Demonstration gegen den WTO-Gipfel in Chiapas

Die LoewInnen und der Maulwurf 12.09.2003 05:07 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Am Morgen des heutigen Aktionstages gegen die WTO-Konferenz in Cancún demonstrierten ca. 700 indigene Campesin@s mit Kind und Kegel auch in San Cristobal, Chiapas. Lautstark protestierten sie gegen die herrschende Ausbeutung und Unterdrueckung sowie gegen die Privatisierung ihres Leben, durch die Organisationen WTO, IWF, Weltbank, BID und deren neoliberalen Megaprojekten NAFTA, ALCA und PPP.
Verschiedene Campesin@s- und Menschenrechtsorganisationen riefen dazu auf, sich am Morgen des 11.09.03 vor den Toren der Maquiladora (Weltmarktfabrik) in San Cristobal zu versammeln. Mit der fuer Mexiko ueblichen Verspaetung von bis zu 2 Stunden ging es dann mit der Parole "Zapata Vive - La Lucha Sigue" am fruehen Vormittag Richtung Innenstadt los. Die Demo war ein buntes Gemisch aus Zapatistas und MitgliederInnen regierungsunabhaengiger Campesin@sorganisationen. Allesamt sind sie mit ihren Familien aus den umliegenden indigenen Gemeinden angereist, um an diesem Protest teilzunehmen.
Zuegig ging es an einem VW-Werk vorbei, um danach zum Ort der ersten "Kundgebung" weiterzugehen.
In der Innenstadt von San Cristobal wurde ein Straszenzug besetzt und sehr nachdruecklich um Einlass bei einer chiapanekischen Radiostation "gebeten". Schlieszlich konnte ein Campesino live im Radio einen vorbereiteten Text in Spanisch Tzotzil und Tseltal verlesen. (Uebersetzung der Rede s.u.)
In ganz Chiapas war somit wiedereinmal der Aufschrei der Indígenas gegen die kapitalistische Globalisierung fuer Selbstbestimmung und fuer ein Leben in Wuerde und Freiheit zu hoeren. Die Rede richtete sich nicht nur an die Bevoelkerung Mexikos, sondern treu dem Gedanken "Todo para Tod@s" an alle Menschen der Welt.
Zum Abschluss der Demo ging es zum Zócalo (zentraler Platz in mexikanischen Staedten), wo die Forderungen fuer die endlich eingetrudelten Pressefuzzis nocheinmal verkuendet wurden. Alles in allem war es ein kraftvoller Beitrag zu dem internationalen Widerstand gegen die Logik des reinen Marktes und gegen die z.B. am Strand von Cancún Cola aus Dosen trinkenden gruenen MinisterInnen aus Deutschland.


Uebersetzung der Rede:

San Cristóbal de Las Casas, Chiapas; 11. September 2003

An die gesamte Zivilgesellschaft,
An die sozialen Indígena- und Bauernorganisationen,
An alle Ausgebeuteten Mexikos und der ganzen Welt,
An die gesamte Bevoelkerung,

Als Ergebnis der Treffen und Foren auf nationaler und internationaler Ebene, an denen wir mit anderen ausgebeuteten Gesellschaftsbereichen teilgenommen und zu denen wir beigetragen haben. Dort haben wir nachgedacht, analysiert und beschlossen, uns am Tag des 11. Septembers 2003 zum Protest gegen die neoliberale Politik, die uns die Welthandelsorganisation (WTO), der internationale Waehrungsfond (IWF), die Weltbank etc. mit der Gesamtamerikanischen Freihandelszone (FTAA), dem Plan Puebla Panama (PPP), der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA), dem Plan Colombia (im Falle Suedamerikas) etc. aufgezwungen haben, zusammenzufinden.

Die Mobilisierung, die wir gerade durchfuehren vereint uns in den Aktionstagen des Widerstandes und des Protestes gegen die Welthandelsorganisation, die vom 10.-14. September in Cancún, Quintana Roo tagen wird.
Die Welthandelsorganisation und die groszen Unternehmer, die sich fuer die Besitzer der Welt halten und denken, sie koennten ueber unsere Zukunft und die Bevoelkerung der Welt bestimmen.

Diese Unternehmer und Kapitalisten, welche die Gesetze ueber alles, was wir kaufen und verkaufen, machen, legen die Preise fuer unsere Produkte fest und verpflichten uns, diese sehr billig zu verkaufen und sehr teuer einzukaufen. Sie verursachen, dass der ganze Reichtum der Welt in den Haenden weniger bleibt und vermehren jeden Tag die Millionen Armen in der ganzen Welt.

