Bertelsmann und Studiengebühren: es reicht!

Education is not for sale! 14.11.2003 15:14 Themen: Bildung
Das von der Bertelsmann Stiftung und das HRK gegründete CHE (Centrum für Hochschulentwicklung) fordert erneut allgemeine Studiengebühren. Und sie sind nicht nur im Bildungsbereich aktiv. Es reicht! Warum Kaufen wir eigentlich noch Artikeln der Bertelsmann Gruppe?
Das Centrum für Hochschulentwicklung und die Bertelsmann Stiftung

In eine Pressemitteilung von 31.10.2003 fordert das CHE erneut allgemeine Studiengebühren. Überraschen kann das eigentlich niemand: In Deutschland kommt dem Mitte der 90-er Jahre von der Hochschulrektorenkonferenz und der Bertelsmann Stiftung gegründeten Centrum für Hochschulentwicklung, das CHE, bei der neo-liberalen Umstrukturierung eine Schlüsselrolle zu. Das CHE, mit Sitz in Gütersloh, der Ort, wo sowohl die Bertelsmann Stiftung als auch der Mutterkonzern Bertelsmann ihren Hauptsitz haben, ist mittlerweile als relativ unabhängige (sie sind nur das Kapital vom Mutterkonzern Bertelsmann verpflichtet) und damit auch parlamentarische unkontrollierte Kraft, überall gut vertreten. Schon während der 23. Wahlperiode des deutschen Bundestages (1994-1998) hatte der Leiter vom CHE, Professor Detlef Müller-Böling, enge Beziehungen zum damaligen Wissenschaftsminister Jürgen Rüttgers (CDU). Rüttgers berief Müller-Böling an den runden Tisch, an dem das neue Hochschulrahmengesetz entwickelt wurde. Auch gab es Kontakte zu dem ehemaligen Bundespräsident Roman Herzog (auch CDU), unter dessen Schirmherrschaft der Initiativkreis Bildung tätig wurde. Dieser Impulsgeber des CHE sollte Vorschläge zur Erneuerung des Bildungswesens entwickeln. Auch auf Länderebene ist das CHE aktiv, so leiten sie in Niedersachsen den Wissenschaftlichen Beirat. Mit viel Geduld arbeitet das CHE an die Gewichtsverlagerung von staatlich-normativ-rechtlichen Steuerungsmedien zugunsten pekuniärer, entparlamentarisierter und kontraktualer Steuerungsmedien hin.

Das CHE tritt für eine Hochschule ein, die sich den Wettbewerb um finanzielle Mitteln stellt, sowohl durch public-private partnerships und Studiengebühren als auch für eine Hochschule, die sich ihre Studierenden selbst aussuchen kann. Letzteres heißt, dass nicht länger Regierung und Parlament bestimmen würden, wer eine Hochschulzugangsberechtigung hat, sondern die nicht Parlamentär kontrollierte „Autonome“ und von Sponsorgeldern der Privatwirtschaft abhängige (und damit sicher nicht autonome) Hochschule.

Auf der Ebene der primären Bildung ist das CHE als Mitgründer der Bertelsmannstiftung aktiv. Die Bertelsmannstiftung hat z.B. in Zusammenarbeit mit dem nordrhein-westfälischen Bildungsministerium das Projekt „Selbständige Schule NRW“ entwickelt. Die Bertelsmannstiftung hat die Projektleitung erhalten und finanziert auch das Projektbüro. In NRW nehmen 237 Schulen an dem Projekt teil, viel weniger als die Bertelsmannstiftung sich erhofft hatte. Bertelsmann hat die volle Kontrolle über das Projekt, in einer Broschüre steht z.B.:

„Das MSWF und die Bertelsmann Stiftung bestellen einvernehmlich für die Aufgaben der Projektleitung eine Mitarbeiterin bzw. einen Mitarbeiter der Bertelsmann Stiftung. Die Verantwortlichkeit der Projektleitung umfasst die Durchführung des Projektes nach Maßgabe der Projektbeschreibung, des Kooperationsvertrages und der Rahmenvorgaben des Projektvorstandes, die Koordination und Unterstützung der regionalen Steuergruppen, die Kooperation mit der externen Evaluation, das Controlling des Projektes, die Dokumentation des Projektverlaufs und der Ergebnisse sowie die Leitung des Projektbüros. Die Projektleitung und das Projektbüro nehmen ihre Arbeit spätestens zum Jahresbeginn 2002 auf. Die Öffentlichkeitsarbeit des Modellprojektes erfolgt durch die Projektleitung im Einvernehmen mit dem MSWF und in enger Abstimmung mit der Bertelsmann Stiftung und den Regionen.“

Bertelsmann, Bildung und EU Verfassung

Auch auf Europäische ebene ist Bertelsmann aktiv an die neo-liberale Reformen der Bildung beteiligt. Aus der Erklärung der finanziellen Interessen (finanzielle Interessen vom Mitglied des Europaparlaments Elmar Brok, CDU, ( http://wwwdb.europarl.eu.int/ep-dif/1263_03-01-2003.pdf ), die jedes Mitglied des Europa-Parlaments abgeben muss, geht hervor, dass Elmar Brok Vize-Präsident von Media Development der Bertelsmann AG ist. Brok ist auch Mitglied vom EU Konvent und hat am 27 Januar 2003 ein Diskussionspapier geschrieben (Unter der Registrationsnummer CONV/325/2/02 REV2), worin er vorschlägt, dass der Konvent bei den Grundfreiheiten das Recht auf Bildung einräumt (Artikel II-14 Recht auf Bildung). Bei Absatz 2 schlägt er vor, dass dieses Recht die Möglichkeit umfassen soll, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teil zu nehmen, mit anderen Worten er möchte die Möglichkeit zur Erhebung von Studiengebühren (generell, also ab dem 1. Semester) und Schulgeld für z.B. Berufsschulen usw. in der EU Verfassung festschreiben. Der Vorschlag im Diskussionspapier von Brok wird angenommen (EU Verfassungsdokument von 18.07.2003 CONV/850/03, Artikel II-14 Recht auf Bildung, Seite 50). .

