Saloniki: 50 Tage Hungerstreik

aus dem geburtshaus der demokratie 08.11.2003 19:52 Themen: EU Gipfel Thessaloniki
Morgen ist Suleiman Castro seit 50 Tage im Hungerstreik. Die gesundheitliche Lage der Streikenden ist mittlerweile sehr kritisch, heute kamen sie ins Krankenhaus. Die Solidaritätsaktionen nehmen zu, gestern und heute grössere demos in Athen und Saloniki. Ein kurzer Bericht mit Hintergründen.
Während der Auseinandersetzungen beim EU Gipfel in Thessaloniki (Griechenland) im Juni, kam es zu rund 100 Ingewahrsamnahmen durch die Polizei. Anklagen wurden gegen 29 Personen erhoben, von denen die 22 mit Auflagen freigelassen wurden.
Gegen die übrigen 7 gibt es schwere Anklagen, die zum größten Teil auf haarsträubende Polizeikonstrunkte basieren. Bekanntestes Beispiel ist der Fall von Simon Chapman, dem ein Rucksack voll mit Molotovcoctails zur Last gelegt wird. Selbst im griechischen Staatsfernsehen war zu sehen, dass Simon während seiner Festnahme einen blauen Rucksack auf hatte, dieser ihm gewaltsam weggenommen wurde und von Riotcops gegen einen anderen, schwarzen ausgetauscht wurde. Für die zuständigen Rechtsbehörden war das kein Grund für seine Freilassung, auch wenn ganz Griechenland weiß, dass hier mal wieder die Bullen mit ihren stümperhaften Methoden am Werk sind.

Nun sind 5 der 7 Gefangenen im Hungerstreik. Sie wählten das letzte und äußerste Mittel,das ihnen zur Verfügung steht, um eine Freilassung durch politischen Druck zu erwirken, da in den Monaten der U-Haft klar wurde, dass auf dem juristischem Weg nichts zu erreichen war. Der Apparat wollte Schuldige für die Randale im Juni haben und ihm ist durch und durch egal ob diese auch wirklich „schuldig“ im juristischen Sinne sind oder nicht. Gemeint sind wir alle und das sollen wir spüren.

Den Hungerstreik begann am 20. September Suleiman Castro, syrischer Staatsangehöriger, der seit Jahren auf Kreta lebt. Dort involvierte er sich in die selbstorganisierten Arbeitskämpfe der MigrantInnen und war den Behörden eh schon ein Dorn im Auge. Ihm droht nicht nur Knast sondern auch eine Abschiebung nach Syrien. Das könnte sogar die Todesstrafe bedeuten da Castro in Syrien politisch verfolgt ist und auf diversen Listen des Regimes steht.
Dem Streik folgten 2 Wochen später Carlos Martinez und Fernando Perez aus dem spanischen Staat, der erwähnte Simon Chapman aus England und Spiros Tsitsas aus GR. Die gesundheitliche Situation der Gefangenen ist teilweise sehr kritisch, während die Verantwortung wie ein Bällchen vom Gefängnis über die Polizei zu diversen Krankenhäusern und wieder zurück gespielt wird. Die meiste Wut macht die Tatsache, dass selbst in so einer Situation, in der Menschen ihr Leben einsetzen um ein wenig Würde und Gerechtigkeit zu erlangen, der Staat diese zu brechen versucht. Eine Ärztin berichtete, dass während eines Aufenthaltes im Krankenhaus ein Gefangener geschlagen wurde. Durch Schlafentzug und physischem Druck sollte er seinen Streik beenden. Auch Familien und Angehörige wurden eingespannt, um den Willen zu brechen. Seit gestern befinden sich alle Gefangene in einem Krankenhaus, da ihre gesundheitliche Lage sehr ernst ist. Das Krankenhaus wurde in eine Festung verwandelt mit jede Menge Spezialeinheiten der Polizei drinnen und draußen. Immerhin liegen alle im gleichen Zimmer und hatten Kontakt mit den AnwältInnen.

Seit Beginn des Hungerstreiks und bis jetzt fanden im ganzen Land um die 15 Solidemos statt. Anfangs organisiert von der anarchistischen/antiautoritären Szene, formiert sich mittlerweile eine breitere linke Bewegung für das Leben und die Freiheit der Gefangenen. Eine andere Form der direkten Aktion in diesem Kontext sind eine große Anzahl von Besetzungen von staatlichen Behörden, Rathhäusern und Radiosendern. Aber auch ohne dass die Sender besetzt werden, wird das Ganze mehr und mehr Thema in den Medien. Auch militante Formen des Protests häufen sich. In Athen und Saloniki gibt es fast täglich Brandanschläge.
Aber auch in anderen Ländern gab und gibt es Kundgebungen, z.B. vor Konsulaten oder Tourismusbehörden: St. Francisco, Helsinki, Malaga, Madrid, Burgos, Bilbao, Barcelona, London, Norwich und anderswo. Desweiteren wurden z.B. in Barcelona bei einer Soliaktion die Türen von 70 U-Bahnstationen zugeklebt. Überhaupt ist das ganze in Spanien ein Thema und die Zusammenarbeit zwischen Gruppen und Szenen der beiden Länder sehr intensiv.

Im weltweitem Klima des „Anti“terrors und der inneren Sicherheit, ein Paar Monate vor dem Start der olympischen Spiele, zeigt die griechische Demokratie zu was sie in der Lage ist. Die Fassade ist dünn und dahinter steckt der selbe reaktionäre Scheiß wie überall.
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Ergänzungen

INTERNATIONALISTISCE VERANSTALTUNGSREIHE

BÜNDNIS 18.10. Berlin 09.11.2003 - 18:12
INTERNATIONALISTISCE VERANSTALTUNGSREIHE:
FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN!

Ort: IKAD, Verein geg. Rassismus u. für Völkerverständigung,
Skalitzerstr.34, Hinterhaus, Berlin/Kreuzberg

Dienstag, 25.11.03, 19 Uhr
Politische Repression im Baskenland/Euskadi
Vortrag und Diskussion mit Ralf Streck (Journalist)
+ Buchvorstellung Tondar - Geschichte und Widerstand politischer Gefangener

-Freiheit für Gabriele Kanze!
-Freiheit für Juanra Rodriguez!
-Freiheit für Paulo Elkoro!

 http://members.freespech.org/euskadinfo
www.freejuanra.org/de/
www.intsol.de/paulo

Montag 01.12.03, 19 Uhr
Die palästinensischen politischen Gefangenen unter israelischer Besatzung
Vortrag und Diskussion mit Ala Jarradat, Koordinator der Gefangenenhilfe von „Addameer“, Ramallah

-Freiheit für Marwan Barghouti!
-Freiheit für Ahmed Saadat!
-Freiheit für Hussam Khader!
-Freiheit für Taiseer Khaled!

www.freepalestine.de
www.addameer.org
www.hussamkhader.com


25.11.-21.12.03, 14-21 Uhr
Ausstellung: Bilder der Kämpfe
Zeichnungen von Jose Maria Sanchez Casas, PCE(r)/GRAPO


VeranstalterIn: BÜNDNIS 18.10.
Kontakt:  buendnis18.10.03@web.de