Spitzel in Madrider Anschläge verwickelt

ralf streck 16.05.2004 12:37 Themen: Repression
Was wussten Informanten der Guardia Civil und der Nationalpolizei über die Anschläge am 11. März in Madrid? Die angeblichen Drogenspitzel wurden nach den Anschlägen verhaftet.
Was von Beginn an faul gerochen hat, könnte sich zu einem Skandal für die spanischen Sicherheitskräfte ausweiten. Zwei der im Rahmen der Anschläge vom 11. März Verhafteten waren Spitzel der Guardia Civil und der Nationalpolizei. Sie sollen aber nur im ?Drogenbereich? beschäftigt worden sein, bestätigten sowohl die Guardia Civil als auch die Nationalpolizei der Zeitung El País.  http://www.elpais.es

Doch wie sich zeigt, sind die Übergänge fließend. Der Spitzel der Nationalpolizei war der 27jährige Ex-Minenarbeiter José Emilio Suárez Trashorras der am 18. März verhaftet wurde. Der soll gestanden haben, den Sprengstoff Goma 2 ECO gestohlen und für 7.000 Euro und eine unbestimmte Menge Haschisch an die islamischen Fundamentalisten verkauft zu haben.  http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/17112/1.html Wie die Zeitung El País am Donnerstag weiter berichtet hat, sollen die mutmaßlichen Attentäter nur eine Woche vor den Anschlägen erneut einen Deal mit 30 Kilogramm Haschisch durchgeführt haben.  http://www.elpais.es/articulo.html?xref=20040513elpepinac_6&type=Tes&anchor=elpporesp&d_date= Die Drogengeschäfte hätten zur Finanzierung der Terrorzelle gedient.

War bei der Verhaftung von Suárez von nur 100 Kilogramm die Rede, so wurde die Menge nun auf 200 Kilogramm angepasst. Schließlich sind allein bei den Anschlägen in Madrid 100 Kilogramm verwendet worden. Später wurden weitere 20 Kilogramm auf einer Bahnstrecke gefunden und ein Teil der mutmaßlichen Täter soll sich ebenfalls mit Goma 2 in die Luft gejagt haben.  http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/17133/1.html

Auch der am 20. März verhaftete Marokkaner Rafael Zuheir war Spitzel. Statt der Nationalpolizei war der Ex-Drogendealer aber bei der Guardia Civil zu Diensten. Er hat vermutlich vor dem 11. März seinen Auftraggebern über den Sprengstoffdeal berichtet. Das Goma 2 sei angeblich für eine Mine in Marokko bestimmt gewesen. Glaubwürdig klingt das nicht. Warum sollte eine marokkanische Mine in Spanien illegal Sprengstoff kaufen und dann nach Marokko schmuggeln? Die Guardia Civil bestreitet, im Vorfeld von dem Deal gewusst zu haben. Das muss sie auch, sonst wäre der Skandal schon komplett.

Jedenfalls hat der Guardia Civil Spitzel den Kontakt zwischen dem Spitzel der Nationalpolizei und den mutmaßlichen Attentätern hergestellt. Suárez soll dann Jamal Zuogam, einem der Hauptbeschuldigten der Anschläge, das Goma 2 verkauft haben.  http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ost/17074/1.html

Doch die Fragen hören nicht auf. Zwar ist nun klar, dass der Sprengstoff aus einer Mine in Asturien stammt, aber er wurde erst ?zwischen Januar und Februar? 2004 hergestellt. Das hat die Staatsanwaltschaft über das Papier ermittelt, in der er eingepackt war. Doch Suárez hat seinen Dienst schon vor zwei Jahren als Minenarbeiter quittiert. Woher kommt der Sprengstoff?

Unklar ist auch, ob Zuheir und Suárez wirklich verhaftet wurden, in einer Art Zeugenschutz sind oder erst einfach aus dem Verkehr gezogen wurden, bevor sie unbequemes erzählen. Da bisher wild gelogen wurde, ist auch hier alles möglich.  http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/16965/1.html Sicher ist, dass sie seit der Verhaftung von den übrigen Verhafteten getrennt wurden.

Doch das Ende der Merkwürdigkeiten ist noch nicht in Sicht. Wie diverse Zeitungen heute melden, El Correo machte am Donnerstag damit auf, ( http://www.diario-elcorreo.es/vizcaya/pg040513/prensa/noticias/Portada_VIZ/200405/13/VIZ-ACT-308.html) hat der US-Geheimdienst CIA schon 1998 die spanischen Geheimdienste, vor der Gefahr durch die Gruppe islamischer Fundamentalisten um Zougam gewarnt. Dem voraus waren die Terroranschläge auf die US-Botschaften in Dar el Salam und Nairobi gegangen, bei denen 257 Menschen ermordet und über 5000 verletzt worden sind. Erst im letzten Jahr, nach den Anschlägen in Casablanca, warnte der marokkanische Geheimdienst die Spanier vor der Gruppe um Zougam, die er mit den Anschlägen in Verbindung brachte.  http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ost/17074/1.html Zwar wurden dessen Telefone abgehört, doch weil er einen arabischen Dialekt sprach, habe man die Gespräche nicht verstanden. Sie wurden auch nicht übersetzt, trotz Warnungen hielten die Spanier ihn nicht für ein ?vorrangiges Ziel?.

Auch die Verhaftung des 37-jährigen Anwaltes Brandon Mayfield durch das FBI in Portland (Oregon) Ende letzter Woche gibt Rätsel auf. Der zum Islam konvertierte Anwalt soll Kontakte zu einer Gruppe Islamisten gehabt haben, die im letzten Jahr aufgedeckt wurde. Soweit bisher bekannt ist, beschränkt sich der Kontakt darauf, dass der auf Familienrecht spezialisierte Mayfield einen der Verurteilten in einem Sorgerechtsstreit vertreten hat.

Verhaftet wurde Mayfield, weil in Spanien auf einem Plastiksack seine Fingerabdrücke gefunden worden seien. In dem Beutel befanden sich Zünder, wie sie am 11. März benutzt wurden. Er lag in dem Auto, dass noch am Tag des Anschlags in einem Madrider Vorort gefunden wurde. Man fragt sich aber, warum Mayfield nicht als Beschuldigter, sondern als ?wichtiger Zeuge" festgehalten wird. Das ist eine Besonderheit im US-Recht, mit der auch Menschen ohne Anklage in Haft bleiben können.

Seine Frau hält die Angelegenheit für einen ?schlechten Witz?. Sie seien ?in den letzten zehn Jahren weder im Ausland gewesen, noch hätten sie von dort Pakete erhalten oder welche dahin verschickt?, erklärte Mona Mayfield dem US-Fernsehen NBC. Zudem habe man keine Kontakte nach Spanien, führte sie an. Sie ist empört darüber, dass ?sie nichts über die Herkunft der Anschuldigungen? erfahren hat.

© Ralf Streck den 14.05.2004
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Ergänzungen

Crosspost aus Telepolis

irgendwer 16.05.2004 - 13:01
Hat das R.Streck selbst nochmal hier gepostet? Normalerweise formuliert er doch Artikel für Indy um, damit sie auf die Startsite kommen...

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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@irgendwer — Friederike

@irgendwer — @irgendandrerwer

no enfantandote — virus?

irgendwer egal — peter g.

seid ehrlich! — askatasuna gorria