Polizeiaufmarsch sichert Naziumzug

Hans Beckmann 30.03.2004 15:26 Themen: Antifa
4835 Polizisten waren am Samstag in Hamburg im Einsatz um den Marsch von ca. 380 Neonazis gegen die Wehrmachtsausstellung zu schützen. An der antifaschistischen Gegendemonstration nahmen um die 2000 Leute teil und mehreren Hundert Menschen gelang es trotz der Polizeiübermacht lautstark an der Route der Neonazis zu protestieren.
An dieser Stelle noch der Hinweis auf 19 Fotos vom Naziaufmarsch unter: http://de.indymedia.org/2004/03/78472.shtml
10 Uhr Bahnhof Barmbek. 2000 Menschen versammeln sich zur antifaschistischen Demonstration gegen den Neonaziaufmarsch, der drei später beginnen soll. Auf fast derselben Route wie am 31.1. ziehen sie zur Kreuzung Herderstraße/Weidestraße/etc. Dort kann die Abschlußkundgebung ohne Übergriffe der Polizei durchgeführt werden. Auf dem Weg hatte die Polizei die Demo kurz angehalten, um ihrer Forderung nach Entfernung eines Seitentransparents mit über 1,50 m Länge und Ablegung von Vermummung Nachdruch zu verleihen. An der Spitze der Demonstration liefen Gewerkschafter und die VVN. Die Polizei begleitete die Demo mit mehr Spalier als am 31.1. Überraschenderweise waren Berliner Hundertschaften für das Seitenspalier verantwortlich. Wahrscheinlich eine Auswirkung des Städtewettstreits, wessen "Reisechaoten" am 31.1. für die Krawalle verantwortlich seien. Das die Auseinandersetzungen eher Polizeikalkül als der "Verdienst" der damals fünf Busse aus Berlin waren lassen wir mal außen vor.

Zur gleichen Zeit nahmen 100 Antifaschisten an einer Kundgebung am U-Bahnhof Borgweg teil.

