Bretton Woods und Generalplan Ost

frbrgr 26.08.2003 02:06 Themen: Globalisierung Weltweit
Bretton Woods und Generalplan Ost waren einmal Konkurenzpläne für die Bewältigung globaler Krisen. Aus der letzten grossen Auseinandersetzung zwischen den Konkurrenten USA und (Deutsch)Europa resultieren alle wesentlichen Instrumente internationaler Krisenbewältigung. Diese historische Tatsache sollte ein europäischer, vor allem deutscher, Globalisierungsgegner immer im Auge behalten.
Bretton Woods und Generalplan Ost


Wenn sich Europa und Amerika heute in den Haaren liegen in dem Streit, wer das bessere Konzept für das Führen oder Geleiten der Welt durch die Krise hat, dann sollten wir, die wir den neoliberalen Globalisierungskurs mit Recht kritisieren, nicht blind für die Geschichte der den Globus erfassenden Handels- und Migrations- und (De)Regulierungsinstitutionen sein. Sie alle entstammen nämlich einem schon einmal stattgefundenen Europäisch-Amerikanischen Wettbewerb im Zeichen der Krise. Wir wissen noch, dass der Völkerbund ein Versuch einer internationalen politischen Regelung nach den Erfahrungen des Crashs des ersten Weltkrieges war. Das ging daneben. Nach dem zweiten Weltkrieg versuchte man es auf ein Neues. Aber nicht die UNO, sondern das Gleichgewicht zweier die Welt untereinander aufteilenden etwa gleichstarker ideologischer Systeme hielt 50 Jahre lang die Welt in einem Gleichgewicht, das einen grösseren Crash verhinderte. Garant waren eher die NATO und der Warschauer Pakt. Heute ist man auf der Suche nach neuen Mechanismen der Weltkontrolle. Einerseits versucht man mit Institutionen wie UNO, Weltbank, WTO, G8, IOM und Vereinbarungen wie GATT und GATS, NAFTA und GAP den neuen wirtschaftlichen Herausforderungen zu entsprechen; andererseits formieren sich globale soziale Bewegungen von unten: das Weltsozialforum und eine Antiglobalisierungsbewegung im Zeichen von SEATTLE. Aber es kristallisieren sich auf beiden Seiten auch Formen von Konkurrenz zwischen der dies- und der jenseitigen Küste des Atlantik heraus. Die Gefahr besteht, dass, wenn sich die Seite ?von unten? auf diesen auch kulturell vermittelten Diskurs EUROPA vs. AMERIKA einlässt, sie von denen ?oben? ideologisch eingefangen werden könnte. Deshalb halte ich eine Auseinandersetzung mit den historischen Gründen der stattfindenden Globalisierung für sehr wichtig.

Dass das Kapital zur Globalisierung drängt, kann man schon bei Marx nachlesen. Die neue Qualität aber der Globalisierung im 20. Jahrhundert ist neben der Entwicklung der Technologie, also der Produktivkräfte, eindeutig in den WeltKriegen zu sehen. Der Krieg ist der Vater aller Dinge! Eric Hobsbawn zeigt in seinem Buch ?Zeitalter der Extreme? sehr gut, wie in den Anstrengungen der kriegerisch ausgetragenen Konkurrenz die Nationalen Blöcke Fähigkeiten ganz neuer Qualität entwickelten, sich zu organisieren, um diesem grossen Wettstreit, der damals schon ums Ganze ging, nämlich um die Weltherrschaft (oder deren Abwendung), gewachsen zu sein: Kriegswirtschaft ist der Vater von allem folgenden. Die nationalen Anstrengungen um die ?Wunderwaffe? wären ohne den aktuellen Krieg und der drohenden Gefahr, das erste Opfer zu sein, nicht denkbar gewesen. Einmal die Konkurrenz um die Atombombe voll in Gang gesetzt, liess sie sich auch durch keinen Frieden mehr stoppen.

Ebenso fand ein Wettbewerb um die beste Konsolidierung der ökonomischen Herrschaft in der Krise statt: Hitler hatte am Anfang mit seinem Programm der Staatsnachfrage, der nationalen Abschottung, sichtlich Erfolg; das konnte auch ein John Maynard Keynes nicht abstreiten. Mit welcher Gewalt auch dieses Programm rechnete, es rechnete sich VOLKSwirtschaftlich. Und alle Planungen waren schon da: Europäischer Wirtschaftsraum, ?Festung Europa?, das Aufnötigen von Wirtschaftsprogrammen den politisch und wirtschaftlich schwächeren Ländern und Regionen gegenüber. ?Generalplan Ost? und ?Grossraumwirtschaft? waren die Begriffe. Unter anderem, um diesem starken System zu widerstehen oder ihm etwas entgegenzusetzen, etwas ?Zivilisierteres?, wurden internationale Regelungen wie die Vereinbarung von Bretton Woods, aus der der Weltwährungsfond und die Weltbank hervorgingen, getroffen. Auch das moderne internationale Migrationssystem hat seinen Ursprung in einer Konferenz, die sich mit dem ?Problem? der riesigen Flüchtlingsmassen aus dem deutschen Eroberungskrieg, die keiner haben wollte, auseinander setzte - der Konferenz von Evian.

Letzter Gegner der Nationalsozialistischen Europäischen Eroberer wäre, nach einem erfolgreichen Niederringen der Sowjetunion, die USA gewesen. Nachdem aber dieser Plan misslungen, die Sowjetunion Deutscheuropa besiegt hatte, stand den westlichen Alliierten, allen voran den USA, nun der ehemalige Verbündete, die Sowjetunion, entgegen. Das war der rettende Anker für viele Nazis, die sich im neuen Wettstreit mit ihren Erfahrungen einbringen konnten. Es waren vor allem die nicht fanatischen, die Planer und Manager, die eiskalten Rechner, die sich durchbringen konnten, die die Kontinuität der Eigentums- und Machtverhältnisse auch in der Niederlage garantierten. Westanbindung und taktische Amerikanisierung waren besser als die Russen! Sind doch fürs erste das kleinere Übel. Und sie bekamen ihre Chance. Ob Reinhardt Gehlen als BND-Gründer, vorher Partisanenbekämpfung in der osteuropäischen Ebene als Leiter der Abteilung ?Fremde Heere Ost?, oder Wirtschaftswunder-Erhard, vormals Nachkriegswirtschaftsplaner unter Einsatzgruppenleiter Otto Ohlendorf. Nur zwei Beispiele.

Deutschland kurierte sich mit Hilfe amerikanischer Weltordnungspolitik. Nun greift es wieder ein in die Weltordnung als Konkurrent der USA.

Mir gefällt nicht, was da erwacht in Amerika. Aber ebenso schauert es mir vor dem Deutschen Erwachen. Europas Erwachen?



Literatur: Ralph Giordano : Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte
Karl-Heinz Roth : Vernichtung und Entwicklung , die nazistische
"Neuordnung" und Bretton Woods
Olof Groehler, Wolfgang Schuhmann : Vom Krieg zum Nachkrieg in
Jahrbuch für Geschichte (DDR) Nr. 26
Ernst Klee : Was sie taten und was sie wurden
Otto Köhler : Hitler ging - sie bliebenh
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