.2005 "lahmzulegen"

also ich habs ueberall im TV gesehen

ich 07.11.2004 - 14:38
erst die "7000" in nuernberg und dann die "5000" in der freien republik wendland. ard, zdf, durch die bank ... wirklich! und immer: "von einer bewegung sozialforum organisiert..." ;-)

USK-Repressionen und bei der Ankunft

bnb 07.11.2004 - 14:55
Bei der Ankunft am Nürnberger Busbahnhof wurde unser Bus schon von USK-Truppen erwartet und wir auf lächerlichste Weise in Empfang genommen.
Nachdem alle durch die Vordertüre den Bus verlassen hatten und ausgiebig gefilzt waren, durfte man sich dann endlich die langersehnte Zigarette anzünden. Zwei windige Plastikfahnenstangen wurden beschlagnahmt. Die USK stürmte in der Zwischenzeit den Bus und durchsuchte ihn und die sich darin befindenden persönlichen Gegenstände (Taschen usw.) ohne Beisein der Besitzer. Als Ergebnis der Aktion wurde sich in einem Rucksack befindliches höchstgefährliches Werkzeug (Phasenprüfer, Flachzänglein) beschlagnahmt. Wie gesagt, die Gegenstände wurden von uns im Bus zurückgelassen und sollten nicht mit auf die Demo genommen werden. Im im Bus zurückgelassenen Rucksack eines 16jährigen wurde eine Mofahaube gefunden. Dieser wurde daraufhin wegen Verstoß gegen das Vermummungsverbot in Gewahrsam genommen. Den faschistoiden USK-Beamten bereitete dieses lächerliche Vorgehen sichtlich Vergnügen. Da wir die Ingewahrsamnahme nicht dulden wollten kam es in der Folge zu lautstarken Diskussionen und Rangeleien mit dem USK. Der 16jährige wurde aufs Revier gebracht, jedoch noch vor Ende der Demo wieder auf freien Fuß gesetzt, nachdem seine telefonisch verständigten Eltern dem zugestimmt hatten.
Das Vorgehen des USK zielte klar darauf ab, die Situation eskalieren zu lassen. Bei der Demo selbst waren sie dann erheblich friedlicher, von uns wurden kaum Übergriffe beobachtet, was wohl weniger mit der Friedfertigkeit der Polizei als der eindeutigen Übermacht der Demonstranten zu tun hatte. Nur die Abschlusskundgebung war ein wenig mau, schade dass so viele sich von ein bisschen Regen gleich nach Hause treiben lassen.