Landesregierung beschließt Sozialkürzungen

addn.me 17.12.2010 19:43 Themen: Blogwire Soziale Kämpfe
Gestern hat eine große Mehrheit der Abgeordneten dem schwarz/gelben Haushaltentwurf für Sachsen zugestimmt. In den kommenden beiden Jahren will das Land mehr als zwei Milliarden Euro durch Kürzungen einsparen. Mit 11,5% weniger finanzieller Mittel trifft es den Bereich von Sozialministerin Christine Clauß (CDU) besonders hart.
Gestern wurden von der regierenden Landtagsmehrheit aus CDU und FDP weitreichende Kürzungen im Doppelhaushalt der kommenden beiden Jahre beschlossen. Der Etat für 2010/2011 sinkt insgesamt um zwei Milliarden Euro auf rund 31 Milliarden Euro. Die Pläne sehen im sozialen Sektor Einsparmaßnahmen in Höhe von rund 70 Millionen Euro vor. So wird die Jugendpauschale von bisher 14,30 Euro um 23% auf nunmehr 10,40 Euro gekürzt, dadurch fehlen in der Kinder- und Jugendarbeit knapp fünf Millionen Euro. Auch bei der Gleichstellungspolitik wird der Rotstift angesetzt. Dem Landesfrauenbund als Dachverband und landesweite Interessenvertretung von mehr als 40 Frauenorganisationen, -projekten und -initiativen werden in den folgenden Jahren die Mittel nahezu komplett gestrichen. Dabei lag nach Angaben der grünen Landesvorstandssprecherin Claudia Maicher der Frauenanteil bei den Einkommen unter 900 Euro 2009 bei über 60 Prozent. An den sächsischen Hochschulen waren außerdem nur ca. 14% der Professuren mit Frauen besetzt.

Betroffen von den Kürzungsplänen ist neben zahlreichen sozialen Einrichtungen vor allem auch der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Hier sollen in den beiden Folgejahren knapp 59 Millionen eingespart werden. Der SPD-Abgeordnete Stefan Brangs sprach sich in einer Rede im Hinblick auf Klimawandel und Ressourcenknappheit für den Erhalt des ÖPNV aus.

Darüber hinaus fällt in Zukunft für Kinder aus einkommensschwachen Familien der finanzielle Zuschuss für den Besuch freier Schulen weg. Bisher hatte der Freistaat die anfallenden Kosten für den Schulbesuch übernommen. Gleichzeitig wurde die Wartefrist, in der freie Schulen ohne staatliche Unterstützung auskommen müssen, von bisher drei auf vier Jahre verlängert. Die Folge ist, dass sich demnächst nur noch Kinder aus finanziell besser gestellten Familien den Schulbesuch außerhalb staatlicher Schulen leisten können. Auch das vor knapp einem Jahr eingeführte beitragsfreie Vorschuljahr viel den Sparplänen zum Opfer.

Seit Monaten war von den Parteien im Landtag über den vorgelegten schwarz/gelben Haushaltsentwurf diskutiert worden. Etliche Kürzungsvorschläge hatte die Regierung nach zum Teil heftiger Kritik der Opposition wieder zurückgenommen. So wurden die Pläne zur Kürzung bei der Suchtprävention und Suchtkrankenhilfe inzwischen wieder revidiert. Stattdessen werden ab nächstem Jahr sogar 200.000 Euro mehr für externe Suchtberater zur Betreuung von Gefangenen in sächsischen Justizvollzugsanstalten bereitgestellt. Auch die präventive Arbeit der AIDS-Beratungsstellen in Sachsen wird in Zukunft stärker finanziert.

Hintergrund für die Sparpläne sind fehlende Steuereinnahmen in Millionenhöhe sowie zurückgehende Mittel aus dem so genannten Länderfinanzausgleich und dem Solidarpakt. Nur rund 55% der Einnahmen des Freistaats stammen aus eigenen Steuern. Das Land hat sich zudem das Ziel gesetzt, auf eine Neuverschuldung zu verzichten und stattdessen jährlich rund 75 Millionen Euro für die Tilgung der Schulden aufzubringen.

Die prognostizierten Steuermehreinnahmen von rund 480 Millionen Euro sollen zur Beseitigung der Schäden des August-Hochwassers und für zusätzliche Investitionen in Straßen, Schulhausbau, Kitas, Sportstätten und Krankenhäuser verwendet werden.

Nahezu zeitgleich verabschiedeten die Abgeordneten eine Neuregelung der Beamtenbezüge und der Altersvorsorge. Der Grüne Abgeordnete Karl-Heinz Gerstenberg kritisierte das intransparente Vorhaben als "Rolle rückwärts" und warf den Abgeordneten der CDU/FDP Ungleichbehandlung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern des Freistaats vor. Demnach haben alle Neu-Parlamentarier, wenn sie mindestens 15 Jahre dem Landtag angehört haben, schon mit 62 Jahren Anspruch auf eine abzugsfreie, lebenslange staatliche Altersversorgung. Abhängig von der Dauer ihrer Parlamentszugehörigkeit haben sie künftig sogar Rentenansprüche von 63% der im Moment gezahlten 4835 Euro Grunddiät.

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