Im Rahmen dieser 5. Ministerkonferenz der WTO werden drei Themenbereiche diskutiert werden:
Bei dem ersten handelt es sich um die Landwirtschaft, damit wir, die Bauern, unsere Ernten noch billiger verkaufen und sie uns ihre Produkte teurer verkaufen.

Bei dem zweiten geht es darum, unser Land, unser OEl und auch unsere grundlegenden Dienstleistungen wie Gesundheit, Bildung, Wasser- und Energieversorgung zu privatisieren. Somit koennen nur die Reichen diese Grundrechte nutzen und die armen Leute werden jedes mal mehr an Hunger sterben. Dies koennen wir nicht zulassen, weil es dabei um Rechte geht, die wir als Bewegung durch soziale Kaempfe gewonnen haben, bei denen viel Blut von Arbeitern, Bauern, Indígenas und Studenten vergossen wurde.

Der dritte Themenbereich, den sie behandeln, ist die Privatisierung geistigen Eigentums, was bedeutet, dass sie sich unseres Mais, unserer Bohnen, Heilpflanzen, Samen, Baeume und Tiere etc. bemaechtigen wollen; so verhaelt es sich auch mit unseren traditionellen und kulturellen Kenntnissen, die uns unsere Vorfahren vererbt haben, so dass wir, wenn wir diese verwenden, um Erlaubnis fragen und fuer das, was uns gehoert, bezahlen muessen.

In Chiapas zeigt die Bundes- und Landesregierung ihr wahres Gesicht des Ausbeuters, Unterdrueckers und Moerders gegenueber unserem Volk, das kaempft, um unser Land und gerechte Tarife fuer elektrische Energie zu verteidigen sowie um faire Preise fuer unsere Produkte, einen wuerdigen Lohn, die Befreiung unserer politischen Gefangenen und fuer die Schueler und Studenten, um das Recht auf oeffentliche und kostenlose Bildung zu verteidigen, kaempft.
Unser Kampf geht darum, dass wir alle ein besseres Leben sowie Bildung, Wohnung, Gesundheit etc. haben.
Vicente Fox ist dabei, das Land stueckchenweise an transnationale Unternehmen in den USA und der Europaeischen Union zu verkaufen, wobei er mit der Comisión Federal, der Elektrizitaet und PEMEX angefangen hat, ohne der Bevoelkerung darueber Bericht zu erstatten.

Angesichts einer solchen Situation fordern wir von den Doerfern, Kommunen und Organisationen, dass sie Informationen suchen und zusammenkommen, um sich nicht von den Politikern der Regierung manipulieren zu lassen, und dass sie sich unserer Mobilisierung anschlieszen, um ein besseres Leben aufzubauen.

Also demonstrieren wir gegen die Welthandelsorganisation (WTO), den Plan-Puebla-Panamá (PPP), die Gesamtamerikanischen Freihandelszone (FTAA), die Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA), den Internationalen Waehrungsfond (IWF) und gegen alle jene Plaene und multiilateralen Abkommen, die versuchen uns auszubeuten und unserer Reichtuemer zu berauben.

Wir demonstrieren gegen die Regierung Pablo Salazar und Vicente Fox, gegen den Verkauf des Landes an auslaendische Unternehmen und die Unterdrueckung durch das Militaer, verschiedene Polizeieinheiten und Paramilitaers. An jene sagen wir, wenn sie den Weg des ?gehorchenden Befehlens? nicht kennen, um die Meinung der Bevoelkerung zu erfragen, dass es besser ist, wenn sie zuruecktreten.


Wir laden unsere Brueder und Schwestern aus den unterschiedlichen ?pueblos?, Organisationen, Doerfern, Bundesstaaten und den anderen Laendern der Welt dazu ein, der neoliberalen Politik, die uns schaedigt, den Gehorsam zu verweigern, um eine bessere Welt fuer jede und jeden aufzubauen.

El pueblo unido jamas sera vencido!
(Das vereinte Volk wird niemals besiegt werden!)
Viva la resistencia de los pueblos indios!
(Es lebe der Widerstand der indigenen Voelker!)
Muera la politica del mal gobierno!
(Tod der Politik der schlechten Regierung!)
No a la organizacion mundial de comercio!
(Nein zur Welthandelsorganisation!)
No al Plan Puebla Panama!
(Nein zum Plan Puebla Panama!)
Vivan las mujeres que luchan!
(Es leben die kaempfenden Frauen !)
No a la privatizacion de la vida !
(Nein zur Privatisierung des Lebens !)
Si a la libre autodeterminacion de los pueblos !
(Ja zur freien Selbstbestimmung der "pueblos"!)




13. September: Tag der weltweiten Mobilisierung gegen die WTO

Mit freundlichen Gruessen: die Organisationen, die im Bundesstaat Chiapas gegen die WTO demonstrieren
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