Pirna: Fotos der AntifaDemo + Bericht Teil 2

ra0105 14.06.2004 22:24 Themen: Antifa
Am 12.06.04 fand eine antifaschistische Demonstration unter dem Motto: "Kein schöner Land - Linke Strukturen stärken" statt.
Diese wurde nicht nur durch massive Polizeigewalt und ekligen Nazis am Rand überschattet. "Antideutsche" Entgleisungen lassen den Erfolg der Demo fragwürdig erscheinen.
Positives:

Die Demo war laut und entschlossen, trotz der massiven und mir völlig unerklärlichen Polizeiübergriffen ließen wir uns nicht provozieren und zogen die Demo entschlossen durch.
Hervorragend war die Demoroute sie führte sowohl durch die Innenstadt als auch an weitere neuralgische Punkte in Pirna vorbei.
Hierbei wurde die Bevölkerung über dort stadtfindenen Naziaktivitäten aufgeklärt.
Die Informationen waren gut recharchiert und mittels der Redebeiträge gut aufbereitet.

Die Polizei:

Abgesehen von einzelnen Aussnahmen schienen die Beamte an diesem Tag saure Milch zum Frühstück getrunken zu haben. Von Anfang an wurde provoziert, während die Faschos fast ungestört agieren konnten.
Erst als diese es zu bunt trieben, ließen uns Team Green einigermaßen in Ruhe.
Viele Rangeleien mit der Polizei waren selbstverschuldet, war sie doch nicht in der Lage provozierende Nasen aus dem Weg zu räumen.
Dem Einsatzleiter musste doch klar gewesen sein, welche Auswirkungen Faschos in direkte Demonähe haben.

Die Faschos:

Circa 250 sammelten sich in der Innenstadt und versuchten immer wieder unsere Demo zu stören, was allerdings nicht gelang. Vielmehr flohen sie wenn sich die ersten Antifas in Bewegung setzten.
Bezeichnend für die Stadt Pirna dürfte aber gewesen sein, mit welcher Selbstherrlichkeit diese auftraten.
Der Demonstrationsort und das Motto waren also bestens gewählt.

Außenwirkung der Demo:

