Was geht in der Yorck59? - action am 30.9.

yorck59 28.09.2004 16:52 Themen: Freiräume
Das Berliner Hausprojekt Yorck59, incl. der Antirassistischen Initiative (ARI) ist akut gefährdet: der Mietvertrag steht kurz vor dem Auslaufen und die neuen Eigentümer versuchen, das Projekt durch eine drastische Mieterhöhung und div. Schikanen rauszukanten. Was lief in den letzten Monaten und was ist geplant? Am 30.9. findet der Umzug der Yorck59 in die Friedrichstr. 129 statt: "Yorck59 goes Friedrichstraße" ab 17Uhr Kundgebung, Vokü, Quiz, Theater, Musik und ab 20Uhr Feuershow.
Was geht in der Yorck59? Stand September 2004

Liebe companer@s der Yorck59!

Für alle, die uns alle Nase lang fragen, was bei uns grad geht, und alle anderen, die uns nur so vom Hörensagen kennen, ein kleines up-date zur Situation unseres bedrohten Hausprojektes im Hinterhaus der Yorckstraße 59 in Berlin Kreuzberg und eine Mobilisierung zum Umzug der Yorck in die Friedrichstraße am 30.9. - kommt soviel ihr könnt!!

Die IHK
Unser Vertrag läuft Ende September aus. Es ist formal ein Gewerbemietvertrag, in dem vorgesehen ist, dass ein Schiedsgutachten von der IHK über die Miethöhe nach Vertragsablauf entscheidet, wenn sich die beiden Parteien nicht über einen Fortlauf des Mietverhältnisses einigen können. Auf unser Angebot an den Eigentümer im Frühling, sich über die Ausgestaltung des Vertrages ab Oktober 2004 zusammen zu setzen, ging er nicht ein. Stattdessen legte er lediglich ein unhaltbares „Angebot“ einer 100%igen Erhöhung der Nettokaltmiete schriftlich vor. Daher haben wir es nun mit einem Gutachten der IHK zu tun. Seit ein paar Tagen liegt es vor und schreibt eine nunmehr 55%ige Erhöhung der Nettokaltmiete fest. Damit war zu rechnen, da es sich bei der IHK um einen Unternehmer-verband handelt und das Gutachten die „marktübliche Miete“ ermitteln sollte. Wir sind nun aber weder ein Profitunternehmen, noch überhaupt ein Gewerbe und sowieso einzigartig, politisch und unvergleichlich. Das heißt, eine politische Lösung muss nach wie vor her!
Dafür haben wir in den letzten Monaten einiges getan. Kurz gefasst, haben wir für Medienöffentlichkeit gesorgt (nachzulesen auf www.yorck59.net), Kundgebungen gemacht, waren auf Straßenfesten präsent, haben tolle T-Shirts bedruckt und Soli-CDs verteilt, Hoffeste gemacht, uns im PIRAT (Projekte und Initiativen-Rat) organisiert und der Bezirksverwaltung nahegelegt, uns, als unverzichtbarem Kiezprojekt, bei einem Runden Tisch mit dem Eigentümer den Rücken zu stärken.

