30. August 1983-Abschiebung ist Mord

n.n. 28.07.2003 18:17 Themen: Antirassismus
Am 30 August 1983 stirbt Cemal Kemal Altun in Abschiebehaft.
Der 30. August- 20 Jahre Mord durch Abschiebungen in der BRD

Am 30. August 1983 „wendet“ Kohl wieder „Deutschland „ in eine vernichtend tödliche Abschiebemaschinerie, 45 Jahre nach 1938 , dem Jahr der“ Polen- Aktion“ bei der am 5. Oktober 1938 17000 JüdInnen polnischer Staatsangehörigkeit ausgewiesen und über die polnische Grenze abgeschoben wurden .

.Am 30 August 1983 stirbt Cemal Kemal Altun in Abschiebehaft.
Am 30. August starb Cemal Kemal Altun, 23-jähriger Asylbewerber aus der Türkei, durch einen Sprung aus dem Fenster des Verwaltungsgerichts in Westberlin. An diesem Tag sollte, nach erfolgter Asylanerkennung durch das Bundesamt, die Klage des Bundesbeauftragten verhandelt werden.
Ein Jahr zuvor hatte das Bundeskriminalamt den Inhalt der Anhörung Kemal Altuns zum Anlass genommen, der türkischen Regierung den Inhalt seiner Asylakte zu übermitteln und sich zu "erkundigen", ob die Auslieferung gewünscht sei. Der junge Türke gehörte zur demokratischen Opposition. Er hatte um Asyl gebeten, weil er falsche Anschuldigungen, Folter und Gefängnis fürchtete. Die türkische Regierung ließ sich von der Bundesrepublik nicht zweimal bitten und forderte seine Überstellung in die Türkei. Das in Gang gesetzte Auslieferungsverfahren führte in der Öffentlichkeit zu einer Welle der Solidarität mit Kemal Altun. Während des politischen Tauziehens um seine Person saß der junge Asylbewerber in Auslieferungshaft, 13 Monate lang, 23 Stunden täglich allein in der Zelle. Dem Druck hielt Altun am Ende nicht mehr stand. Sein Tod veranlasste Tausende, ihre Trauer auf die Straße zu tragen.

Cemal Kemal Altuns Name steht heute für unzählige weniger bekannte
Flüchtlinge, die die Angst vor der Abschiebung in die Verzweiflung
treibt. In den letzten zehn Jahren zählte die Antirassistische
Initiative Berlin 111 Menschen, die sich angesichts ihrer drohenden
Abschiebung töteten oder bei dem Versuch starben, vor der Abschiebung zu
fliehen. 45 davon ließen als Abschiebungshäftlinge ihr Leben. Mindestens
385 Flüchtlinge haben sich selbst verwundet oder überlebten
Suizidversuche, zum Teil schwer verletzt. Davon befanden sich fast zwei
Drittel in Abschiebungshaft. Für manch einen von ihnen mag noch heute
gelten, was Freunde Kemal Altuns in seine Todesanzeige schrieben: "Die
Ignoranz der Justiz und der Opportunismus der Bundesrepublik Deutschland
waren stärker als sein Durchhaltevermögen und unser Engagement."
Cemal flüchtete in den Tod, indem er sich aus dem Fenster einer deutschen Behörde stürzte, bevor diese ihn im Geiste bester antikommunistischer Solidarität an die Henker des türkischen Regimes ausliefern konnte.
KOLA BANKOLE stirbt am 30. August 1994

Im August 1994 starb der Nigerianer Kola Bankole beim 6. Abschiebungsversuch in einer Lufthansa-Maschine am Frankfurter Flughafen. Der herzkranke Mann erstickte an einem Knebel. Zuvor war er mit Klebeband und Klettbändern an Händen und Füßen gefesselt worden, "wie eine Wurst verpackt", mit Skisocken und einem Rolladengurt geknebelt, vom Bundesgrenzschutz in das Flugzeug getragen und mit gespritzten Psychopharmaka "ruhig gestellt" worden.

