Weiterhin skandalöser Umgang mit Castor-Transporten bei der Bahn

anonym 18.05.2002 17:36 Themen: Atom
Am vergangenen Donnerstag wollten einige AktivistInnen zwischen Walheim (Neckarwestheim) und Wörth den Castor blockieren, um für die sofortige Stillegung aller Atomanlagen zu demonstrieren.
Der Lokführer der mit mehreren Tonnen hochradioaktivem Atommüll unterwegs war, ignorierte jedoch das internationale Notsignal, das ihm sofortigen Halt signalisierte. Obwohl er die Strecke wegen einer Kurve nicht einsehen konnte, bremste er den Zug nicht ab.
Dabei verließ er sich möglicherweise auf die lückenhafte Streckenkontrolle der zahlreichen, vorausfliegenden Hubschrauber oder des Vorzugs. Es besteht kein Zweifel daran, daß das Signal vom Lokführer erkannt wurde.
Nur durch einen Zufall ist es der zweiten Sicherungsgruppe nicht gelungen, ein 4 Quadratmeter großes Transparent auf dem Gleis zu befestigen, das schon daneben bereitstand, ohne vom Vorzug oder den Hubschraubern entdeckt worden zu sein.
Das Transparent war so konstruiert, daß es das Gegengleis nicht beeinträchtigt hätte und selbst bei Aufprall mit voller Geschwindigkeit keine Personen gefährdet worden wären.
Die vorsätzliche Mißachtung von Notsignalen zeigt, daß sich auch nachdem der skandalöse Umgang mit Atommültransporten seitens der Bahn beim Prozeß gegen die 'fünf von Süschendorf' öffentlich wurde, nichts daran geändert hat.
Was wäre passiert, wenn dort wirklich eine Gefahrensituation bestanden hätte? Der Zug wäre fast ungebremst hineingerast. Dieser leichtsinnige Umgang mit den mit Abstand gefährlichsten Transporten, die die Bahn überhaupt durchführt, zeigt einmal mehr, welche unzuverlässigen Firmen Atomkraftwerke betreinben dürfen. (Die Bahn ist Mitbetreiberin des AKW Neckarwestheim.)
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Ergänzungen

Aaalso:

Aktiwißt 18.05.2002 - 20:04
Info: Castor-Transporte werden im Bereich der Bahn-AG von Lehr-Lokführern gefahren.
(Auf Zugbringer-Schienen mag das anders sein. Da fahren auch privat-Bahnen.)
Das sind diejenigen, die Lokführer ausbilden. Lokführermeister sozusagen.
Zusätzlich ist meist noch ein Polizist /BGS Mensch vorne in der Lok.
Da mag's natürlich auch den ein oder anderen gegen, der sich nicht Situation-angmessen verhält.
Ich würde aber erstmal davon ausgehen, dass das erfahrene und umsichtige Leute sind, die ihren Job machen (falsch die ihren Beruf ausüben) niemanden gefährden wollen und viele viele Tage und Nächte in der Lok verbracht haben.

Es kann aber natürlich auch da Arschlöcher geben oder Leute die mit der (emotionalen) Situation überfordert sind.

Damit muss bei jeder Demo im Gleisbereich gerechnet werden, Darauf mussen alle Leute, die auf dem Gleisen demonstrieren rechnen.

Grundsätzlich muss für "uns" zuerst gelten: Safty First!
an zweiter bis ... na 99e Stelle gilt dann Safty, Safty usw.
Und erst weit danach, viel weiter!! danach darf das tatsächle Stoppen des Zuges stehen.
Keine noch so schöne/ wichtige Aktion rechtfertigt es eigene oder fremd-Gefährdung in kauf zu nehmen.

Wenn's also "meine" Demo gewesen wäre, würde ich nicht so laut lamentieren, sondern ich würde mich / uns fragen welche Fehler wir möglicherweise gemacht haben.

Bei einer Gut geplanten Demo / Aktion muss! auch das mögliche Fehlverhalten von allen möglichen Leuten (auch der eigenen) bedacht und trotzdem jede Gefährdung ausgeschlossen werden.
Anders Ausgedrückt:
Bei einer guten Aktion wird niemand gefährdet.
Wenn irgendjemand gefährdet wurde, war's keine gute Aktion!