EU Verfassung, GATS und Bertelsmann

In einer Pressemitteilung vom 05. Februar 2003 schrieb die Europäische Kommission, dass sie bei den laufenden GATS-Verhandlungen keine Verpflichtungen in den Bereichen Gesundheit, audio-visuellen Medien und Bildung vorschlägt. Über den EU Konvent wird unter anführung von Handelskommisar Pascal Lamy und Bertelsmannangestellter Elmar Brok aber schon ein neuer Angriff auf die öffentliche Dienste vorbereitet.

Dass die Gefahr noch nicht gebannt ist, war eigentlich von Anfang an klar, ging es doch nur um ein VORSCHLAG der EU Kommission bei den laufenden GATS-Verhandlungen (Ein WTO- Abkommen, das den Handel in Dienstleistungen regeln soll). Aus einer internen EU Mitteilung wurde klar, dass neue Zugeständnisse in den Bereichen Bildung, Gesundheit und den audio-visuellen Medien durch ein Veto aus dem EU Vorschlag für die weiteren GATS-Verhandlungen herausgenommen sind. Es gab also eine Mehrheit, um in den genannten Bereichen weitere Zugeständnisse zu machen, aber durch Artikel 133 (Absatz 6) im Nizza-Vertrag der EU, hat jeder Mitgliedstaat ein Vetorecht bei der Abstimmung über Handelsabkommen (wie z.B. GATS) für die Bereiche Bildung, Gesundheit und Soziales und einige Staaten haben von diesem Vetorecht auch Gebrauch gemacht. Genau dies soll in der EU Verfassung geändert werden. Nur im Bereich audio-visuellen Medien und Kultur soll eine Ausnahme (dort soll weiterhin das Vetorecht bei der Abstimmung gelten) gemacht werden, in den andere Bereichen entscheidet die Mehrheit der Mitgliedstaaten über den Bildungsbereich bei den immer noch fortlaufenden GATS-Verhandlungen wenn die EU Verfassung in seiner heutige Form angenommen wird.

Bertelsmann ist auch über das European Services Forum ( http://www.esf.be ) aktiv an den GATS Verhandlungen beteiligt. Das von der ehemalige EU Handelskommissar Leon brittan gegründete ESF, besteht aus viele Großfirmen und ist eigens für die be-einflüßung der EU Politikern bei den laufenden GATS Verhandlungen gegründet. Wo Bundestagsabgeordneten aller Parteien noch kein einziges Dokument über die Laufende Verhandlungen gesehen hatten, fragte EU Handelskommissar Pascal Lamy ob die Konzerne doch bitte Vorschläge unterbreiten könnte im Rahmen der verhandlungen. Dies taten sie natürlich gerne. Und nicht ohne erfolg: während der Deutsche Bundestag gegen weitere Verhandlungen im Bildungsbereich bei weitere GATS Verhandlungen stimmte, nahmen die EU und die USA Bildung in ihren Vorschlag während die WTO Verhandlungen in Cancun wieder auf. Auch Wolgang Clement war dazu bereit (schon mal von Demokratie gehört...). Glücklich scheiterte der Gipfel in Cancun, aber es gab danach schon weitere Verhandlungsgespräche über GATS.

Bertelsmann und die Sozialsysteme

Am 14. November präsentierte die „Gemeinschaftsinitiative Soziale Marktwirtschaft“, eine Kooperation der Bertelsmann Stiftung, der Heinz Nixdorf Stiftung und der Ludwig Erhard Stiftung, ihre Reformvorschläge an ein ausgewältes Publikum. Die Stiftungen schlagen u.a. vor das Arbeitslosengeld komplett ab zu schaffen, dies könnte man tun da Arbeitnehmer dies auch selbst ansparen könnten. Die Krankenkasse soll über eine Kopfpauschale finanziert werden, Chauffeur und Chef Zahlen den gleichen Beitrag laut Bertelsmann und co...., der Chauffeur vermutlich rund 15 bis 20 Prozent seines Einkommens, sein Chef weit weniger als 10 Prozent seines Einkommens.

Bertelsmann es reicht! Wenn ihr kein Bertelsmann Produkte mehr Kaufen wollt:

Hier ein paar Tips für Aktionen und welche Produkte Bertelsmann außer RTL und BMG noch mehr hat:

Eine liste mit Bertelsmann Tochterunternehmungen findet ihr auf:  http://www.bertelsmann.com

Bertelsmann Club gibt es in Hunderte Städte ( Idee: Alternatieve Vorlesungen vor das Örtliche Bertelsmann Club Filial), Finde ein Filial in deine nähe auf:
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Bertelsmann Stiftung
Carl Bertelsmannstraße 256
D 33311 Gütersloh

Bertelsmann AG und Bertelsmann Stiftung in Berlin:
Unter den Linden 1 (Laut Bertelsmann Stiftung soll dieses Gebäude ein Ort der Begenung sein, nah Bitte!!), 10117 Berlin

CHE Centrum für Hochschulentwicklung
Verler Straße 6, 33332 Gütersloh
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