Argentinien: Kongress der besetzten Fabriken

ibon 16.03.2003 22:49
Rosario, Argentinien / Am 15. September fand in dem von den ArbeiterInnen verwalteten Supermarkt EL TIGRE der dritte Nationale Kongress der besetzten Fabriken und kämpfenden ArbeiterInnen statt. Über 800 Frauen und Männern aus rund 40 verschiedenen besetzten Betrieben haben an dem Treffen teilgenommen.
Vor über einem Jahr besetzten die Angestellten des Supermarkts EL TIGRE in Rosario das Geschäft mit dem Ziel, einen Gemeinschafts-Supermarkt daraus zu machen. Zuvor hatten sie während vier Monaten keinen Lohn mehr erhalten, und der Besitzer hatte die Liquidation des Geschäfts angekündigt. Wie bereits die ArbeiterInnen in anderen Betrieben beschlossen die Angestellten, den Supermarkt zu besetzen und ihn selber, ohne Vorgesetzten, weiterzuführen und so ihre Arbeitsplätze zu erhalten.

Im September, nachdem sie mit der Unterstützung von Anwohnenden und anderen Solidarischen mehrere Räumungsversuche abgewehrt hatten, eröffneten die ArbeiterInnen den Supermarkt als selbst verwalteten Betrieb wieder. Damit konnten die ArbeiterInnen nicht nur ihre eigenen Stellen erhalten. Auch ermöglichen sie durch die enge Zusammenarbeit mit Genossenschaften und Familienbetrieben die Erhaltung und Schaffung weiterer Stellen. Für die ArbeiterInnen ist klar, dass nur durch ihre eigene Initiative, durch Selbstverwaltung der Betriebe, eine Lösung aus der tiefgreifenden Krisis gefunden werden kann, die das Land an den Abgrund geführt hat.

Auch sind sich die ArbeiterInnen des Supermarkts einig, dass der Betrieb in engem Kontakt mit anderen Initiativen stehen muss. So arbeiten sie mit anderen besetzten Fabriken und mit der Arbeitslosenbewegung zusammen und haben im Untergeschoss des Supermarkts ein kulturelles Zentrum eingerichtet. Zusammen mit den Studierenden der Universität in Rosario haben sie zudem beschlssen, eine Uni-Mensa einzurichten.

Wie die Arbeitenden des Tigre, besetzten in den letzten zwei Jahren Angestellte über 100 Betriebe in Argentinien. Damit erhielten sie sich nicht nur ihren Arbeitsplatz: Es entstand eine starke Bewegung von ArbeiterInnen, die nicht mehr einem Chef untergeordnet sein wollen, sondern selber ihr Leben, ihre Arbeit und ihre Zukunft gestalten wollen. Und mehr: Sie sind nicht mehr bereit, eine neoliberale Politik hinzunehmen, die das Land in den Ruin und Millionen von Menschen ins Elend geführt hat.

Gestern, am 15. März, fand der dritte Kongress der besetzten und selbst verwalteten Fabriken statt. In der Einladung zum kündigten die ArbeiterInnen der selbst verwalteten Betriebe Brukman, Zanon und El Tigre an: “Weit weg davon, mit verschränkten Armen zu warten, haben wir mit diversen Sektoren zu kämpfen begonnen (...). Angesichst der Arbeitslosigkeit und des unerträglichen Hungers bestätigen wir einmal mehr, dass wir uns weder mit Nahrungsmittelspaketen noch mit einer Unterstützung von 150 Lecops zufrieden geben. Auch wenn dies Beruhigungsmittel sind, bieten sie keinerlei Lösung für die grundliegenden Probleme, mit denen wir zu kämpfen haben. Wir sind aufgespalten in offiziell Angestellte, Temporärarbeitende, Schwarzarbeitende und Arbeitslose. Diese Spaltung benützen die Arbeitgeber, um uns sklavenhafte Arbeitsbedingungen aufzuzwingen oder uns ins Elend zu stürzen, mit Unterstützung der Gewerkschaftsbürokratie. Wir wollen alle Arbeitenden zusammenbringen, das heisst über sieben Millionen LohnarbeiterInnen und über drei Millionen Arbeitslose. Ohne den Zusammenschluss gibt es keine Lösung.”

Unter den Vorschlägen zur Diskussion fand sich unter anderem die Enteignung der Lokale und Einrichtungen aller besetzten Fabriken durch die ArbeiterInnen. Auch wurde vorgeschlagen, die Zeitung “Nuestra Lucha”, die von den ArbeiterInnen gemacht wird und Unterstützung von den “Madres de la Plaza de Mayo” erhält, neu zu lancieren, um die Kämpfe der ArbeiterInnen zu verbreiten und Unterstützung zu finden. Auch wurde unter anderem vorgeschlagen, ein Netzwerk zum Vertrieb der Produkte aus den besetzten und selbst verwalteten Betrieben aufzubauen.

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Ergänzungen

ZU IBON

lolo 17.03.2003 - 11:58
Hallo Ibon,

könntest du mich kontaktieren? Es geht darum ein Solidaritätsnetzwerk zugunsten der besetzten Fabriken hier in Deutschland zu gründen.

Grüsse

lolo