Die BVV (Bezirksverordnetenversammlung, das Bezirksparlament) hatte sich im Juni für den Erhalt der Yorck59 samt der bestehenden Projektstruktur ausgesprochen. Die Bürgermeisterin Frau Reinauer (PDS) und Bezirksstadtrat Schulz (Grüne/Bündnis90) haben sich nun jüngst mit Marc Walter und Boris Gregor Marweld (Eigentümer bzw Verwalter) getroffen. Diese zeigten sich angepisst von unserer Öffentlichkeitsarbeit und unserer Unterstellung, sie wollten luxusmodernisieren (dabei haben wir klar gesagt, sie würden Luxusmieten verlangen, von Modernisierung war sowieso nie die Rede). Da beide im Vorfeld des Kaufes davon informiert waren, dass wir keine höhere Miete zahlen können, fragt sich, was sie mit dem Haus vorhaben. Angeblich haben sie nichts gegen uns und wollen nur ihre liebe Ruhe. Nun, nach Erstellung des IHK-Gutachtens zeigen sie sich so „kompromissbereit“, uns höchstens noch 5 Jahre bei 55%ig höherer Miete wohnen zu lassen – was sie vertragsgemäß sowieso müssen! Das heißt, sie haben erst in 5 Jahren eine entsprechende Gewinnerwartung, die wohl ihren Kauf so richtig rentabel machen soll, und wollen während dessen einen kleineren aber immerhin fest kalkulierbaren Gewinn einstecken. Unser Plan vom letzten Jahr, das Hinterhaus selbst zu kaufen, steht noch als Angebot. Nach unserer Kalkulation kann das Haus mit den derzeitigen Mieten ohne Verluste bewirtschaftet werden. Anscheinend geht es Walter & Marweld aber ums Prinzip, weshalb sie nicht so schnell aufgeben wollen. Der Begriff „Eigentumsideologen“ fiel in dem Zusammenhang und bringt ihre Haltung wahrscheinlich auf den Punkt. Außerdem investieren sie viel Zeit und Mühe in uns. Denken wir nur an die Versuche, unser Hoffest vom 31.7. zu verbieten, uns prinzipiell die Hofnutzung zu untersagen, oder an die wöchentlichen Plakatentfernungsaktionen in der Hofdurchfahrt und im Treppenhaus. Aktuell verklagen sie uns auf Herausgabe der Namen der Leute, die hier wohnen, wahrscheinlich um Räumungsklagen vorzubereiten. Mit einer Unterlassungsklage wollen sie uns nicht nur die gemeinsame Hofnutzung verbieten, sondern auch Veranstaltungen in unseren Räumen; wegen angeblicher Lärmbelästigung.
Und was machen wir? An der von ihnen geäußerten Sensibilität in Punkto Veröffentlichung des Konfliktes und ihrer Namen müssen wir dran bleiben. Eine gute Öffentlichkeitsarbeit und Druck bzw Solidarität von außen sind die Stränge, an denen wir weiter ziehen müssen, wollen wir uns nicht zu einer „privatwirtschaftlichen Angelegenheit“ degradieren lassen (so die CDUFDP in der damaligen BVV-Sitzung).

Yorck59 goes Hamburg
Am letzten Samstag, den 11.9., waren wir z.B. in Hamburg bei Marc Walter vor der Haustür. Wegen der kurz zuvor geräumten Wagenburg „Wendebecken“ hatten wir eine gute Mobilisierung und Publizität unserer Demo (die Bild schrieb von anreisenden BerufschaotInnen und KrawalltouristInnen), so dass wir mit mehr als 200 TeilnehmerInnen an den Start gingen. Auch wenn wir die erwartete Schwarze-Block-Stärke nicht ganz erreichten, hatten wir doch eine Menge Spaß wegen der gelungenen Moderation samt Yorck59-Quiz und des zahlreichen Publikums an den Balkonen und Fenstern in der Martin Luther Straße. Vor der Hausnummer 21 und an den angrenzenden Häusern waren wie erwartet reichlich Bullen aufgestellt, die Marc Walter unerwartete Öffentlichkeit brachten. Aus einer Nachbarwohnung hing sogar ein Soli-Transparent, während ein interaktives Quiz mit Fragen zu Walter, Marweld und der Yorck59 das Publikum begeisterte, sicher auch angesichts der tollen Preise. Die Frage nach der exakten Lage von Walters Wohnung blieb trotz der versuchten Einbeziehung seiner NachbarInnen leider eher vage beantwortet. Doch da der einzige unbesetzte Balkon der Nr. 21 im 2. Stock links lag, vermuteten wir ihn dort hinter den Gardinen. Anschließend demonstrierten wir gemeinsam mit 1000 weiteren UnterstützerInnen des Wendebeckens gegen die Räumung des Wagenplatzes und für den Erhalt aller linken Wohnprojekte. Bambule überall! Kann gut sein, dass dies nicht der letzte Ausflug der Yorck59 nach Hamburg war – achtet auf Ankündigungen.

Yorck59 goes Friedrichstraße
Für den 30.9. planen wir aber wieder etwas heimeligeres, eine Kundgebung vor einer jungst erworbenen Immobilie von Walter und Marweld in der Friedrichstr. 129, Ecke Claire Waldoff Straße. Das liegt auf der Höhe Oranienburger Straße. Vor wenigen Wochen erwarben die beiden unter dem Label „GbR Friedrichstr. 129“ den Gebäudekomplex mit Mietwohnungen und Gewerberäumen, der die Grundstücke Friedrichstr. 129 und Claire Waldoff Str. 2, 4, 6, 8, 10 und 12 umfasst. Die Hausverwaltung macht, wie bei uns, die Bau-Partner GmbH. Ein lukratives Filetgrundstück, das sicher einiges abwerfen wird, sofern die Gewerbemieten wieder steigen oder die Immobilie z.B. luxusmodernisiert wird (mit entsprechenden Folgen für die jetzigen MieterInnen...). Dort wollen wir auflaufen und den beiden zeigen, dass wir auch am letzten Tag unseres alten Mietvertrages nicht aufhören für den Erhalt unseres Projektes zu kämpfen. Ab 17Uhr seid ihr alle eingeladen uns zu unterstützen: Es gibt Musik, Redebeiträge, Theater, einen Quiz, Vokü und um 20 Uhr eine Feuershow.