Um 13 Uhr sollten die Neonazis am U-Bahnhof Saarlandstraße beginnen. Aber bis auf wartende Polizisten, Pressevertreter und einige Gegendemonstranten war niemand dort. Ein "antifaschistischer Stau" auf der A1 verzögerte die Anreise von Kameradschaften aus dem Süden um fast 2 Stunden. In der Zwischenzeit drängte die Polizei fast 100 Gegendemonstranten, die sich, trotz der hermetischen Abriegelung der Insel auf der der Naziaufmarsch stattfinden sollte, an der Saarlandstraße eingefunden hatten ab. Zuvor hatten sie eine Gruppe von Nazis (knapp 30 waren zu Fuß vor ihren Kameraden erschienen) am Einkaufen bei der nahe gelegenen Shell-Tankstelle gehindert.
Bevor der Naziumzug starten konnte mußten noch Formalitäten erledigt werden. "Thorben, bitte mit den vorgesehenen Ordnern zum Lautsprecherkraftfahrzeug. Thorben, bitte mit den vorgesehenen Ordnern zum Lautsprecherkraftfahrzeug.", rief Christian Worch in bester Supermarktart aus, bevor er die Ordner instruierte. Die erlaubten Fahnen wurden unter den Kameraden verteilt (diesmal hatte die Polizei genug Kräfte vor Ort bei den Nazis um die Auflagen durchzusetzen). Die drei maskierten Nazis (Esel, Kamel und Schaf) mußten ihre Personalien bei der Polizei abgeben und bekamen ihre Personalausweise auf die Oberarme geklebt. Die Maskierung mit Schild ist schon uralt. 1977 liefen Christian Worch und Michael Kühnen mit Masken und Schild ("Ich Esel glaube immer noch, dass in Auschwitz Juden vergaßt wurden") durch Hamburg und wurden hierfür verknackt. Nachdem auch die Auflagen verlesen waren konnte der Nazianwalt Jürgen Rieger, dessen Auto kurz vor dem 31. Januar ausbrannte, die Auftaktrede halten. Mehr als Beschimpfungen, Hasstiraden und Geschichtskliterung hatte er nicht zu bieten.
In Absprache mit der Polizei drehten die Nazis ihren Marschweg um. Zuerst zogen sie in die Jarrestraße. Die gesamte Strecke bis zum Kampnagel-Gelände, wo die Wehrmachts-Ausstellung gezeigt wurde, gingen sie im Lärm unter. Anwohner in den Fenstern, Lautpsprecher in den Festern, lautstarker Proteste aus allen Seitenstraßen und direkt vom Fußweg neben den Nazis. Angesichts der Polizeiübermacht waren es erstaunlich viele, denen es geland direkt an der Neonaziroute zu protestieren. Am 31.1. herrschte in der Straße bis auf die Nazi-Parolen gespenstische Ruhe.
Die Zwischenkundgebung ging im Lärm der Proteste unter. Trotzdem versuchten die Nazis, die hier nach mal gerade 200 aussahen, ihre Ehrung der Toten der freiwilligen Verbände Waffen-SS aus ganz Europa durchzuziehen. Von der Polizei wurden sie daran nicht gehindert. Und so gedachten sie nacheinander mit Fahnen hochhalten und abspielen der Nationalhymnen den Gefallenen der Waffen-SS.
Auf dem weiteren Weg wurde es ruhiger um Nazis. Die Anwohnerproteste waren nur auf dem Teilstück besonders präsent, dass die Nazis bereits am 31.1. beschritten hatten. Der Polizei gelang es immer mehr Proteste auf der Straße auf Distanz zu halten. Trotzdem waren die Nazis nicht ungestört und vereinzelt mußten die vor ein paar Wurfgeschossen (Obst, Gemüse, Eier, Wasser und Babywindeln) in Deckung gehen.
Auf der Abschlußkundgebung der Nazis sprachen neben einen Finnen, der Kriegsfreiwilliger der Waffen-SS (9. Waffen-SS-Rgt. Thule) war, noch Philipp Hasselbach, Ralph Tegethoff, Ruppert aus Stralsund, Axel Reitz und Michael Burkhard. Das von Christian Worch in seinem Bericht beschriebene singen der Nationalhymne ("erklang aus fast vierhundert Kehlen die deutsche Nationalhymne in allen drei Strophen") war mehr ein Stilles Melodien lauschen. Einige Kameraden mögen auf den verteilten Zetteln zwar den Text mitgelesen haben, aber von Singen war nichts zu hören. Gegen 18 Uhr stiegen die Nazis wieder in ihren Sonderzug nach Farmsen. Einige Voreilige hatten am Hauptbahnhof noch eine schmerzlhafte Begegnung der antifaschistischen Art. Der große Schwung an Nazis (ca. 50) erreichte um 19 Uhr den Hauptbahnhof unter Polizeibegleitung und stieg in Züge gen Heimat.

Angesichts des massiven Polizeiaufgebots waren die antifaschistischen Proteste am Beginn des Naziaufmarsches überraschend laut und stark. Aber angesichts von drei Hundertschaften (darunter zwei Prügeleinheiten vom BGS) war an eine Blockade des Aufmarschs nicht zu denken. Aber die Störungen alleine waren schon sehr stark. Auf verschiedensten Wegen gelangten Antifaschisten auf die Insel. Der Pendelservice mit einem Tretboot wurde jedoch schnell von der Polizei unterbunden.

In diesem Jahr haben bereits vier bekannte Nazis in Norddeutschland ihre Autos eingebüßt. Vor dem Aufmarsch am 31. Januar der Anwalt Jürgen Rieger (Hamburg-Blankenese, früher Schulungszentrum Hetendorf, Artgemeinschaft und inzwischen Veranstalter der Hess-Aufmärsche in Wunsiedel), Lars Jacobs (aus Rostock in die Nähe von Hamburg gezogen, u.a. Anmelder des Naziaufmarsches in Halbe im Herbst letzten Jahres), Manfred Börn (Lüneburg, sein alter roter Feuerwehrwagen diente schon öfter als Lautsprecherwagen auf Naziaufmärschen). Und in der Nacht nach dem Aufmarsch am Samstag erwischte es den roten Golf von Christian Worch.


Mehr bei Indy und anderswo:

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Bilder Nasenaufmarsch - Kampnagel (mittel)
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Bilder Nasenaufmarsch - Jarrestr. (nicht gut)
Hamburg: Proteste gegen den Naziaufmarsch
Nasenaufmarsch in Hamburg Bericht und Fotos
Weitere Bilder vom Naziaufmarsch in HH
Bilder von den Demonstrationen am 27. in HH

Auf Ignoranz und Distanz gesetzt (taz 1)
(taz 2)
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Mopo
Polizei gab Gewalttätern keine Chance (Abendblatt 1)
Demokratischer Protest (Abendblatt 2)
Besucher wurden abgewiesen (Abendblatt 3)

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Ergänzungen

Und die Nazis haben erreicht....