Die Demo stand unter dem Motto: Linke Strukturen stärken.
Das dies auch absolut notwendig erscheint, ist durch das Auftreten der Faschos mehr als deutlich geworden.
Notwendig ist also ein sichtbarer Gegenpol in Pirna, durch qualitative und quantitative Stärkung der örtlichen Szene.
Aus diesem Grund sollte eigentlich auch Ziel der Demo sein (neben der Stärkung des eigenen Selbstbewußtsein der Pirnaer GenossInnen) Leute von der eigenen Position zu überzeugen.
Der Grundstein war gelegt, die gute Recherchen hätten es möglich gemacht jeden Pirnaer davon zu überzeugen, dass es notwendig ist gegen dieses Pack etwas zu unternehmen.
Doch der Elfmeter wurde gnadenlos vorbeigeschossen.
Bei einer Zwischenkundgebung in einem Wohngebiet wurde ein älterer Text vorgelesen (er stammte aus dem Jahre 2002 (?)).
Dieser endete unter dem Gejohle einiger TeilnehmerInnen sinngemäß:
"Wir wollen keinen besseres Deutschland wir wollen gar kein Deutschland"
Bereits hier hatte sich die Demo einige Sympathien verspielt.
Aber es ging noch weiter...
Als wir an einem Fussballfeld vorbeiliefen und dort ein Spieler mit Deutschlandtrikot erblickt wurde, tönte es aus dem Lauti: "Auch du bist bei dieser antideutschen Demo willkommen" - Mir schwante bereits das dieser Ausbruch nichts gutes bedeuten konnte.
Als man quer durch die Innenstadt zog kamen Parolen ala "Was tat allen Deutschen gut, Bomber Harris und die Flut"
Dazu einige persönliche Anmerkungen:
Dieser Spruch wurde unter anderem im damaligen Überschwemmungsgebiet gerufen. Damals stand ich im Dreck und versuchte zusammen mit den Eltern meiner Freundin den Dreck aus ihrer Wohnung zu räumen. Sie wohnte nämlich damals in Pirna und verlor durch die Flut ihr gesamtes Hab und Gut, einschließlich unersätzlicher Gegenstände wie Fotos und Briefe.
Ich war nahezu fassungslos über diesen Ausspruch.
Zum anderen Teil: Anscheinend haben die Antideutschen nicht wie ich das "Glück" Verwandschaft gehabt zu haben, die gleichzeitig regelmäßig mit den Gestapo-Schergen zu tun gehabt hat, bzw. nur durch die Hilfe eines deutschen(!) Großgrundbesitzer dem KZ entronnen ist. Gleichzeitig wurden sie aber auch Opfer (ja genau sie waren Opfer und keine Täter!) der allierten Bombenangriffe.
Auch hier kam mir ziemlich das Kotzen in Anbetracht welche Menschenverachtung aus solchen Parolen spricht. Da sie solche Schicksale anscheinend nicht aus der eigenen Familie kennen, kann ich nur empfehlen sich einfach mal ein Geschichtsbuch zu schnappen und mal zu studieren, wieviele Deutsche in den faschistischen KZ's gefoltert und ermordet worden sind. Vielleicht vergehen einigen dann vielleicht solche Aussprüche.
Aber das ist meine persönliche Meinung, die Vermutung liegt aber nahe, dass es nicht wenigen Anwohnern ähnlich gegangen ist.
Fragwürdig war ebenfalls das Verhalten vereinzelteter DemoteilnehmerInnen die neugierig dreinblickende Anwohner mit Worten "Krass guck ma n Ossi" belegten.
Solch ein Ausspruch ist absolut kontraproduktiv, suggeriert er doch dass es sich bei der Demo um importierte "BerufsdemonstrantInnen" handelt und nicht etwa um Menschen die aus Pirna und Umgebung da waren, weil sie das Faschotreiben nicht länger ertragen konnten.
Das dann auch noch Sprüche kamen wie: Gebt den Dresdenern die Altstadt zurück - Stein für Stein! ist in dem Zusammenhang eigentlich dann auch nicht mehr weiter erwähnenswert.
Genauso wenig wie die Tatsache, dass man sich nicht entblödete die PDS als reaktionär und ihre Wähler als Rassisten zu beschimpfen, gleichzeitig aber ein PDS-Transporter zu benutzen.
Bei aller berichtigter Kritik an der PDS und Teilen ihrer Wählerschaft - wenn schon denn schon. Konsequenterweise hätte man dann den Lauti halt nicht nutzen dürfen.
Der Gipfel der Unverschämtheit kam zum Schluss. Am Ende der Demo "drohte" man den Pirnaern "Wir sind hier um gegen die Nazis zu demonstrieren gegen die Ihr nichts unternehmt", sowie das man bald wieder kommen würde.
Die Tatsache dass die lokale Antifa einen sehr guten, weil auch differenzierten Redebeitrag lieferte sollte Beweis genug seien, das zumindestens nicht alle Pirnaer Nazis sind.
Allerdings ist die Wahrnehmung von Grautönen offensichtlich nicht die Stärke der Antideutschen.

Was übrig bleibt...

Auf der einen Seite der positive Eindruck, dass sich in Pirna in Sachen links was bewegt. Sogar einige Bürger liefen bei der Demo mit.
Ferner war es mir ein sehr persönlichen Bedürfnis dort Flagge zu zeigen, hatte ich doch schon selbst unerfreulichen Kontakt mit der örtlichen Naziszene.
In Anbetracht der Wahlergebnisse in Dresden und Pirna müssen sich die Antideutschen allerdings die Frage stellen lassen, welchen Beitrag sie dazu geleistet haben.
Schließlich ist es nicht einfach Verständnis für linksradikale Politik zu haben, geschweige denn daran teilzunehmen, wenn z.B. anstatt bei der alljährlichen unsäglichen Trauerfeier anläßlich der Bombardierung Dresdens lieber mit Sekt anstößt (um den den Tod Tausender genüsslich zu feiern)und damit bei 99,9% der Bevölkerung berichtigte Verärgerung hervorruft, anstatt einfach mal darauf hinzuweisen das man bei aller berichtigter Trauer, nicht vergessen darf dass nicht wenige DresdenerInnen bis damals "Bomben auf England" mitgegröhlt haben.
Die Erfolge der Faschisten bei den Wahlen sollte uns allen zu denken geben. Denn eins ist Fakt, wenn die linke Szene stark genug ist haben Nazis keine Chance, ob man mit dieser Demo allerdings der Linken einen Gefallen getan hat, ist für mich fragwürdig.
Ich bezweifle das diese Demo linke Strukturen stärken konnte. So bleibt es wohl dabei: kein schöner Land.
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Ergänzungen