Gegen die vier BGS-Beamten fand kein Prozess statt, das Verfahren wurde eingestellt. Das Bundesinnenministerium erklärte nach der Einstellung des Verfahrens gegen die BGS-Beamten auf eine Bundestagsanfrage: "Seit dem 11. November 1994 sind im BGS alle Maßnahmen untersagt, bei denen der Mund eines Betroffenen durch Anwendung unmittelbaren Zwanges geschlossen wird." Der BGS griff danach zunehmend auf andere Zwangsmittel zurück, z.B. einen Motorradhelm - den auch der 1999 gestorbene Aamir Ageeb trug.

Der Flughafenarzt war der einzige, dem der Prozess gemacht wurde. Die Anklage lautet auf unterlassene Hilfeleistung, weil der Mediziner keine Wiederbelebungsversuche unternommen hatte, als Bankole bewusstlos war. Das Verfahren wurde am 4.2.1997 vor dem Amtsgericht Frankfurt eingestellt. Gericht, Staatsanwaltschaft und Nebenklage waren der Ansicht, der Verstoß gegen die ärztlichen Sorgfaltspflichten durch unterlassene Reanimationsmaßnahmen könne durch eine Geldbuße geahndet werden.

Rachid Sbaai starb am 30.8.1999 in einer Arrestzelle im Bürener Abschiebeknast.
Rashid war bereits 1997 in die BRD eingereist, sein Asylantrag wurde am 21. Januar 1998 abgelehnt. Zu diesem Zeitpunkt lebet er in einer Asylunterkunft in einem Industriegebiet in Beleke, nahe Warstein. Nachdem ihn die Staatsanwaltschaft eines Diebstahls beschuldigte, kam er in die Untersuchungshaft nach Iserlohn. Von dort aus wurde er am 9. März 1999 in die Abschiebehaftanstalt Büren verlegt. Bei seinen Mithäftlingen galt er als ruhiger Mensch.
Am 27.8.99 spielten die Gefangenen während des Hofganges Fußball. Dabei kam es zu einen Foulspiel. Die Köttermitarbeiter brachen daraufhin den Hofgang ab.
Am 30.8.99 wurde Rachid deswegen von einem leitenden Beamten zu 7 Tagen Arrest verurteilt. Das Disziplinarverfahren ist recht zweifelhaft verlaufen, da die eigentliche Meldung über den Vorfall von dem Beamten erst am 27.9.99 verfasst wurde, aber auf diese Meldung im Diszi bezug genommen wurde.
Rachid und mindestens zwei weitere Gefangene wurden sofort in die Kellerräume des Knastes verbracht. Im Vorraum zur Arrestzelle musste sich Rachid unter den Augen von mehreren Mitarbeitern der JVA total entkleiden. Er erhielt eine spezielle Arrestkleidung (die auch die Unterwäsche mit einbezieht). Ihm wurden alle persönlichen Gegenstände abgenommen.
Rachid soll es geschafft haben, ein Feuerzeug in die Zelle zu schmuggeln. Damit setzte er um ca. 11 Uhr die Matratze der Zelle in Brand. Nach dem optischen Eindruck der Verbrennungen, die an demKörper von Rachid bei der Leichenwäsche festgestellt wurden, hat er selber noch versucht, den Brand zu löschen. Ein Mitgefangener, der sich eine Arrestzelle weiter befand, wurde von den Schreien von Rachid geweckt. Rachid schrie auf arabisch, dass er gerettet werden müsse, weil es brennen würde. Der Mitgefangene drückte sofort den Alarmknopf, der sich in jeder Zelle befindet. Die Anstalt bestreitet bis heute, dass Rachid auch den Alarmknopf ausgelöst hat (Fakt ist, dass der Knopf betätigt wurde, weil der Alarm registriert wurde. Wann dieses geschehen ist, lässt sich nicht rekonstruieren, da die Polizei keine weiteren Untersuchungen für nötig hielt und die JVA den Knopf ausbauen und vernichten ließ.) Der Mitgefangene musste 15 Minuten lang den Todeskampf von Rachid mit anhören, bis die Schreie verstummten. Nachdem die Schreie verstummt waren, kamen mehrere Beamte und Mitarbeiter der Firma Kötter. Sie zogen Rachid aus der Zelle und versuchten ihn wieder zu beleben. Als der Anstaltsarzt eintraf, konnte dieser nur noch den Tod feststellen. Der Mitgefangene wurde sofort in ein anderes Hafthaus verlegt. Der Polizei wurde nicht mitgeteilt, dass es diesen Zeugen gibt. Rachid ist an einer Rauchvergiftung verstorben. Erst auf Grund der Intervention von außen erfuhr die Polizei von dem Mitgefangenen. Da der Mitgefangene kurz nach dem Vorfall entlassen wurde, mussten UnterstützerInnen für die Polizei die Adresse ausfindig machen (obwohl dieser sich ordnungsgemäß angemeldet hatte.) D Das Verfahren ist in der Zwischenzeit eingestellt. In der JVA wurde später festgestellt, dass der Raum, in dem die Alarme zusammenlaufen, angeblich zu dem Zeitpunkt nicht besetzt war.

