Das CHE schummelt

einer 19.12.2003 00:45 Themen: Bildung Globalisierung Medien
Vor kurzem veröffentlichte das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) eine Umfrage zu Studiengebühren, nach dieser seien "Studierende mehrheitlich für Studiengebühren"... Doch wie heißt es so schön heisst "trau keiner Statistik die du nicht selbst gefälscht hast". Der schwindel ist nun aufgeflogen, den UmfrageteilnehmerInnen wurde gar nicht die Möglichkeit gegeben Studiengebühren abzulehnen.
Seit 1994, Gründungsjahr des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE), spielt der Bertelsmann Konzern eine offensive und deutlich erkennbare Rolle in der Diskussion um die Umgestaltung des öffentlichen Bildungswesens. "Das CHE wurde auf Initiative von Reinhard Mohn am 1. Mai 1994 von der Bertelsmann Stiftung und der Hochschulrektorenkonferenz als gemeinnützige GmbH gegründet." So steht es in der Organisationsbeschreibung des CHE. Dort ist ebenfalls zu lesen, dass 75% der Gelder (3,2 Mio. Euro) von der Bertelsmann-Stiftung zur Verfügung gestellt werden.

Das CHE tritt für eine Hochschule ein, die sich dem Wettbewerb um finanzielle Mittel stellt, sowohl durch public-private partnerships als auch durch Studiengebühren. Ebenso setzen sie sich für eine Hochschule ein, die sich ihre Studierenden selbst aussuchen kann, das heißt, dass nicht länger Regierung und Parlament bestimmen würden, wer eine Hochschulzugangsberechtigung bekäme, sondern die Hochschule dies autonom täte. Dass diese "Unabhängigkeit" immer von Sponsorgeldern der Privatwirtschaft abhängen würde und damit die Hochschulen natürlich nicht unabhängig machen würde, wird gerne verharmlost.


Hier die Presseinfo, "Umfrage des Centrums für Hochschulentwicklung arbeitet mit fragwürdigen Methoden" des Aktionsbündnissen gegen Studien Gebühren (ABS) welches sich die Umfrage des CHE mal einwenig genauer angesehen hatte:

Eine Pressemitteilung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) vom
11. Dezember ist mit "Studierende mehrheitlich für Studiengebühren" überschrieben. Die genaue Formulierung der Fragen gibt das CHE weder in der Pressemitteilung noch auf der Homepage bekannt. Erst auf mehrfaches Nachfragen des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS) wurden uns die Fragen überstellt. "Dabei gibt es nicht die Möglichkeit zu antworten, dass man Studiengebühren ablehnt" erklärt
ABS-Geschäftsführer Klemens Himpele.

Dass es nicht um die Frage "Studiengebühren: Ja oder Nein" ging, räumte indirekt auch der Referent des CHE, Frank Ziegele in der Sendung "Forum" auf SWR 2 am Dienstag, den 16.12.2003 ein. Die Frage, ob man ankreuzen konnte, dass man gegen jede Form von Studiengebühren sei, verneinte er.
Vielmehr habe man drei Varianten von Gebühren vorgelegt und zu diesen
dann Zustimmung oder Ablehnung erbeten.

"Mit dieser suggestiven Fragestellung ist das CHE schon 1998
aufgefallen", so Klemens Himpele. "Schon damals behaupteten CHE und der Stifterverband der Deutschen Wirtschaft, dass die Mehrheit der 22- bis 25-jährigen Studierenden für Gebühren seien. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren schrieb dazu bereits 1999: ";Wer sich an der Befragung überhaupt beteiligte, war bereits mitten in einer Diskussion über Studiengebührenvarianten. […] Da die Befragten in den suggestiven Kontext versetzt wurden, über ein bevorzugtes Studiengebührenmodell politisch mitentscheiden zu dürfen, "wählte" der größere Teil folglich die "mildeste" Variante von den drei genannten. Das Ergebnis dann so zu deuten, als sei die Mehrheit von 1,8 Millionen Studierenden für Studiengebühren, ist eine an Kühnheit kaum zu übertreffende "Interpretation".“

Das schon 1998 beauftragte forsa-Institut erklärte damals, dass es nicht um die Frage ging, ob man für oder gegen Studiengebühren sei. "Ziel der Befragung war es, die Akzeptanz verschiedener, in Zusammenhang mit der Erhebung von Studiengebühren diskutierter Vorschläge zu ermitteln."

Die Ergebnisse solcher "Umfragen" veröffentlicht das CHE in schöner Regelmäßigkeit in zeitlicher Nähe zu großen studentischen Protesten.
Damit soll suggeriert werden, dass die Demonstrierenden eine Minderheit gegenüber einer großen, schweigenden Mehrheit seien. "Diese manipulativen Methoden machen einmal mehr deutlich, dass das CHE kein Think Tank sondern eine interessengeleitet Lobby zur Einführung von Studiengebühren ist," so Klemens Himpele


Weitere Informationen zum Thema:

CHE-Meldung zur Umfrage:  http://www.che.de/news.php?id=149

Bertelsmann Aktion in Weimar:  http://www.de.indymedia.org/2003/12/70285.shtml

Bertelsmann Hintergrundtext vom "education is not for sale - Netzwerk":
 http://www.de.indymedia.org/2003/12/70213.shtml

Bertelsmann Besetzung in Berlin:
 http://www.de.indymedia.org/2003/12/69786.shtml
 http://www.de.indymedia.org/2003/12/69800.shtml
 http://www.de.indymedia.org/2003/12/69802.shtml
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Ergänzungen

CHE: Viva la Evolucion?

The great GATSby 19.12.2003 - 07:21
Kaum besetzt schon wird die Berichterstattung der TAZ besser, seltsamer Zufall...

CHE betrügt erneut
Der Uni-Thinktank wird "Centrum für Hochschulbetrug". Studierende fordern: Rektoren sollen Berater entlassen
 http://www.taz.de/pt/2003/12/19/a0111.nf/text

Damit hat sich Bertelsmann den Skandal geleistet der die ganzen Machenschaften entblößt die hinter dem Bildungsklau stecken.

Fragen liegen vor

Torsten 19.12.2003 - 08:45
In der Pressemitteilung der CHE ist jetzt auch ein PDF verlinkt, dass die Fragen und Ergebnisse auflistet:  http://www.che.de/Intranet/webservices/news/uploads/forsaergebnisse_149.pdf

Nicht ganz korrekt

Torsten 19.12.2003 - 08:53
"Dabei gibt es nicht die Möglichkeit zu antworten, dass man Studiengebühren ablehnt" erklärt ABS-Geschäftsführer Klemens Himpele.

Das stimmt so nicht ganz: Man konnte offenbar alle drei Varianten ablehnen. Die Methodik ist trotzdem schief und taugt nicht zur Messung einer vermeintlichen Zustimmung zu Studiengebühren. Aber man sollte nicht mit einer anderen schiefen Interpretation kontern.


GatsBY: Solche Artikel fand man schon immer in der taz.

Torsten,

The great GATSby 19.12.2003 - 11:24
ich habe die TAZ zwar nie gekauft, gelesen habe ich sie schon. ;-)
Du könntest deine Ehrenrettung auch mit Links untermauern, ja wenn du eben könntest...

offensichtlicher betrug

mensch 19.12.2003 - 12:42
Das Ergebnis dann so zu deuten, als sei die Mehrheit von 1,8 Millionen Studierenden für Studiengebühren, ist eine an Kühnheit kaum zu übertreffende "Interpretation".“

mensch sollte darüber nachdenken strafantrag wegen beruges zu stellen. die boulevarblätter übernehmen den mist und die aufrtaggeber der umfrage nutzen die pressemiteilungen um die öffentliche meinung zu manipulieren. so ist es schon immer gewesen das ist in allen bereichen nie anders gelaufen und muss durchbrochen werden. auf jeden fall ist die recherche und der artikel ein guter anfang diesem lügengebäude and die aussenwand zu pissen

Hier die Meldung der AP

einer 19.12.2003 - 13:05
Kritik an Umfrage zu Studiengebühren

Bonn - Das in Bonn beheimatete Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) hat am Donnerstag eine Pressemitteilung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) über eine Umfrage kritisiert, bei der sich "Studierende mehrheitlich für Studiengebühren" ausgesprochen haben sollen. ABS-Geschäftsführer Klemens Himpele erklärte, die Befragten hätten gar nicht die Möglichkeit zu der Antwort gehabt, dass sie Studiengebühren ablehnten.

Er kritisierte, das CHE habe weder in der Pressemitteilung noch auf seiner Homepage die genaue Formulierung der Fragen bekannt gegeben und habe sie dem ABS erst nach mehrmaligem Nachfragen übermittelt. Weiter hieß es, ein CHE-Referent habe am vergangenen Dienstag auch in einer SWR-Sendung indirekt eingeräumt, dass es bei der Erhebung nicht um die Frage "Studiengebühren: Ja oder Nein" gegangen sei. Er habe die Frage verneint, ob man auf dem Fragebogen ankreuzen konnte, dass man gegen jede Form von Studiengebühren sei. Vielmehr habe man drei Varianten von Gebühren vorgestellt und zu diesen dann Zustimmung oder Ablehnung erbeten.

Himpele warf dem CHE vor, es habe schon bei einer Umfrage 1998 "mit dieser suggestiven Fragestellung" gearbeitet. Schon damals hätten CHE und der Stifterverband der Deutschen Wirtschaft behauptet, dass die Mehrheit der 22- bis 25-jährigen Studierenden für Gebühren sei.

 http://www.gute-bildung.de


zu finden (manchmnal leicht abgewandelt) u.a.
- Süddeutsche
- Zeitungsgruppe Lahn/Dill
- Yahoo
- Weilburger Tageblatt
- Solms-Braunfelser

fzs zum CHE

Der schwarze Rabe 19.12.2003 - 15:11
Heute hat sich auch der fzs zum CHE und der Umfrage geäußert:

Centrum für Hochschulbetrug
vom 19.12.2003

fzs fordert von Hochschulen Aufkündigung der Zusammenarbeit mit dem CHE

BONN. Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) fordert die Hochschulen und die Politik auf, nicht mehr mit dem Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) zusammenzuarbeiten. Spätestens seit der am 11.12.2003 vom CHE veröffentlichten und nach Angaben des fzs manipulativen Umfrage sei mehr als deutlich, dass es sich bei der von Bertelsmann-Stiftung und Hochschulrektorenkonferenz (HRK) getragenen gemeinnützigen GmbH nicht um einen neutralen Think-Tank handelt. Hintergrund der aktuellen Kritik ist eine Pressemitteilung des CHE, in der die Behauptung aufgestellt wird, Studierende seien mehrheitlich für Studiengebühren. Der fzs bezeichnete die Umfrage als "propagandistisch". "Wer solche Umfragen durchführt und veröffentlicht, kann sich nicht frei und unabhängig nennen. Das ist schlicht unglaubwürdig!", so Colin Tück vom Vorstand des fzs.

Das CHE stützt sich bei seiner Behauptung auf eine Studie des forsa-Instituts. Diese Studie, die mit gleicher Fragestellung bereits 1998 und 2000 durchgeführt wurde, beinhaltete jedoch nicht die Möglichkeit, sich tatsächlich gegen jegliche Studiengebühren auszusprechen. Stattdessen besteht nur die Möglichkeit, zwischen drei angebotenen Ausgestaltungen von Studiengebühren die bevorzugte auszuwählen. Die These, Studierende seien mehrheitlich für Studiengebühren, sei bei einer derart suggestiven Umfrage nicht haltbar, so der fzs. "Man konnte sich quasi zwischen Pest und Cholera entscheiden. Der eigene Anspruch des CHE, wissenschaftlich profiliert und autonom zu arbeiten, erweist sich als glatte Lüge", macht Vorstandskollegin Nele Hirsch deutlich.

Aus Sicht des fzs hat man die Meldung über die angebliche Befürwortung von Studiengebühren ganz bewusst in eine Zeit von studentischen Streiks und Protesten gelegt. "Das CHE versucht, die demokratischen Rechte der Studierenden, auf die Straße zu gehen, durch die Konstruktion einer 'schweigenden Mehrheit' zu delegitimieren," so Hirsch weiter.

Das CHE wurde 1994 gegründet und bezeichnet sich selbst als "keiner politischen Richtung oder gesellschaftlichen Organisation verpflichtet". Der fzs bezeichnet dies als "Lippenbekenntnis" und spricht stattdessen von "gezielter Meinungsmache". Die HRK fordert der fzs auf, gründlich zu überdenken ob sie die selbsternannte "Reformwerkstatt für das deutsche Hochschulwesen" weiter guten Gewissens tragen kann. "Wenn die HRK für Studiengebühren ist, so ist das eine ehrliche Position in der Debatte. Sich dabei solch unlauterer Taktiken wie dieser Umfrage zu bedienen sollte die HRK aber nicht nötig haben und als Dachverband von wissenschaftlichen Einrichtungen nicht verantworten können!", so Tück abschließend.

Quelle:  http://www.fzs-online.org/article/750/de/

Weitere Infos beim ABS

Karl 27.04.2004 - 21:31
Weitere Infos hierzu gibt's beim Aktionsbündnis gegen Studiengebühren:  http://www.abs-bund.de - bundesweit und in den einzelnen Ländern!