sehr schön

kleiner Antifaschist 15.06.2004 - 00:10
also zuerst mal ein großes Lob für den Artikel, auch wenn es nich so cool ist auf die Photos zu schreiben, da es schlecht lesbar, aber es gab viele gute Photos und den Text am Ende fand ich einfach mal menschlich.
Aber ich kann auch gut verstehen wenn man am 13.2 mit Sekt anstößt, den überleg mal was für ein Gesummse um den "D-Day" gemacht wurde, die gedenken da auch (größtenteils) nur den alliierten Opfern un freuen sich (teilweise) über die Nazis die an diesem Tag verreckt sind. Und dieses Jahr sind viele deutsche Medien mit in diesen Freudentaumel eingefallen.
Die beleidigungen am rand der demo an schaulustige hätten aber echt wegbleiben können.
meine hohen Erwartungen hat die Demo jedenfalls nicht erfüllt, da ich nicht denke das es für die Pirna antifa dadurch mehr verstärkung gibt 8außer vielleicht kleine Prollkids die auf vermummung stehen), eher im gegenteil, es wurde nur angst vor den bösen liksradikalen geschürt.
da lag der fehler aber in der vorbereitung (die ich eigentlich sehr gut fand), aber wurde zu wenig über inhalte der antifa geredet eigentlich nur als nazi gegenpol, dabei ist die antifa weit mehr. aber eben nicht am 12.06 in Pirna, da waren nur zwei große Banden unterwegs, die sich gegenseitig bekriegen
Okay, hab jetzt irgendwie den faden verloren und wollt anfänglich auf was anders raus, aber was solls,
smash facism

kurze Stellungnahme ...

afa [13] 15.06.2004 - 22:19
...zum Thema PDS-Bus nutzen und gleichzeitig diese angreifen.
Eigentlich ist das näher betrachtet kein so großer Widerspruch, geht mensch davon aus, dass die personen, die den Lauti organisiert haben, vielleicht andere waren, als die, die sich um die Redebeiträge gekümmert haben.
Und da die Menschen der verschiedenen Bereiche der Organisation nicht unbedingt aus einer homogenen Masse bestehen müssen, sondern sich vielleicht verschiedene Standpunkte zu bestimmten Themen finden lassen, können solche scheinbar unvereinbaren Widersprüche auftauchen.

da und weg

pirnaer 17.06.2004 - 13:39
so. die antifas waren (von der polizei abgeschirmt) kurz da...und sind wieder weg. von pirna zuscheissen bis nazis haengen ueber alle pirnaer sind nazis hab ich jetzt schon vieles gehoert. ich wohn hier. danke fuer eure hilfe liebe mitdtreiter der antifa. ich fuehl mich gleich viel besser. nicht nur, dass ich mich tagtaeglich mit den nazibirnen auseinandersetzten muss, ne da kommt noch so ne kontraproduktive demo und haufen leute die irgendwelchen theoretischen laber ueber deutschland und bomber harris ablassen. die loesungsansaetze fuer das naziproblem liegt definitiv nicht in einer schnellschusss demo der antifa sondern eher in langjaehriger kontinuierlicher arbeit im gesellschaftlichen sozialen und jugenkulturellen bereich. es macht irgendwie wuetend kommentare von leuten von sonstwo zu hoeren, dass eh verloren ist in pirna. kann das realitaetsferne besserwissergequatsche aus antifakreisen (besonders aus dresden) nicht mehr hoeren.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Hä? — germany sucks!

ergaenzung — schnabeltasse

@germany sucks — septic sceptic

Stopp ma mit Dogma!! — Antidogma

@germany sucks — Fragender

Was ist hier los?? — Nobody Left

Nobody Left — Fragender

sehr guter artikel — mitdenker

Zur Demo — Teilnehmer

Ja, Ja — zwörg

Willkommen... — noch ein Opfer

Auweia — Kinderantifas sind nervig

kritisch hinterfragt — Peter B.

immer noch da — [AFA 13]

grau auf grau — großer antifaschist

Unglaublich — Denkender