Die Aktionen der letzten Transporte (Süschendorf, Stade, Lüneburg, Uelzen-Suderburg, Köln-Wahn,HH-Bergedorf etc) waren gute Aktioneni diesem Sinne.

Ein Patent-Rezept wird es nicht geben, dafür sind die einzelnen jweiligen Umstände viel zu unterschiedlich.

Lieber zehn Castor-Züge unbehelligt passieren lassen, als ein einziges Mal eine, wie auch immer geartete Gefährdung in kauf zu nehmen.

Ich hoffe, das das nu' nich zu moralisch/ demotivierend für potentielle Aktivisten war ...

Stay rude stay rebell!

Bahn trägt auch Verantwortung!

XYZ 20.05.2002 - 02:49
Na klar müssen Aktionen so geplant werden, dass keine lebensgefährliche Situation für die AktivistInnen entsteht. Trotzdem trägt der/die LokführerIn eine Verantwortung für sein Fahrzeug.
Die internationalen Notsignale wurden nicht umsonst gemacht. Wenn ein solches gegeben wird, MUSS der/die LokführerIn reagieren. Er/Sie kann nicht wissen, ob es ein Fehlalarm ist oder nicht. Sich darauf zu verlassen, dass die AktivistInnen vorsichtig genug sind, ist einfach unevrantwortlich.

Ich halte es einfach für eine miese Strategie der Polizei, die Castoren rigoros durchfahren zu lassen. Dadurch, dass der Zug nicht gestoppt wird, werden die AktivistInnen genötigt, die Gleise zu verlassen (dabei verlassen sich die Verantwortlichen darauf, dass das gelingt).
Unfälle und damit auch Tote oder Schwerverletzte werden mutwillig in Kauf genommen! Ganz klar sollten die AktivistInnen sich versuchen gegen Eventualitaeten abzusichern. Das entlässt den/die LokführerIn aber nicht seiner/ihrer Verantwortung.

Es ist doch absurd, wenn am Ende, wenn mal was passiert, weil Notsignale überfahren werden, den AktivistInnen die Schuld für ihr Unglück gegeben wird. Letztlich ist der/die ZugführerIn ungeachtet drübergefahren. Die Hauptschuld liegt dann bei ihm/ihr.

Notsignale im Internet

iche 20.05.2002 - 23:00
hier ein link zum nothaltesignal der bahn. es gibt noch weitere, die auch auf der seite zu finden sind. frueher stand da noch mehr, das hat die betreiberin der seite mittlerweile aber entfernt...

 http://www.stellwerke.de/signal/deutsch/sh.html#sh3

In Neumarkt ereignete sich Identisches!

lieber anonoym 22.05.2002 - 02:30
Unglaublich! In Neumarkt (Bayern/Oberpfalz) ereignete sich fast die gleiche Situation. Der Castor fuhr ungebremst bis er die DemonstrantInnen schon gesehen haben müsste, obwohl zuvor die Polizei telefonisch informiert (da abwesend - klingt doof, aber Sorge von einem Regionalzug überfahren zu werden, gibt es ja auch) und ein Polizeihubschrauber Minuten vorher über den DemonstrantInnen kreiste. Wären die sechs jungen Menschen nicht sofort von den Gleisen gesprungen, hätte der Castorzug sie einfach überrollt. Der Zug kam erst ca. 30 Meter nach der Stelle zum Stillstand, an der zuvor die DemonstrantInnen gestanden/ gesessen waren. Auch hier fuhr der Castor zuvor in etlicher Entfernung aus einer Kurve und bremste erst als er schon gerade auf die Gruppe zusteuerte. So wurde aus einer kleinen Sitzblockade (Ordnungswidrigkeit) gleich der Vorwurf gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr (schwere Straftat). Außerdem wurde hier Leben riskiert. Hätte sich jemand angekettet o.ä. wäre der Castor einfach darübergerollt.

Bitte meldet euch, damit wir da Infos austauschen können, und das sicher vor Gericht anführen können.