Zapatistas brechen das Schweigen

Der Loewe und der Maulwurf 13.08.2003 00:19 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Am 8. und 9. August richtete die Zivilgesellschaft auf das Aguascalientes Oventik. Denn dort wurde vom CCRI der EZLN der Tod der Aguascalientes und die Geburt der Caracoles verkuendet. Dies stellt eine neue Offensive der EZLN in ihrem Kampf fuer Demokratie, Freiheit, Gerechtigkeit und Autonomie dar.
Liebe compañer@s im fernen Germoney,

aus den Bergen des mexikanischen Süd-Osten melden sich die Zapatistas, um eine neue Etappe im Kampf gegen Unterdrückung, Ausbeutung, Neoliberalismus und für die Rechte und Würde der indigenen Bevölkerung einzuleiten.

Was ist geschehen?

Durch ein Kommuniqué des Subkommandanten Marcos wurden die autonomen Gemeinden im Widerstand und die nationale sowie die internatonale Zivilgesellschaft zu einer ``Fiesta´´ am 8.-9. August nach Oventik eingeladen. Und es sollte eine historische Veranstaltung werden...

Seit langer Zeit befand sich die EZLN im Schweigen gegenüber der Regierung und der Zivilgesellschaft. Doch nun war es an der Zeit auf die Provokationen der Regierung Fox, wie z.B. das verwaschene „Ley Indígena“ (Indigenengesetz, welches das unterzeichnete Abkommen von San Andrés über die Rechte der indigenen Kultur und Autonomie in keiner Weise garantiert) oder die Vorantreibung des neoliberalen Megaprojektes „Plan-Puebla-Panamá“ (PPP), und den ständigen Bedrohungen durch Paramilitärs zu reagieren und das Schweigen zu brechen.

Die Fiesta!!

Schon in den Tagen vor der großen Fiesta demonstrierten die Zapatistas wieder einmal ihr unglaubliches Geschick, solch eine Großveranstaltung mit über 10.000 Menschen mit ihren geringen Mitteln und Möglichkeiten zu organisieren. Innerhalb von wenigen Tagen wurde das Aguascalientes Oventik zum Schauplatz der Geburt der „Caracoles“ (Schnecken) vorbereitet und umstrukturiert. Es wurden verschiedene Häuser gebaut, u.a. das Haus für die „Junta de Buen Gobierno“ (Rat der guten Regierung), dessen Bedeutung wir später näher erklären werden, sanitäre Anlagen angelegt , Schlafplätze zur Verfügung gestellt und diverse „comunidades rebeldes“ (Gemeinden im Widerstand) errichteten eine Vielzahl kooperativer Verkaufsstände.
Im Verlauf der Fiesta strömte eine unglaubliche Menge an vermummten Männern, Frauen, Kindern und Greisen aus allen Regionen Chiapas herbei, deren würdevolle Augen hinter den „pasamontañas“ und den „palicates“ mehr aussagten als 1007 Worte. Internationalistas aus der ganzen Welt vervollständigten das bunte Bild einer Welt, in der viele Welten Platz haben („un mundo donde quepan muchos mundos“). Die Tzotziles, Tzeltales, Tojolabales und Choles in ihren traditionellen Gewändern sowie die nationale und internationale Zivilgesellschaft erwarteten gespannt die historische, politische Reorganisierung des zapatistischen Kampfes.
Während der ganzen Fiesta herrschte eine ruhige, freundliche Stimmung, bis auf ein paar ätzende, abhängige Reporter, die penetrant und respektlos die Menschen abfotografierten und sie bei ihrer Nachtruhe störten. Abends spielten diverse mexikanische Musikgruppen und aus der ernsten, würdevollen Stimmung wurde ein Tanzabend mit einer intergalaktischen Gemeinschaft aus „pasamontañas“ und „Wursthaaren“.

Die politische Dimension der „Caracoles“

Am 8. August, dem Geburtstag von Emiliano Zapata, wurde das erste „Aguascalientes“ in Guadalupe Tepeyac gegründet. Dieses wurde aber schon im Februar 1995 durch das Militär wieder zerstört und im Dezember 1995 in Oventik wieder Aufgebaut. Weitere entstanden später in Morelia, Roberto Barrios, La Garucha und La Realidad. Diese „Aguascalientes“ bildeten nicht nur die Schnittstelle zwischen Zapatisten und der nationalen wie internationalen Zivilgesellschaft, sie waren außerdem die politische, kulturelle, edukative und medizinische Infrastruktur der zapatistischen Autonomiebewegung.
In der Nacht des 8. August 2003 wurden die „Aguascalientes“ durch Comandante David im Namen und Anwesentheit des „Comité Clandestino Revolucionario Indígena – Comandancia General del EZLN“ für tot erklärt, aber um direkt im Anschluss die Geburt der „Caracoles“ um 1 Uhr 10 zapatistischer Zeit zu verkünden.
In den fünf „Caracoles“, die jeweils sieben „Municipios“ umfassen, befinden sich die „Juntas de Buen Gobiernos“. Diese Räte werden gebildet aus je zwei „Autoridades“ (MandatsträgerInnen) der Municipios. Ihre Aufgaben liegen darin, zum einen für die Einhaltung der revolutionären Gesetze der EZLN und ihrer Gemeinden zu sorgen und Streitigkeiten zu schlichten sowie zum anderen den Austausch mit der Zivilgesellschaft zu koordinieren, damit deren Projekte bedürfnisorientiert und abgesprochen umgesetzt werden. Das Bild der Schnecke verdeutlicht die neuen zapatistischen Bemühungen, eine autonome Selbstverwaltung des gehorchenden Regierens zu verwirklichen. Durch den Eingang in das Schneckenhaus, der die Tür zu einer kollektiven Entscheidungsfindung darstellt, und die Spirale des politischen Diskurses sollen alle Stimmen gehört werden, um schließlich im Zentrum zu einem Konsens zusammenzukommen. Umgekehrt werden getroffenen Beschlüsse durch die Spirale des Schneckenhauses wieder in die Welt getragen. Comandante David unterstrich, dass die „Caracoles“ für alle Menschen der Welt zugänglich sind, wobei er hervorhob, dass nichtzapatistische Indígenas, die im rebellischen Gebiet leben, nicht von ihnen ausgeschlossen werden.

TODO PARA TOD@S!

Darüber hinaus war diese Fiesta ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass der Zapatismo so stark wie nie zuvor ist. Jedoch bleibt nach Aussage verschiedener Menschenrechtsorganisationen zu befürchten, dass der moralisch schwache Staat diese Offensive der Zapatistas nicht unbeantwortet lassen wird und, wie die Geschichte des zapatistischen Auftstandes bisher immer gezeigt hat, mit militärischer Gewalt.
Also haltet eure Ohren, Augen und Münder auf...vale!!!!

L@S ZAPATISTAS AQUÍ ESTAMOS Y AQUÍ ESTAREMOS !!!!
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Ergänzungen

Schon gutes fest

Ignatz wrobel 13.08.2003 - 02:43
Hallo
Erstmals muss ich zustimmen das die Zapatisten eindrucksvoll gezeigt haben
dass sie immer noch da sind und genug Leuet haben um sich gegen die Regierungsrepressionen zu wehren. das Fets war sehr bun tgemischt und es wurde friedlich ohne Alkohol gefeiert.Gestoert haben mich aber mehrere Leute mit Pali-Schal und Intifada-TShirts.Ausserdem das zu viel auf das Wort vaterland wert gelegt wird.Aber ansonsten eine wirklich gelunge Wiederauferstehung einer unterstuetzenwerten Bewegung.Uebrigens bekam ich heute eine Demo in Tuxtla Gutierrez mit wo vor allem Studetenden aber auch altere Leute und KInder gegen Repression und die Kuerzungen des Bildungsetat demonstriert wurde.Dabei wurden auch mehrmals Parolen zur Solidaritaet mit den Zapatisten gerufen.Ausserdem wurde das REgierungsgebauede von Tuxtla mit Farbe und Spruechen verziert.Die Demonstranten waren meist vermummt und fuehrten auch Eisenstangen und andere Waffen mit sich.

@Ignatz wrobel

RevZ 13.08.2003 - 08:16


Was stört dich an Leuten mit Pali-Schal? Wieso gehst Du denn dann da überhaupt hin? Die Zapatisten sind propalästinensisch und sogar ETA nah.
Die EZLN ist mitnichten antinational, es heisst Ejército Zapatista de Liberación Nacional und steht für Zapatistisches Nationales Befreiungheer. In deiner traurigen Ideologie sind die Zapatisten wohl schon rechts.

mal den ball flach halten revz

mitdenker 13.08.2003 - 12:57
ich halte ja auch nicht viel von der verurteilung jedes palituchs, aber die meinung der zapatistas ist meist etwas differenzierter als pro irgendwas oder contra irgendwas anderes. jedenfalls nähern sie sich der eta null an. sie unterstützen das bestreben der basken nach unabhängigkeit, aber mitnichten die eta. der briefwechsel zwischen ezln und eta dokumentiert das sehr anschaulich (nachzulesen auf www.chiapas.ch). die einstelllung der ezln zur gewalt gegen zivilisten, die aus diesem briefwechsel hervorgeht dürfte auch eine kritische einstellung zur intifada bedeuten. die ezln verurteilt mit sicherheit die israelische besatzung, aber auch die selbstmordattentate auf zivilisten.

ETA-EZLN

Blackstar 13.08.2003 - 17:12
wo steht das mit dem briefwechsel zwischen eta und ezln? das interessiert mich jetzt mal
auf ww.chiapas.ch hab ich das aber nich gefunden

EZLN/ ETA

tarzan 13.08.2003 - 18:30
der höchst amüsante und politisch sehr interessante briefwechsel zwischen eta und ezln wurde von der JUNGLE WORLD dokumentiert und ist unter folgendem link nachzulesen:
 http://www.jungle-world.com/seiten/2003/08/350.php

EZ antwortet ETA

phx 14.08.2003 - 10:18
Der Briefwechsel zwischen EZLN und baskischen bzw. spanischen Stimmen findet sich auf der INTRO-Page von www.chiapas.ch unter dem Titel " Die Initiative für einen Friedensprozess im Baskenland".

Hier einige Auszüge der Antwort der EZLN auf den ablehnenden Brief der ETA:

"Bezüglich Ihres Wunsches, nicht Teil irgendeiner "Pantomime" oder "Operette" zu werden, verstehe ich das vollkommen. Sie finden mehr Gefallen an Tragödien."

ODER:

"Viertens. - "Mangelnder Respekt für das baskische Volk" ist etwas, dessen uns auch Garzón beschuldigt hat (der sich infolgedessen nun selbst für illegal erklären muss, weil er mit der ETA und deren Meinungen übereinstimmt), sowie die gesamte spanische und baskische Rechte.

Das muss wohl daran liegen, dass unser Vorschlag dem Wort eine Chance zu geben, den Interessen jener zuwiderläuft, die aus scheinbar gegensätzlichen Positionen, den Tod des Wortes zu ihrem Geschäft und Alibi gemacht haben.

Denn die spanische Regierung tötet das Wort, indem sie die baskische Sprache Euskera, oder die Sprache von Navarro angreift, wenn sie Journalisten einsperren, die es "wagen" das baskische Thema unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkten anzusprechen, und Gefangene foltert, damit sie das gestehen, was ihnen von der spanischen "Gerechtigkeit" vorgelegt wird.

Und die ETA tötet das Wort wenn sie jene ermordet, die sie mit Worten, und nicht Waffen angreifen."

und zum NATIONALISMUS:

"PS. Bevor ich es vergesse (Tacho hat mich daran erinnert), bezüglich Ihres Schlusses "Es lebe das freie Chiapas!": wir bitten Sie nicht um Respekt, nur um geografische Kenntnisse. Chiapas ist ein Staat des mexikanischen Südostens. Keine Organisation oder Person hat vor, für die Befreiung von Chiapas zu kämpfen (na gut, die PRI von Chiapas hat es mal vorgehabt, aus Ärger, weil die mexikanische Bundesarmee sich nicht entschieden hat uns auszulöschen), und schon gar nicht die Zapatistas. Wir wollen nicht von Mexiko unabhängig werden. Wir wollen Teil davon sein, aber ohne aufzuhören die zu sein, die wir sind: Indios. Da wir also eigentlich für Mexiko kämpfen, für die indigenen Völker von Mexiko, und für alle mexikanische Männer und Frauen, ganz gleich ob sie Indios sind oder nicht, sollte der Schlusssatz lauten: "Es lebe Mexiko mit seinen Indigenas!"

und noch zum Abschied:

"EIN ANDERES P.S. Vielleicht ist es ja schon offensichtlich, aber da ich es gerne sagen möchte: ich scheiße auch auf alle revolutionären Avantgarden des Planeten."

Na denn, Mahlzeit!

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