KOLLEKTIVE RÄUME STATT INVESTORENTRÄUME !
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Ergänzungen

Beispiel Rigaerstr.84

Solidarität 29.09.2004 - 01:44
Zufällig war ich als Berliner sogar auf der Yorckstr.-Demo in HH, musste aber feststellen, dass die Resonanz eher gering war und es auch in Berlin immer noch ist.
Heutzutage sind die meisten Leute eher ziemlich cool veranlagt, da im Hinterkopf immer so etwas wie Prekarisierungs-Angst oder die Angst vor persönlichen Nachteilen herumsaust.
Die Szene ist viel zu klein geworden und selbst der Menschenschlag von Sympatisanten, die beispielsweise in den Achtzigern zu Tausenden die Hamburger Hafenstraße blockierten sind heute kaum noch vorhanden. - Muss eben jeder sehen, wo er bleibt.
Wirklicher Kampf für den Erhalt von Haus- und Wohnprojekten ist wahrscheinlich eher der traditionellen autonomen Linken zuzuordnen.
Identitäts-Antifa, linke Selbsgefälligkeit und sinnloser Gruppenzwang, geprägt durch jeglichen Verlust an Utopien sind heutzutage symptomatisch für die linke Subkultur in Berlin.
Es muss ja nicht gleich das große 70er, 80er Jahre Survival zelebriert werden, aber ein ein wenig mehr Nihilismus und Tradition würde dem Kampf für ein selbstbestimmtes Leben nicht schaden.
Seit langer Zeit wird nichts mehr erkämpft, sondern nur noch halbherzig (- weil keine Unterstützung) verteidigt.
Antifa will jeder sein, - der "Solidaritäts-Krawallo" allerdings, scheint gestorben zu sein.
Schade alles... Trotzdem alles Gute und Solidarität!!!




bisherige postings zur Yorkstr.

ein Überblick 29.09.2004 - 01:57
siehe unten in den Ergänzungen
 http://de.indymedia.org/2004/09/92081.shtml

Kundgebung: ÖPNV Verbindungen + GebäudeUmfeld

ein Überblick 29.09.2004 - 02:30
ÖPNV Verbindungen:
Direkt U-Bahnhof Oranienburger Tor / Tramhalte 13 / 52 / 53 um die Ecke vom Tacheles.

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Eine spannende Gegend:
Außer das dort u.a.zu DDR Zeiten und auch noch einige Zeit später Lothar der Miese (1) jetziger Aufsichtsrat der Hunzinger Information AG, lange Zeit sein Büro hatte (Friedrichstr./Linienstr.), wo mittlerweile gegenüber einer der vielen Franchise Filialen von Mac Dreck ihren Sitz hat, zieht demnächst ein geschichtsträchtiger Verein direkt neben das frisch von Marc Walter und Boris Gregor Marweld erworbene Haus.

Der Ullstein Buch Verlag Friedrichstraße 126
 http://www.berlin.de/senwiarbfrau/presse/2003/12/15-12_3.htm
 http://www.berlin.de/senwiarbfrau/projektzukunft/newb/0604_ullstein.htm

über den ehemaligen jüdischen Verlag, der nun zu Springer gehört und sehr sehr viele braune Bücher verlegt ließe sich ne Menge schreiben
(es fehlt gerade die Zeit, außerdem geht s ja um die York und ihre Spekulanten, wen s trotzdem interessiert kann ja selber recherchieren:
 http://www.google.de/search?hl=de&ie=UTF-8&q=Ullstein+BuchVerlag&spell=1


(1)
mehr zu Lothar + Co
Berlin"Am Kupfergraben"50 Jahre Angela Merkel
 http://de.indymedia.org//2004/07/87647.shtml
Ministerpräsident der DDR und Bundesminister für besondere Aufgaben a. D.
Dr. rer. pol. h. c. Lothar de Maizière
 http://www.germany.indymedia.org/2004/01/71345.shtml

Interessante Artikel in Mieterecho

spekulanten aufs maul!!! 29.09.2004 - 07:08
Artikel über die Yorck59 in Miterecho:

 http://www.bmgev.de/mieterecho/305/18-yorck59.html

Und noch ein Spekulationsfall in X-Berg:

 http://www.waldekiez.org/