OK 30.03.2004 - 17:01
Polizei gab Gewalttätern keine Chance (Abendblatt 1)
der Bericht ist echt gut, man beachte das Ende des Artikels:
Bereits in der Nacht hatten Polizeistreifen in Barmbek und Winterhude patrouilliert. Dabei beseitigten sie zwei "Steindepots", die offenbar als Wurfgeschosse genutzt werden sollten. Durch die hohe Polizeipräsenz kam es, sozusagen als "Nebenprodukt", zu mehreren Festnahmen wegen Fahren ohne Führerscheins, Verdachts des illegalen Aufenthalts und Einbruchs.

Ergänzungen Rieger Meenen Nahrath Worch Priem

ein Überblick 30.03.2004 - 18:02
Jürgen Rieger ist zur Zeit Rechtsanwalt von Reinhold Oberlercher im Prozess gegen das "Deutsche Kolleg" MAHLER/OBERLERCHER/MEENEN

Horst Mahler verteidigt sich selbst
(hat aber als Pflichtverteidiger den Hauptgeschäftsführerdes Berliner Anwaltsverein e.V. Mirko Röder)

Uwe Meenen hat als Anwalt Wolfram Nahrath
(ehem. Wicking Jugend heute im Bundesschiedsgericht der NPD )
 http://www.dradio.de/dlf/sendungen/zeitfunk/000916.html
 http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_99/24/21a.htm
 http://www.projektwerkstatt.de/zeitspruenge/vicking.html
 http://lexikon.idgr.de/w/w_i/wikingjugend/wikingjugend.php

detailliert nachzulesen auf deren bzw Mahlers webseite:

Prozeß gegen das Deutsche Kolleg wegen ?Volksverhetzung?
Fortsetzungstermine am Landgericht Berlin:
02.04. ab 14:00 Uhr, 14.04. ab 13:00 Uhr, 20.04. ab 14:00 Uhr
www.deutsches-kolleg.org/hm/
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Prozess gegen Mahler & co.
 http://de.indymedia.org//2004/02/75181.shtml
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Rechte Aktivitäten ehemaliger "Linker"(?) !!!
 http://de.indymedia.org//2004/02/73642.shtml
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Reinhold Oberlercher
 http://lexikon.idgr.de/o/o_b/oberlercher-reinhold/oberlercher-reinhold.php
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Bezüglich der Anmerkung zu WORCH:
"und das nötige Kleingeld für einen neuen hat der auch!"
soweit ich weiß, hat Worch Millionen (Erbschaft)
(hier steht dazu leider nichts)
 http://lexikon.idgr.de/w/w_o/worch-christian/worch-christian.php
und als vor mehreren Jahren in Berlin des öfteren der Wagen vom
pädophilen NaziSchmudelRocker Winfried Arnulf Priem
 http://lexikon.idgr.de/p/p_r/priem-winfried-arnulf/priem-winfried-arnulf.php
abgefackelt wurde, stellte er ihm ein Auto zur Verfügung, mit dem Priem dann u.a. zum Weddinger Arbeitsamt fuhr oder am Ernst Reuter Platz mit seinen Reenie Mädchen Anhang, Kamerad(inn)en besuchte

31.1. Still?

Anwohner 31.03.2004 - 00:38
Erstmal danke für Deinen Bericht,

aber wenn Du schreibst, in der Jarrestraße wäre es am 31.1.
still gewesen irrst Du Dich leicht ...

Schon damals war es uns (teilweise wg. der geringeren Entfernung
besser als dieses Mal) einige Male gelungen, den Lautsprecherwagen
des Mob's zu übertönen.

Ansonsten: netter Bericht

Tretboot vs. Bullenkahn

René Senenko 13.04.2004 - 09:53
Hier noch ne hübche visuelle Einlage zur Antinazidemo am 27.3. in Hamburg. Tretbootstrampler kamen auf die Idee, ihren Protest "Unsere Antwort heißt Widerstand" räumlich näher an den Naziaufmarsch heranzurudern. Fotos von KASAL (Hamburg). In Berlin haben wir zur Großdemo gegen Sozialabbau am 3. April dasselbe Transpi dann wiedergesehen.
René

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@Kobold — herm