ALTANKHOU DAGWASOUNDELS


Am 30. August 2000: stirbt der Mongole Altankhou Dagwasoundels bei seiner Flucht aus der Abschiebehaft Berlin

DRK-Krankenhaus Köpenick in Berlin. In der Nacht zum frühen Morgen hin verknotet Altankhou Dagwasoundel Bettwäsche, verdreht sie, befestigt ein Ende an der Heizung und versucht, sich aus dem Fenster abzuseilen, denn vor der Tür stehen zwei Polizeibeamte, um eine Flucht zu verhindern. Das Bettzeug reißt, und Altankhou Dagwasoundel stürzt von der 6. Etage in den Tod. Am Vorabend seines Todestages war der 28-jährige Mongole aus dem Abschiebegefängnis Köpenick mit Verdacht auf Magenblutungen eingeliefert worden.
Altankhou Dagwasoundel war aus Belgien in die BRD geflohen, um seiner dort angedrohten Abschiebung zu entgehen. Hier wurde er ohne Papiere aufgegriffen und befand sich seit ca. vier Wochen in Abschiebehaft.



Bundesweiter Aktionstag gegen Abschiebung und Abschiebehaft am 30.8.03 | 12:00 bis 13:30 zwischen Zoologischer Garten und Breitscheidplatz Straßentheater, Antirassistisches Radio, Aktionen und mehr | 13:30 Breitscheidplatz Kundgebung gegen Abschiebung und Abschiebehaft | 20:30 Abschiebeknast Grünau – Filme gegen Abschiebung - unter freiem Himmel mit leckerem Essen und solidarischen Grußbotschaften an die Inhaftierten | Abschiebeknast: Berlin Köpenick, Grünauerstr. 140, bis S Grünau und dann Tram 68 bis Rosenweg oder bis S Spindlersfeld, dann Tram 60 bis Wasserwerk Friedrichshagen und dann Tram 68 bis Rosenweg.

Dokumentationsseite Ausreisezentren
 http://lola.d-a-s-h.org/%7Erp/az/
Dokumentationsseite Aamir Ageeb
 http://lola.d-a-s-h.org/~rp/ageeb/index.html
Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre
tödlichen Folgen
 http://www.berlinet.de/ari/titel.htm
 http://www.aha-bueren.de/knast/rashid.htm
Die Bundesrepublik als Lagergesellschaft
 http://members.partisan.net/Chipkartenini/texte/lagergesellschaft.htm
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen